Berliner Schulpolitik: Zulage für Brennpunktlehrer wieder im Spiel
Die Koalition hätte die Pädagogen gern entlastet. Aber der Lehrermangel macht einen Strich durch die Rechnung. Nun könnte es doch mehr Geld geben.
Die Bildungspolitiker der Koalition haben ein Luxusproblem: Sie wollen mit 8,6 Millionen Euro pro Jahr Brennpunktlehrer unterstützen, wissen aber nicht wie. Denn die angepeilte Stundenentlastung kann Berlin sich nicht leisten, weil es nicht genug Lehrer gibt: Es müssten dann noch mehr Quereinsteiger eingestellt werden. Nun läuft es nach Informationen des Tagesspiegels wieder auf den Ursprungsgedanken hinaus, den Lehrern eine Zulage zu zahlen.
Damit aber tut sich die Koalition schwer, weil aus den Schulen eigentlich eine Arbeitsentlastung und kein Geld gefordert wird. Daher verstrich die Klausursitzung vergangene Woche, ohne dass eine Lösung gefunden wurde.
Es geht um maximal 3800 Lehrer
Da es nun auf die Zulage hinausläuft, muss die Koalition entscheiden, wie groß sie den Kreis zieht: Wenn sie - wie zunächst geplant - alle Schulen berücksichtigt, die mehr als 70 Prozent Schüler aus Sozialtransferfamilien haben, muss man die 8,6 Millionen Euro auf 3800 Lehrer verteilen – das würde rund 190 Euro im Monat bringen. Bei mehr als 75 Prozent sind es laut Bildungsverwaltung knapp 3000 Lehrer – das brächte für jeden etwa 240 pro Monat.
Wenn die Koalition auf die Schulen mit über 80 Prozent Sozialtransferfamilien verengt, geht es etwa um 2100 Lehrer, für die dann rund 340 Euro pro Monat da wären. Die Zuschläge könnten sogar noch größer ausfallen, weil das Jahr schon bald halb vorbei ist, so dass die Summe für 2018 nur noch für wenige Monate reichen muss. Für 2019 stehen dann nochmals etwas mehr als 8,6 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Bildungspolitiker überlegen zudem, was passiert, wenn der Lehrermangel abebbt: Dann würden sie gern auf die Entlastungsversion zurückgreifen – sofern es abermals Geld für diesen Posten gibt. Einige liebäugeln bereits damit, den Lehrern dann die Brennpunktzulage zu lassen und die Entlastungsstunden noch draufsatteln. Womit die Frage noch drängender wird, wie die Erzieher an Brennpunktschulen ebenfalls besser gestellt werden könnten, denn die Gehaltsschere zwischen diesen Gruppen öffnet sich immer mehr - zumal nach der jüngsten Höherbesoldung der Grundschullehrer. Auch darum geht es aktuell.
Die Bildungsexpertinnen bitten noch um Geduld
Die Koalitionäre bitten angesichts dieses komplizierten Abwägungsprozesses um Geduld: „Wir suchen aktuell nach dem geeigneten Weg, uns zu dem Ziel der Entlastung in den Brennpunkten zu bekennen, ohne die aktuell angespannte Bewerberlage zu verschärfen“, beschreibt SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasic das Dilemma. Man wolle die Entscheidung in der Koalition „gemeinsam treffen“, sagt Linken-Politikerin Regina Kittler. „Der Wille ist da, die Entlastung umzusetzen“, bestätigte auch die grüne Haushalts- und Bildungsexpertin Stefanie Remlinger. Sie verwies auf Frankreich, wo Brennpunktpädagogen vielfach unterstützt würden – auch durch bessere Karrierechancen.
Die Probleme bei der Entscheidungsfindung dürften auch damit zu tun haben, dass der Posten quasi in letzter Minute in den Haushalt hineinverhandelt wurde, um eine gerechtere Verteilung der vollausgebildeten Lehrkräfte und Quereinsteiger zu erreichen. Die Umsetzung gestaltet sich nun schwieriger als gedacht: „Die Bildungsexpertinnen haben offenbar nicht alles zu Ende gedacht“, unkt daher auch ein Abgeordneter der Koalition. Zu dem damals verhandelten Paket gehörte auch die Entlastung der Quereinsteiger, die statt 19 künftig 17 Stunden unterrichten. Allein dieser Posten erhöhte den Lehrerbedarf um über 200 zusätzliche Stellen. Auch darum hat sich der Spielraum für die Entlastung der Brennpunktlehrer verkleinert.