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Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion und Spitzenkandidatin, auf dem Bundesparteitag in Hannover.
© Peter Steffen/dpa

Die Linke und Russland: Wagenknecht sendet Signale nach Moskau

"Frieden gibt es nicht gegen Russland", sagt Linken-Spitzenfrau Sahra Wagenknecht einem russischen Staatsmedium. Zu den Beschlüssen ihres Parteitages verliert sie kein kritisches Wort.

Es wäre die Gelegenheit gewesen, etwas zurechtzurücken. Sahra Wagenknecht hatte ihre flammende Rede auf dem Linken-Parteitag gerade hinter sich, da gab sie dem russischen Propagandamedium "Sputnik" ein langes Interview, das sich selbst als "Anbieter alternativer Nachrichteninhalte" versteht. Der "Sputnik"-Reporter fragte nicht, warum die Linke in Hannover darauf verzichtet hat, die völkerrechtswidrige Krim-Annexion und den Krieg in der Ost-Ukraine zu verurteilen. Und auch Wagenknecht selbst ging nicht auf das heikle Thema ein, das nun von SPD und Grünen als weiteres Argument angeführt wird, die Linke für regierungsunfähig zu erklären.

Stattdessen sandte Wagenknecht versöhnliche Töne nach Moskau: "Wir wollen das Verhältnis zu Russland verbessern. Wir wollen, dass es wieder eine Anknüpfung an die Tradition der Entspannungspolitik gibt, eine Politik der guten Nachbarschaft." Russland sei immer wieder Opfer von Überfällen und Kriegen geworden, nicht zuletzt im Zweiten Weltkrieg durch Deutschland. "Deswegen kann ich gut verstehen, dass wenn inzwischen wieder deutsche Soldaten an der russischen Grenze stehen, viele Menschen das als Bedrohung empfinden. Das wollen wir nicht, wir wollen Frieden in Europa und Frieden gibt es nur mit Russland und nicht gegen Russland."

War da was? Neben der Ablehnung des Antrages des Reformer-Flügels, die Krim-Annexion im Bundestagswahlprogramm zu verurteilen, gab es auf dem Bundesparteitag weitere problematische Beschlüsse zum Thema Russland. Beschlossen wurde zum Beispiel ein von der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen - enge Vertraute von Wagenknecht - eingebrachter Antrag, laut dem die "US- und Nato-Infrastruktur in Deutschland für den Aufmarsch gegen Russland" beseitigt werden soll. Auch wollte der Parteitag Menschenrechtsverletzungen in Russland oder China nicht ausdrücklich rügen, wie es der Reformerflügel beantragt hatte.

Auch am Sonntagabend, als Wagenknecht von Tina Hassel im ARD-"Bericht aus Berlin" zum Thema gefragt wurde, vermied sie eine Distanzierung von den Parteitagsbeschlüssen. Dort sagte sie, es wäre "völlig einseitig, einerseits bei Russland mit dem Finger zu zeigen, andererseits sich an völkerrechtswidrigen Kriegen zu beteiligen". Die Linken-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl betonte mit Blick auf die ausgebliebene Verurteilung der Krim-Annexion. "Wir haben oft genug gesagt: Wir sind ja jetzt nicht die Verherrlicher der russischen Politik." Russland sei ein "Mafia-Kapitalismus, der jetzt nicht unseren gesellschaftlichen Vorstellungen entspricht".

Genossen von Wagenknecht bewerten die Parteitagsbeschlüsse zu Russland unterschiedlich. Der Außenpolitiker Jan van Aken kann "gut damit leben". Er verweist auf einen Russland-kritischen Satz im Wahlprogramm. Er heißt: "Auch Russland führt in Syrien einen ,Anti-Terror-Krieg'." Damit werde "Russlands schmutzige Rolle im Krieg gegen Terror deutlich gemacht", gibt sich van Aken überzeugt.

Van Akens Kollege Stefan Liebich erklärt, dem Reformerflügel sei klar, dass das Verhältnis zu Russland "in unserer Partei kein einfaches Thema" sei. Den Eindruck, der Parteitag habe eine pro-russische Position eingenommen, hält er aber für falsch. Dennoch seien die Formulierungen im Wahlprogramm "leider nicht so kritisch" ausgefallen, wie er sich das gewünscht habe.

Liebich: Ich spreche nicht mit russischen Staatsmedien

Dass Sahra Wagenknecht ihre Position zu Russland überhaupt in russischen Staatsmedien kommuniziert, gefällt nicht allen in der Partei. Jan van Aken will sich dazu nicht öffentlich äußern. Stefan Liebich sagt: "Meine Gesprächspartner sind die russischen Staatsmedien nicht. Dafür haben sie zu oft die Unwahrheit gesagt. Aber das muss jeder selbst entscheiden."

Anfang Dezember vergangenen Jahres unmittelbar nach ihrer Nominierung zur Spitzenkandidatin hatte der russische Sender RT Deutsch ein Interview mit Wagenknecht ausgestrahlt. Dieser Termin sei "nur Zufall", das Interview schon Tage zuvor geführt worden, verlautete damals aus der Fraktionsführung.

"Missinformationen, die von Rechtsaußen übernommen werden"

Sowohl "Sputnik" als auch RT Deutsch wird immer wieder vorgeworfen, in ihrer Berichterstattung Direktiven der russischen Regierung zu folgen. Die österreichische Zeitung "Der Standard" veröffentlichte am Wochenende ein Interview mit dem ehemaligen USA-Korrespondenten von "Sputnik", Andrew Feinberg. Er sagt, was bei "Sputnik" erzählt werde, streue in den USA weiter in das Universum rechter Publikationen: "Was auf ,Sputnik' beginnt, endet auf ,Infowars' und ,Breitbart'. ,Sputnik' ist der Anfangspunkt für Missinformation, die von Rechtsaußen übernommen wird, denn die Rechten und Russland haben dieselben Feinde."

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