Der Springbock im Zoo: Jetzt ist Prunken angesagt
Die hübschen Antidorcas erinnern im Aussehen an Gazellen. Ihren vollen Charme entfalten die Tiere erst, wenn sie in die Höhe gehen.
Die südafrikanische Rugby-Nationalmannschaft muss auf eine grauenvolle Saison zurückblicken. Acht von zwölf Begegnungen haben die „Springbokke“ oder „amaBokoboko“ verloren – so schlecht waren die Spieler in ihrer langen Vereinsgeschichte noch nie.
Auch der Kurs der südafrikanischen Währung Rand hat schon bessere Zeiten erlebt. Die Ein-Rand-Münze ziert das Porträt eines Springbocks. Er ist das Wappentier eines Landes, dessen Präsident seine Privatvilla von Steuergeldern verschönern lässt.
Vielleicht stehen die drei Gazellenartigen an diesem kalten Dezembernachmittag deswegen so melancholisch in ihrem Exil im Zoo-Gehege herum. Erschrecken lassen sich die drei Jungs auch nicht – weder durch das unangekündigte Geraschel einer Papiertüte, noch durch das schnaubende „Phhhhhhh!“-Geräusch, das Wildhüter am Kap der guten Hoffnung zum Aufscheuchen einer größeren Herde empfehlen.
Er "prunkt", wenn er die Herde vor einem Feind warnen will
Also, warum lassen wir die Springböcke nicht bitte einfach in Ruhe?
Weil manche Tiere ihren Charme eben erst komplett entfalten, wenn sie in die Höhe gehen. Ein Flamingo ist von unten schwarz. Man sieht sein Farbenspiel erst in der Bewegung. Und ein Springbock „prunkt“, wenn er die Herde vor einem Feind warnen will, das heißt: Er springt senkrecht und mit durchgedrückten Streichholzbeinchen bis zu dreieinhalb Meter in die Höhe. Eindrucksvoll für die Antilope mit einer Schulterhöhe von etwa 80 Zentimetern.
Rührend anzuschauen ist besonders, wenn ein Springbock aus schnellem Lauf einmal nach oben schnellt – als würde ihn ganz unvermittelt ein unsichtbarer Faden an dem dunklen Puschelhaarstreifen zum Himmel ziehen – und dann ungerührt weiter trabt. Als habe er vergessen, dass hinter dem nächsten Busch ein Löwe seiner ungezügelten Lebensfreude ein Ende setzen könnte.
Können Tiere Humor haben? Die hübschen, rehbraunen Antidorcas wirken so, als hätten sie Einzelunterricht bei Fred Astaire gehabt.
Der Berliner Zoo hätte gerne mehr Springböcke
Wenn eine ganze Herde, sie kann in freier Wildbahn aus hunderten Tieren bestehen, das „Prunken“ beginnt, wähnt sich der westlich sozialisierte Tourist allerdings in einer sehr kitschigen Disney-Inszenierung.
Ein kleines bisschen ist es so auch im Zoo. Hier tänzeln die „Bokies“ mit dem charakteristischen weißen Streifen über das Erweiterungsgelände schräg jenseits des Kanals. In der Savanne erreichen die Tiere Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 90 Kilometern pro Stunde. Brächen sie hier aus, könnten sie auf dem Tauentzien rechts überholen.
Der Zoo Berlin hätte gerne mehr als drei Springböcke, erklärt Ragnar Kühne, der Zoologische Leiter. „Doch in ganz Deutschland gibt es nur zwei Züchtungen, in Münster und Hannover.“
Ein Nordrhein-Westfale und zwei Niedersachsen – das ist nicht von Anfang an gut gegangen. Erst seit einigen Tagen sind die Artgenossen gemeinsam draußen.
Früher war mehr Springbock: 1955 hat es in Berlin den letzten Nachwuchs gegeben. Viele Weibchen braucht ein Springbock-Männchen auf seinem Territorium, damit es sich wohl fühlt – oder gar keines, wie jetzt, bei der permanenten Junggesellenparty
SPRINGBOCK IM ZOO
Lebenserwartung: 8 Jahre
Interessanter Nachbar: Emu