Nach Schalte mit AfD-Politiker zu Russia Today: MDR will Vergabe von Studiokapazitäten neu regeln
Der MDR will eine ARD-einheitliche Regelung zur Vergabe von Studiokapazitäten. Anlass: der Streit um eine Schalte mit einem AfD-Mann zu Russia Today.
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) strebt an, dass die Vergabe von Studiokapazitäten an ausländische Sender ARD-weit einheitlich neu geregelt wird. Das machte MDR-Intendantin Karola Wille vor dem MDR-Rundfunkrat deutlich, der am Montag in Leipzig tagte. Sie reagierte damit auf den Streit um einen Vorfall im März: Damals war der sächsische AfD-Politiker Maximilian Krah aus dem MDR-Landesfunkhaus Dresden nach Moskau zum russischen Propagandasender Russia Today zugeschaltet worden.
Die Dienstleistung für Russia Today hatte im Frühjahr im Kreis der MDR-Rundfunkräte zu heftigen Debatten geführt. Beispielsweise erklärte der sachsen-anhaltische Grünen-Politiker Sören Herbst: "Es entspricht nicht dem gesetzlichen Auftrag des MDR, eine derartige Institution in irgendeiner Weise zu unterstützen." Bei RT handele es sich "nicht um ein seriöses Nachrichtenunternehmen, sondern um ein den Weisungen der russischen Staatsführung unterworfenes Propaganda-Instrument, dessen Hauptaufgabe es ist, Informationen im Sinne der Politik des Kreml zu generieren, zu manipulieren und größtmögliche internationale Verbreitung für diese zu gewährleisten".
Der MDR selbst will offenbar aber keine Lex "Russia Today". Stattdessen hat er, wie aus Kreisen des Sender verlautet, zunächst generell die Vergabe von Studiokapazitäten aus ausländische Sender auf Eis gelegt, sofern diese nicht der Europäischen Rundfunkunion (EBU) angehören. Wie es weiter hieß, wurde beispielsweise erst kürzlich das Gesuch eines kanadischen Hörfunksenders abgelehnt, der Studiokapazitäten beim MDR nutzen wollte. Auch Russia Today ist - anders als andere russische Sender - kein EBU-Mitglied. Die von Wille angestrebte einheitliche künftige Regelung soll neben den Landesrundfunkanstalten der ARD auch den Deutschlandfunk und das ZDF einbeziehen.
Russia Today nutzt regelmäßig die Studios des MDR
Ausweislich einer Antwort der sächsischen Staatskanzlei auf eine parlamentarische Anfrage der fraktionslosen sächsischen Landtagsabgeordneten Kirsten Muster (früher AfD, jetzt Blaue Partei) vom April hat Russia Today in den Jahren seit 2016 sechs Mal Studiokapazitäten beim MDR in Dresden für bezahlte Schaltgespräche nutzen dürfen - so viel wie kein anderer Sender. Die Organisation der Vergabe der Studios obliegt in Dresden der MCS Sachsen GmbH, einer Tochterfirma des MDR. Absagen sind demnach allein aus Kapazitätsgründen erfolgt, hieß es in der Regierungsantwort weiter.
"Keine inhaltliche Kontrolle"
Die bisherige Praxis hatte Wille im April in einem dem Tagesspiegel vorliegenden Schreiben an die Mitglieder des MDR-Rundfunkrates verteidigt: "Eine Prüfung der Bonität oder inhaltlichen Ausrichtung der Auftragenden für Studiokapazitäten ist nicht vorgesehen." Und: "Der Name des Studiogastes und die Nutzungsart müssen durch anfragende Dritte benannt werden. Eine begleitende inhaltliche Kontrolle der Gäste von Schaltgesprächen bzw. der aufgezeichneten Inhalte durch den MDR findet nicht statt."
Mehrere Rundfunkräte machten in der Sitzung am Montag deutlich, dass ihnen inhaltliche Kriterien des MDR für die Vergabe von Studiokapazitäten fehlen. Allein mit der Mitgliedschaft in der EBU seien solche Dienstleistungen nicht zu begründen, sagte ein thüringisches Mitglied des Rundfunkrates nach den Beratungen. Dort seien schließlich beispielsweise auch Sender aus Aserbaidschan und Weißrussland sowie andere russische Sender Mitglied. "Wir brauchen journalistische Maßstäbe", verlangte das Rundfunkratsmitglied: "Nur Sender mit unabhängiger Berichterstattung sollten Studiokapazitäten bekommen."