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Dervis Hizarci ist bundesweit ein gefragter Experte für Antisemitismusfragen.
© ARD/

Antisemitismus an Berliner Schulen: „Dann greife ich als Lehrer sofort ein“

Der muslimische Lehrer Dervis Hizarci aus Kreuzberg erklärt, was gegen antisemitische Vorfälle an Schulen getan werden kann.

Herr Hizarci, Sie sind Lehrer in Berlin und engagieren sich gegen Antisemitismus. Wie bekannt kommen Ihnen die Vorfälle an der Berliner Simmel-Grundschule vor?

Sie liegen zwischen Einzelfall und Alltag. Klar ist, dass wir als Lehrer nicht jeden Tag mit dem Staatsschutz zu tun haben, weil es antisemitische Vorfälle gibt. Und dieses Eingreifen des Staatsschutzes ist auch nicht in jedem Fall nötig.

Hat die Problematik auch etwas mit dem verstärkten Zuzug der Flüchtlinge zu tun?

Mit den vielen Geflüchteten ist der sogenannte importierte Antisemitismus in den Fokus gerückt, trotzdem haben solche Fälle nicht zwangsläufig mit den neu gekommenen Flüchtlingen zu tun. Die Problematik liegt in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang. Die Geflüchteten werden auch zur Projektionsfläche von bestimmten Vorstellungen gemacht. Natürlich gibt es Antisemitismus unter den Geflüchteten, und zwar in beachtlicher Zahl, aber es gibt keine repräsentativen Zahlen über das Ausmaß dieses Antisemitismus. Viele antisemitische Attacken kommen aber auch von rechten Gruppen.

Wie sehr spielen Moscheen bei diesem Antisemitismus eine Rolle?

Moscheen könnten durchaus eine positivere Rolle übernehmen, indem sie den Dialog mit den Juden suchen, sich deren Probleme und Vorstellungen anhören und diese Punkte dann in ihrer jeweiligen Gemeinde vermitteln. Da können sie auf Probleme aufmerksam machen. Aber nach meiner Meinung und meiner Erfahrung spielen Moscheen keine besonders negative Rolle. Moscheen sind meist nicht die Quelle von Antisemitismus.

Wie reagiert man als Lehrer auf solche Vorfälle?

Man konfrontiert die Schüler mit dem, was sie gesagt haben, und reagiert dann sofort. Wenn jemand sagt: „Du Scheißjude“, greife ich als Lehrer umgehend ein. Dazu muss ich nicht die Polizei oder den Antisemitismusbeauftragten holen.

Wie wichtig ist es, Eltern zu erreichen?

Sehr wichtig. Man muss verstehen, dass Eltern grundsätzlich das Wohl ihrer Kinder in der Schule im Auge haben. Wenn man diese Grundeinstellung besser als Ressource nützt, ist viel geholfen. Man muss stärker als bisher eine Beziehung zu den Eltern aufbauen. Dann hat man im Notfall sofort Handlungsmöglichkeiten.

Es gibt ja auch Eltern, die keine Einsicht zeigen. Was dann?

Dann schaltet man im äußersten Fall das Jugendamt ein. Ganz einfach.

Das Gespräch führte Frank Bachner.

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