Neue Bundesregierung: Wo Berlin und Brandenburg im Bund mitregieren
Mit sieben Politikern sind Berlin und Brandenburg in der Bundesregierung vertreten – mit Merkel wären es sogar acht.
Berlin und Brandenburg regieren im Bund mit – nicht nur wegen Angela Merkel, die in der Uckermark aufgewachsen ist und seit Jahren in Mitte wohnt. Mit zwei weiteren Frauen und fünf Männern ist die Region in der Regierung vertreten. Hier der Überblick:
In der vorigen Legislaturperiode war Monika Grütters, 56, die einzige Politikerin aus Berlin, die als „Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien“ mit am Kabinettstisch saß. Die Berliner CDU-Landesvorsitzende ist seit 2013 Staatsministerin im Bundeskanzleramt. Grütters hat einen guten Draht zur Kanzlerin, ist in der Partei sehr gut vernetzt. Noch nie war das Kulturstaatsministerium so mächtig, nie hatte es mit einem Haushaltsbudget von 1,7 Milliarden Euro so viel Geld. Grütters ist mächtig – und sie kann ihren Einfluss auch gut nutzen.
Abgesehen von der Kanzlerin ist mit Franziska Giffey, 39, eine ostdeutsche Politikerin im Kabinett, Die SPD-Politikerin ist in Frankfurt (Oder) geboren und wurde im Westen politisch sozialisiert. Seit 2015 war Giffey Bezirksbürgermeisterin in Neukölln. Ihre Leitidee lautet, dass nur gute Bildungschancen für Kinder gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration sichern können. „Es gibt viele Neuköllns in Deutschland“, sagte sie gerade. Als Familienministerin wolle sie mehr Realitätssinn in die Bundespolitik tragen. Man darf gespannt sein, welche Initiativen sie auch für Senioren startet. Ihr Ressort umfasst nämlich Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Dass Björn Böhning, 39, als Chef der Berliner Senatskanzlei nach zehn Jahren in der Landespolitik in die Bundespolitik wechselt, nimmt ihm niemand in seiner Partei übel. Der SPD-Politiker wird neuer beamteter Staatssekretär im Ministerium für Arbeit und Soziales und wird im Ressort von Bundesminister Hubertus Heil (SPD) sich um die „Digitalisierung der Arbeitswelt“ kümmern. Böhning kennt das Thema. Er hat es für die Große Koalition mitverhandelt. Und in der Senatskanzlei ist er bis zu seinem Abschied am kommenden Mittwoch für die Digitalisierungsaktivitäten der Ressorts, die in der Smart-City-Strategie gebündelt sind, zuständig. Der SPD-Politiker ist enger Vertrauter der Fraktionschefin Andrea Nahles. Beide kennen sich aus Juso-Zeiten.
Eigentlich war er kurz davor, in die Wirtschaft zu gehen. Der CDU-Politiker Gottfried Ludewig, 35, verpasste im September den Sprung in den Bundestag. Der CDU-Kreisvorsitzende in Pankow ist seit 2011 Mitglied des Abgeordnetenhauses und ist in seiner Fraktion Sprecher für Gesundheit und Pflege. Der Fraktionsvize gilt in diesen Bereichen als sehr gut vernetzt. Und er kennt den neuen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seit vielen Jahren. Nun holt Spahn Ludewig in sein Ministerium, wo er eine neu geschaffene Abteilung für Digitalisierung im Gesundheitswesen leiten soll. Eine wichtige Position in Spahns Stab, der diesen Bereich zu einem seiner Schwerpunkte machen will.
Ludewig hat sich gerade auf Landesebene mit diesem Thema befasst. Ludewig und Spahn kennen sich seit vielen Jahren. Ludewig war zwischen 2008 und 2010 Vorsitzender des CDU-nahen Rings christlich-demokratischer Studenten (RCDS), Spahn war von 2009 bis 2015 Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit und zugleich gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Spahn gehört der „Jungen Gruppe“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an. Die Jungen fordern zum Beispiel mehr Generationengerechtigkeit in der Rentenpolitik. Diesen Antrag hatte auch Ludewig unterzeichnet.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) holt sich mit dem parteilosen Ulrich Nußbaum einen alten Studienfreund in sein Ministerium. Der Saarländer Altmaier und der in der Nähe von Trier aufgewachsene Nußbaum studierten Anfang der 1980er-Jahre Jura an der Universität des Saarlandes. Seit ihren Studienjahren blieben die beiden in Kontakt.
Der 60-jährige Nußbaum wird im Wirtschaftsministerium als beamteter Staatssekretär beschäftigt. Er ist parteilos. Der damalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf (SPD) berief den Fischgroßhändler in den Senat. Er war von 2003 bis 2007 in Bremen Senator für Finanzen. In Berlin holte der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit Ulrich Nußbaum 2009 als Finanzsenator in die Regierungsmannschaft. Mit dem Rücktritt Wowereits schied Nußbaum im Dezember 2014 aus der Landespolitik aus.
Seit 2015 ist der begeisterte Bentley-Fahrer Vorsitzender des Präsidiums Deutsches Verkehrsforum, eines Lobby- Verbands der Transportwirtschaft. In der vorigen Legislaturperiode war noch eine Brandenburgerin direkt im Merkel-Bundeskabinett, nämlich Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU). Und bei den Sozialdemokraten war man froh über den guten Draht zum damaligen Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier aus Berlin, der seinen Wahlkreis in und um Brandenburg an der Havel hatte und dort auch sehr präsent war.
Die Genossen hadern nicht, im Gegenteil. SPD-Regierungschef Dietmar Woidke ist zufrieden, mit Franziska Giffey eine Politikerin mit brandenburgischen Wurzeln durchgesetzt zu haben. Er hatte die Personalie maßgeblich mit eingefädelt. Giffey revanchierte sich: Sie machte den Brandenburger Bundestagsabgeordneten Stefan Zierke aus der Uckermark zum parlamentarischen Staatssekretär. Der 47-jährige Touristiker ist seit 2013 im Bundestag, dort Sprecher der ostdeutschen Parlamentarier in der SPD-Fraktion.
Es gibt noch einen parlamentarischen Staatssekretär aus Brandenburg, im Bundeslandwirtschaftsministerium: Michael Stübgen, 59 Jahre, CDU. Der frühere Pfarrer gilt als Phänomen. Der Lausitzer ist schon seit langem im Bundestag, nämlich seit 1990, womit er zu den dienstältesten Parlamentariern gehört. Bei der letzten Wahl war er CDU-Spitzenkandidat im Land. Er ist Chef der Brandenburger Landesgruppe in der Unionsfraktion. Und trotzdem ist Stübgen im Lande kaum bekannt, und er fiel in all den Jahren auch nicht mit herausragenden Initiativen auf. So gab es selbst in der CDU Verwunderung, dass Stübgen zunächst sogar als neuer Ostbeauftragter der Bundesregierung im Gespräch war.