Neuer Beauftragter für Antidiskriminierung: "Wir haben im Allgemeinen ein Diskriminierungsproblem"
Dervis Hizarci wird Antidiskriminierungsbeauftragter der Bildungsverwaltung. Im Interview spricht er über die Bedeutung von Sprache und die Rolle als Mediator.
Herr Hizarci, Sie beginnen Anfang August Ihre Stelle als neuer Antidiskriminierungsbeauftragter der Senatsverwaltung für Bildung. Was steht auf Ihrer Agenda?
Ich möchte die Antidiskriminierungsarbeit der Senatsverwaltung fortsetzen und ausbauen. Ziel ist es, in Berliner Schulen weiter für das Thema Diskriminierung aufmerksam zu machen und sie dazu zu bewegen, diskriminierungssensible Arbeit zu machen. Denn die Kinder und Jugendlichen an Berliner Schulen haben vielfältigste Identitäten, kommen aus unterschiedlichsten Elternhäusern. Und auch das Personal des Bildungssenats, die Lehrkräfte, Schulleitungen und das Verwaltungspersonal werden heterogener. Diese Vielfalt soll sichtbar werden. Meine zentrale Aufgabe wird es sein, mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. Dazu zählt auch, das Führungspersonal in der Senatsverwaltung und an den Schulen weiterzubilden, sie zu sensibilisieren, damit sie Diskriminierung früh erkennen und handeln können. Und ich möchte die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft suchen.
Welches Thema ist für Sie am akutesten und muss umgehend angegangen werden?
Ich werde keine Hierarchisierung vornehmen, sondern mir ein Bild der Lage verschaffen, wenn ich als Antidiskriminierungsbeauftragter anfange. Es ist wichtig zu sehen, wo der Schuh am deutlichsten drückt. Man kann jedoch meiner Meinung nach nicht sagen, eine Diskriminierungsform ist virulenter als die andere. Wir haben im Allgemeinen ein Diskriminierungsproblem.
Laut Ihrer Vorgängerin Saraya Gomis ist die Diskriminierung an Schulen eines der größten Probleme. Sie sind selbst noch Lehrer. Wie empfinden Sie die Situation an Ihrer Schule?
Das kann ich nur bestätigen. Als Lehrer erlebe ich zu genüge, wie Jugendliche sich beschimpfen. Deshalb möchte ich mich dafür stark machen, dass ihnen bewusst wird, was sie mit Aussagen und Worten anrichten können. Und wie viel Gewalt hinter Worten liegen kann. Im Alltag und in den sozialen Medien, wo die Schüler täglich unterwegs sind, verroht unsere Sprache. Deswegen muss man in der Schule ein Bewusstsein dafür vermitteln. Das Ziel ist eine tolerante Sprache. Man muss den Kindern klar machen, dass ihre Aussagen womöglich rassistisch, sexistisch oder antisemitisch sind. Wo soll man Kinder darauf sensibilisieren, wenn nicht in der Schule? Dabei werde ich keinesfalls die Sprachpolizei spielen. Ich bin eine Person, die das Gespräch sucht und in der Kommunikation mit anderen weiterlernen möchte. Und auch wir als Erwachsene müssen unserer Rolle und Verantwortung hier klar sein und diese viel bewusster wahrnehmen. Denn Diskriminierung ist nicht allein ein Problem von Kindern und Jugendlichen.
Können Sie als Antidiskriminierungsbeauftragter Schulleitern Vorschriften machen, um Ihre Ziele umzusetzen?
Ich glaube, der Kampf gegen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist nur zu gewinnen, wenn man Partner hat. Deswegen werde ich auf eine einbeziehende Kommunikation mit Schulleitern setzen. Das ist meine Art, denn ich verstehe mich mehr als Mediator, der in Problemsituationen vermittelt.
Wie möchten Sie sich vom Antimobbingbeauftragten abgrenzen?
Antidiskriminierung und der Kampf gegen Mobbing sind zwei Felder, die Berührungspunkte haben, aber unterschiedliche Dinge sind. Deshalb sind diese beiden Stellen sehr wichtig. Ich bin mir sicher, dass die beiden Stellen eng zusammenarbeiten werden. Es ist insgesamt ein starkes Signal der Senatsverwaltung, im neuen Schuljahr in diesen zwei Bereichen nachhaltige Strukturen zu schaffen.
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