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Auf der grünen Wiese. Mufflons sind die wilden Vorfahren der Hausschafe und stammen aus Korsika und Sardinien.
© imago/Eibner Europa

Berliner Schnauzen: Mufflons: Diese Schafe brauchen nicht viel zum Glücklichsein

Die Mufflons mögen es steinig, die Elche sumpfig. Im Tierpark wohnen die Tiere trotzdem entspannt zusammen. Doch das war nicht immer so.

Es war zuletzt viel los bei den Mufflons. Erst mussten sie umziehen im Tierpark, dann starb auch noch Don Marco, ihr Anführer. Doch Schafe sind genügsam, sie brauchen nicht viel zum Glücklichsein, man könnte neidisch werden. Nicht mal ihre natürliche Umgebung im Gebirge, grau und steinig anzusehen, kann ihrem Gemüt zusetzen, im Gegenteil. Aber der Reihe nach.

Die Geduldsprobe für die Mufflons begann, als im Gehege nebenan ein Elch starb. Die Wiese der Elche erstreckt sich über einen langen Hang, vergangenes Jahr schafften es die zwei Hinterbliebenen dann einfach nicht mehr, das Gras abzufressen. Vielleicht was für die Mufflons, dachten die Tierpfleger. Die 90 Zentimeter großen Kleinschafe, Ahnen unserer gezähmten Hausschafe, fressen alles. In karger Berglandschaft ist die Auswahl ja auch nicht so groß.

Also sagten die Mufflons im Herbst vergangenen Jahres ihrem Geröll und ihren Steinen Lebewohl und zogen auf die grüne Wiese. Keine einfache Zeit, die Elche verteidigten ihr Territorium und jagten die Schafe durchs Gehege. Es trieb sie der Futterneid. Denn Elche sind – anders als Schafe – Futterspezialisten. Weil die langen Beine ihnen im Weg stehen, können sie das Gras am Boden nur schwer erreichen. Also fressen sie Rinde oder saftige Blätter.

Das haben die Mufflons natürlich schnell geblickt. Bei aller Genügsamkeit, süße Rinde schlagen auch sie nicht aus. Huf für Huf wagten sie sich näher, mopsten sich was und rannten im Schafsgalopp davon. Nach drei oder vier Wochen ließen die Elche sie gewähren.

Im Herbst verließ der Chef die Herde – für immer

Schon eine ulkige Mischung, die jetzt um den Futterbaum zusammensteht. Das kleinste Wildschaf, Herkunft Südeuropa, und der größte Hirsch, Herkunft Nordeuropa. Die Mufflons mögen es steinig, die Elche sumpfig. Doch es läuft zwischen den beiden, „völlig entspannt“, sagt der Tierpfleger. Die Mufflons mögen das flache Gelände sogar, obwohl ihr Fluchtinstinkt vor Wölfen und Luchsen hohe Felsen verlangt. Vor denen sind sie im Tierparkgebirge aber sowieso sicher. Immerhin haben die Elche am Rande ihrer Wiese noch genug Steine rumliegen, damit die Mufflons sich ihre Hufe abschleifen können. Wie Fingernägel wachsen die ein Leben lang. Gleiches gilt für die langen, gebogenen Hörner. Die Widder tragen sie, und wer genau hinsieht, erkennt ihre Riffelung. Jahresringe zeichnen sich da ab. Je älter, desto mehr drehen sich die Hörner zur Schnecke ein.

Dann war da noch die Sache mit Don Marco, im Herbst verließ der Chef die Herde für immer. Es ist nicht so, als spielten Hierarchien eine große Rolle bei den Mufflons. Sowas gibt es nur bei Ziegen. Don Marco durfte bloß zuerst ins Hüttchen trotten. Nach kurzer Anarchie im Gehege klärten Giovanni und Alberto die Nachfolge, und nun ist Giovanni der Boss. Ihre klangvollen Namen verdanken die Mufflons ihrer Heimat Sardinien und Korsika. Den Mädchen ist ein Rufname nicht vergönnt, als die Herde noch 20 Tiere zählte, hatte den ohnehin keiner, wer sollte sie sich auch alle merken. Drei Schafsdamen haben sich das Gerangel zwischen Giovanni und Alberto Gras malmend angesehen. Nun stehen sie wieder zu fünft zusammen und schubbern sich ihr braun-graues Winterfell ab. Man ist ja genügsam.

Mufflon im Tierpark

Lebenserwartung:  15 bis 20 Jahre

Interessanter Nachbar: Marco-Polo-Schaf, das größte Wildschaf

Veronika Völlinger

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