Rückkehr einer Berliner Legende: Wieder da! Was sich jetzt in Clärchens Ballhaus verändert
Keine langen Tafeln mehr und kein Lametta an der Decke – dafür moderne Wirtshausküche und neue Elektrik. Aber die „charmante Patina“ sei erhalten worden.
Der Schreck war bei vielen Stammgästen zunächst groß: Ende 2019 wurde bekannt, dass die langjährigen Betreiber von Clärchens Ballhaus keinen neuen Mietvertrag erhalten würden. Sollte dies das Ende einer Berliner Institution werden? Schließlich plante der Fotokünstler Yoram Roth, neuer Besitzer des langsam vor sich hin bröckelnden Gebäudes in der Auguststraße, Sanierungsarbeiten. Seit Januar war Clärchens darum geschlossen.
Nun ist es wieder geöffnet, als hätte es nur eine Corona-Pause eingelegt. Die Veränderungen seien eigentlich kaum zu sehen, sagt Yoram Roth. So wurden die Elektronik erneuert und die Fluchtwege verbessert. Die Beleuchtung sei ebenfalls erneuert worden und in der Küche gab es ein paar Neuerungen.
Doch: Das Lametta, das wie festgewachsen schien an der Decke des Ballsaals, ist nun weg. Ansonsten habe man die „charmante Patina“ des alten Clärchens natürlich erhalten, beteuert Roth. „Wir wollen ja beschützen, was da ist – nur müssen wir es etwas moderner hinkriegen.“ In etwa zwei Jahren sei dann ein größerer Umbau geplant, für den das Clärchens wohl noch mal eineinhalb Jahre schließen muss.
Wie genau die Pläne dafür aussehen, kann er noch nicht sagen. Mittlerweile stünde nicht mehr nur der Spiegelsaal, sondern das komplette Gebäude unter Denkmalschutz. Allerdings verlange das Bezirksamt nun, dass im oberen Teil des Hauses Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Bisher seien die Räume als Büros genutzt worden. „Ich weiß nicht, wie das mit den geplanten Veranstaltungen zusammenpassen soll.“
Kurz nach dem Bekanntwerden des Verkaufs hatte Roth betont, dass dies auch für ihn ein wichtiger Ort sei. Der Sohn des Berliner Immobilienunternehmers Rafael Roth, der ein bedeutender Förderer des Jüdischen Museums war, ist Teilhaber des Fotografie-Museums Fotografiska in Stockholm, das gleich um die Ecke vom Clärchens, nämlich an der Stelle des ehemaligen Tacheles, einen Ableger bekommen soll.
Das Clärchens ist ein legendärer Treffpunkt
Die Geschichte vom Clärchens beginnt 1913, als Fritz Bühler das nach ihm benannte Ballhaus eröffnete. Nach dem Ersten Weltkrieg führte seine Witwe Clara („Clärchen“) das Tanzlokal weiter – unter dem jetzigen Namen.
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Es ist bis heute ein bekannter Treffpunkt: Heinrich Zille war Stammgast, auch Franz Biberkopf, Hauptfigur in Alfred Döblins 1929 erschienenem Roman „Berlin Alexanderplatz“. Zu DDR-Zeiten war es bei Ost- und Westdeutschen beliebt und Quentin Tarantino drehte hier Szenen für „Inglorious Basterds“.
Jetzt gibt's Flammkuchen statt Pizza
Nun öffnen Garten und Gastraum wieder. Der Pizzaofen backt keine Pizzen, sondern Flammkuchen – ein Zeichen dafür, dass es einen neuen Küchenchef gibt: Simon Dienemann, der bereits mit Tim Raue gearbeitet hat, orientiert sich an der modernen Wirtshausküche und kocht „so regional wie möglich“.
Auf der neuen Karte stehen Gerichte wie Blutwurst und auch mal ein Herrengedeck. Im Tanzsaal stehen nun Tische, keine langen Tafeln mehr. Doch sobald die Sicherheitsauflagen es zulassen, soll es auch wieder Schwof, Musik und Lesungen geben.
Rilana Kubassa