RBB sucht neue Intendantin: Dagmar Reim kündigt vorzeitigen Abschied an
"Nicht für alles endlos Zeit": RBB-Intendantin Dagmar Reim will künftig eine andere Priorität setzen - die Familie. Schon zwei Jahre vor Vertragsende soll Mitte 2016 Schluss sein.
Als Dagmar Reim, die Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Anfang der Woche zusammen mit den anderen Chefs der ARD-Häuser in Hamburg zusammensaß, ging es noch um ganz andere Themen. Braucht der Senderverbund ein eigenes Flüchtlingsprogramm? Darf man für den „Tatort“ die Verweildauer in der Mediathek verlängern? Und vor allem: Wer wird anstelle von Xavier Naidoo nach Stockholm fahren? Dagmar Reim hätte noch eine weitere Frage hinzufügen können: Wer wird ihr Amt nach dem 30. Juni 2016 weiterführen? Denn das wird der letzte Tag sein, an dem sie vom Theodor-Heuss-Platz aus die Geschäfte des Berlin-Brandenburger Senders mit seinen 2000 fest angestellten Mitarbeitern führen wird, wie Dagmar Reim am Donnerstag überraschend bekannt gab. Reim, die bei ihrer Ernennung die erste Intendantin der ARD war, wird ihren Posten damit zwei Jahre vor Ablauf ihrer dritten Amtszeit weitergeben.
„Ich wollte diese Entscheidung zunächst den Kollegen vom RBB mitteilen“, begründete Reim, warum sie ihre Entscheidung nicht schon in Hamburg öffentlich gemacht hat. Eine stärkere Bindung an einen Sender als sie kann ein Intendant jedoch kaum haben. Nicht nur, dass sie dem RBB seit zwölf Jahren vorsteht, sie ist zugleich Gründungsintendantin des Senders, der 2003 aus dem West-Berliner SFB und dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg ORB entstand und damit zwei unterschiedliche Kulturen miteinander verbinden musste. Für Lutz Marmor, den NDR-Intendanten und derzeitigen ARD-Vorsitzenden, ist die Fusion zweier durchaus unterschiedlicher Sender Reims bleibender Verdienst. „Der RBB ist nicht zuletzt durch ihre Führung ein respektiertes Mitglied der ARD.“
"Eine andere Priorität setzen - die Familie"
Die Ankündigung von Reim kam für den Berlin-Brandenburger Sender „aus heiterem Himmel“, wie es ein Mitarbeiter formulierte. „Dazu veranlassen mich ausschließlich private Gründe“, erklärte die 64-Jährige. „Ich bin fit, gesund und abenteuerlustig. Aber ich habe erkannt, dass der Mensch nicht für alles im Leben endlos Zeit hat“, sagte sie dem Tagesspiegel und kündigte an, dass sie nun eine andere Priorität setzen wolle und werde – „und die gehört der Familie“. Die Katholikin Reim ist verheiratet und hat zwei Kinder. Hinter ihrer Entscheidung stehe kein Drama, allen gehe es gut, sie wolle die anstehende Familienzeit nach mehr als 41 Jahren im Beruf auskosten. Reim stammt aus Heidelberg, hat Geschichte, Germanistik und Publizistik studiert. Sie arbeitete als Redakteurin beim Bayerischen, Westdeutschen und Norddeutschen Rundfunk. Beim NDR leitete sie die Pressestelle und war zwei Jahre lang ARD-Sprecherin. Bevor sie an die Spree kam, war sie Chefredakteurin des NDR-Hörfunks und danach Direktion des NDR-Landesfunkhauses Hamburg.
„Meiner Meinung nach ist es nicht möglich, den Beruf einer Intendantin mit angezogener Handbremse zu machen“, sagte Reim, deren Sender auch Kritik einstecken musste. Nun übergibt sie ein geordnetes Haus. Der RBB verfügt nach der Umstellung der Rundfunkgebühr über Rücklagen in Höhe von 85 Millionen Euro, die zunächst nicht angetastet werden können.
Wer ihr nachfolgen könnte, ist völlig offen. Eine bereits gesetzte Kandidatin oder einen Kandidaten gibt es nicht. Der Rundfunkrat des RBB wird den Statuten zufolge die Stelle ausschreiben. Zudem muss entschieden werden, ob eine Findungskommission eingerichtet wird. Sollte bis Ende Juli 2016 kein Nachfolger gefunden worden sein, würde zunächst Verwaltungsdirektor Hagen Brandstätter als stellvertretender Intendant die Geschäfte führen.
Der RBB als drittkleinster Sender innerhalb der ARD hat selbst als Zwei-Länder-Anstalt besonders stark mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Dagmar Reims Haltung dazu ist eindeutig: „Wir wollen nichts – und wir geben nichts“, sagte sie vor zwei Jahren im Tagesspiegel-Interview. „Die finanzielle Konsolidierung des neuen Senders bedeutete für sie wie für alle im Haus einen außerordentlichen Kraftakt. Beides ist sehr gut gelungen“, sagte nun Wolf-Dieter Wolf, der Vorsitzende des Verwaltungsrates.
Was ist die anderen ARD-Intendanten zu Reims Entscheidung sagen? Vom ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor ist es bekannt: "Mit ihren klugen Vorschlägen, aber auch pointierten Kommentaren prägt sie viele ARD-Sitzungen. Beides wird uns künftig fehlen. Ich freue mich aber darauf, das nächste halbe Jahr weiter mit ihr zusammenzuarbeiten."