Berliner Intensivpfleger an der Corona-Front: „Die Türen zu den Zimmern stehen wieder offen“
Ricardo Lange berichtet jede Woche aus dem Krankenhaus. Diesmal: Langzeitpatienten und eine mögliche vierte Welle
Ricardo Lange, 39, arbeitet als Pflegekraft auf Berliner Intensivstationen mit Covid-Schwerpunkt. Hier berichtet er jede Woche von Nachtschichten, Provisorien und Hoffnungsschimmern.
Herr Lange, gleich nach unserem Telefongespräch fahren Sie in die Klinik zum Nachtdienst. Was erwartet Sie?
Eine anstrengende Schicht. Nachts müssen wir immer einen Kranken mehr betreuen als am Tag, drei statt zwei, weil es angeblich ruhiger zugeht. Aber das stimmt nicht. Intensivpatient:innen sind rund um die Uhr instabil. Gestern Nacht haben wir beispielsweise einen jungen Menschen reanimieren müssen – er war deutlich unter 30. Er ist gestorben. So einen Kampf zu verlieren, ist für alle in einer Schicht bitter. Wir waren fassungslos.
Er hatte kein Corona, oder?
Nein. Wir haben nur noch drei Covid- 19-Kranke: Langlieger. Sie sind bereits zwischen drei und acht Wochen bei uns, zwei an der Herz-Lungen-Maschine. Der Rest der Station ist wieder gemischt, was die Krankheiten angeht. Die Türen zu den Zimmern stehen offen. Lange waren sie aus Infektionsschutzgründen geschlossen. Jetzt können wir von draußen hören, was drinnen passiert. Außer in den Covid-Zimmern dürfen wir auch wieder mit normalen OP-Masken rumlaufen. Damit bekommt man viel besser Luft.
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Einige Virologen warnen vor der vierten Welle im Herbst. Können Sie jetzt ein bisschen Kraft schöpfen für eine mögliche nächste Runde?
Wir arbeiten weiter am Limit, nur mit anderen Patienten. Seit einem Jahr wird uns versprochen, unsere Arbeitsbedingungen zu verbessern. Nichts ist passiert. Jetzt ist der Vorschlag aufgekommen, das Renteneintrittsalter auf 68 Jahre hochzusetzen. Wir sollen also mehr arbeiten und nicht weniger. Dabei gibt es jetzt schon kaum Pflegekräfte, die bis 65 durchhalten. Der Körper verschleißt durch die harte Arbeit.