Chaostage im RBB: Drei Kandidaten für den Chefposten
Volker Herres, Theo Koll und Patricia Schlesinger treten bei der Wahl für den neuen RBB-Intendanten an. Es hätte durchaus Kandidaten innerhalb des Senders gegeben, kritisieren Rundfunkratsmitglieder.
Die Wahl wird eine Wahl sein, das ist das wichtigste Ergebnis der abschließenden Gespräche der Findungskommission des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am Donnerstag. Noch am Abend wurde der Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen Senders über die drei ausgewählten Kandidaten für die Nachfolge von RBB-Intendantin Dagmar Reim informiert. Zur Wahl am 7. April stehen demnach in alphabetischer Reihenfolge: Volker Herres, Programmchef der ARD, derzeitiger Einsatzort München; Theo Koll, ZDF-Journalist und derzeit Leiter des Frankreich- und Maghreb-Studios in Paris; Patricia Schlesinger, beim NDR-Fernsehen für den Programmbereich Kultur und Dokumentation zuständig, derzeitig in Hamburg-Lokstedt anzutreffen. Damit hat Friederike von Kirchbach, Vorsitzende der Findungskommission, ihr Versprechen erfüllt und den Rat noch vor Ostern über die Kandidaten informiert.
Zuletzt waren im Rundfunkrat Befürchtungen aufgekommen, die Wahl zur Nachfolge von Dagmar Reim – die Ende Juni aus persönlichen Gründen ihr Amt abgibt – könne unnötig unter Zeitdruck geraten. Diese Sorge wurden mit der Mail vom Donnerstagabend zerstreut. Bevor es am 7. April zur Wahl kommt – benötigt wird eine Zweidrittelmehrheit der 29 stimmberechtigten Rundfunkratsmitglieder – wird die Kommission den Rat darüber informieren, wie die drei Kandidaten gefunden wurden. Herres, Koll und Schlesinger werden dem Gremium ihre Vorstellungen über die Zukunft der Zweiländeranstalt darlegen. Danach beginnt die eigentliche Abstimmung.
Streckenweise chaotische Sitzung
Die Bewerbungen der drei RBB-Direktoren Hagen Brandstätter (Verwaltung), Claudia Nothelle (Programm) und Reinhart Binder (Justiziar) wurden für die Wahl am 7. April hingegen nicht berücksichtigt – was von einigen Ratsmitglieder mit Verweis auf die Wahl anderer ARD-Intendanten kritisiert wird. Bei der Suche innerhalb des RBB hätte man durchaus fündig werden können, heißt es. Man wolle sich jedoch nicht dafür rechtfertigen, wer nicht nominiert wurde, sondern wer nun zur Wahl stehe, heißt es von einem Mitglied der Kommission, das nicht namentlich genannt werden will. Dass es überhaupt eine Wahl geben wird, war bis zuletzt nicht sicher, von einem streckenweise chaotischen Verlauf der Donnerstagssitzung ist die Rede.
Vor einer schwierigen Entscheidung stand insbesondere Volker Herres. Als Verantwortlicher für das Programm der ARD gehört er zu den mächtigsten Männern der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt. Bei einer offenen Wahl zu unterliegen, könnte einen Gesichtsverlust bedeuten. Doch ohne Risiko wird man nicht Intendant. Selbst wenn der 58-jährige Herres die Wahl gewönne, stünde er in Berlin-Brandenburg vor einer schwierigen Aufgabe. Anders als in der ARD mit ihren finanziellen Ressourcen für preisträchtige Produktionen ist der Gestaltungsspielraum eines Regionalsenders beschränkt.
Wie Herres kommt auch Patricia Schlesinger aus dem NDR. Die 54-jährige Journalistin hat beim Norddeutschen Rundfunk volontiert, sie hat das Magazin „Panorama“ moderiert, war später Auslandskorrespondentin in Asien und hat im Studio Washington gearbeitet, inklusive reichlich Leitungserfahrung. Gerade beim Fernsehen hat der RBB derzeit die größten Probleme. Ein ausgewiesener Fernsehmann ist auch der 58-jährige Theo Koll, der durch seine Moderation des Magazins „Frontal 21“ bekannt wurde, später unter anderem Hauptredaktionsleiter aller innen- und außenpolitischen ZDF-Redaktionen war. Seine Präsentation sowie die von Patricia Schlesinger wurden in der Kommission als äußerst überzeugend gewertet. In Berlin und Brandenburg muss jedoch nicht allein die Fernsehquote verbessert werden. Die Aufgabe der nächsten fünf Jahre wird trimedial sein.