Menschen helfen: Wie eine Neuköllner Rentnerin Ferientieren hilft
Karin Zöller vermittelt Haustiere in den Ferien an Privatleute. Selbst die „schwierigen Fälle“ bringt sie unter. Nun sucht sie noch Quartiere und Menschen mit Ferientieren.
„Frederick, weißt du, was Liebe ist?“, fragt das kleine Schwein Piggeldy in der Trickfilm-Serie „Piggeldy und Frederick“. Sein großer Bruder Frederick erklärt ihm: „Liebe ist, wenn man sich mag, auch wenn der andere einen dicken Bauch hat oder ein Humpelbein oder ein Loch im Ohr.“
Der Zufall wollte es so, dass Karin Zöller ihre schwarze Katze nach dem Schweinchen benannte. Ihrer Piggeldy fehlt ein Ohr, sie humpelt, Zähne hat sie keine mehr, dafür eine Wölbung am Bauch infolge eines Bruchs. Zöller streichelt ihr liebevoll über den Kopf. Eine Tierschutzorganisation habe ihr das pflegebedürftige Tier vermittelt, erzählt sie: „Piggy sagt's mir nicht, aber ich glaube, sie ist glücklich bei mir.“
Dieses Tierglück möchte die Neuköllner Rentnerin teilen: „Berliner helfen Ferientieren“ heißt ihre Initiative, bestehend aus Zöller selbst, einer blauen Heftmappe und ihrem Telefon. Sie vermittelt Haustiere an Pflegefamilien in Berlin, wenn deren Besitzer in den Urlaub fahren oder länger ins Krankenhaus müssen.
Etwa zwei Dutzend Quartiere hat Zöller handschriftlich und alphabetisch in der Mappe vermerkt, die sie bei Bedarf anfragt. Ob jemand jung oder älter ist, einen Garten oder ein Katzennetz auf dem Balkon hat, ob er nur Nager aufnimmt oder eigene Haustiere hat, notiert sie genau, um für jedes Tier die passende Unterkunft zu finden. Nach erfolgreicher Vermittlung bittet sie die Tierhalter, einen Feedback-Bogen auszufüllen. Bekommt ein Quartier mehrere schlechte Bewertungen, fliegt es aus der Kartei.
Schon 1600 Tiere vermittelt
Die Idee für das Projekt hatte Zöller Anfang der 80er Jahre: „Damals wollten wir in den Urlaub fahren, aber die Betreuung für unsere Katze war abgesprungen.“ Ein Radio-Interview machte die Initiative bekannt und erfolgreich: „In zwei Jahren haben wir über 1600 Tiere vermittelt“, erinnert sie sich. Als sie sich mit einem eigenen Blumenladen in Steglitz selbstständig machte, gab sie die Vermittlung aus Zeitgründen auf.
Im Ruhestand will Zöller nun wieder helfen. In den vergangenen Herbstferien vermittelte sie die ersten zwei Haustiere. Für die Osterferien habe sie schon vier Tiere einquartiert. Sie hofft, dass sich indes noch mehr Menschen mit Quartieren oder Ferientieren bei ihr melden, denn die Resonanz sei durchweg positiv gewesen. Für die Sommerferien erwartet sie eine größere Nachfrage, weil dann mehr Berliner verreisen.
Die Ferienzeit bereitet Tierschützern generell Kummer: „Wenn man sich mit Tierschutz und vor allem mit Katzenschutz beschäftigt, dann weiß man um das Elend, das viele Tiere erfahren“, sagt Zöller über ihr Engagement. „Es gibt leider gewissenlose Menschen da draußen, die ihre Haustiere aussetzen.“ Rund 1800 Tiere landen jährlich in der Tiersammelstelle des Berliner Tierheims, darunter etwa 900 Katzen. Dieses Schicksal wolle sie so vielen Vierbeinern wie möglich ersparen.
Auch "Hotel Oma" für vier Pfoten
Zöller glaubt: „Jeder Mensch, der Tiere liebt, kann Tiere betreuen.“ Zeit sei jedoch auch notwendig und bei Hunden auch entsprechende Erfahrung. Vor allem Senioren hat sie bisher in ihrer Quartiers-Kartei: „Die Älteren sind glücklich, wenn sie vorübergehend ein Tier betreuen können“, sagt sie. „Sie schaffen sich vielleicht kein Haustier mehr an, weil sie Angst haben, es würde sie überleben.“
Bei einer Dame verstarb zuerst der Mann und schließlich ihr Hund. Sie sei sehr glücklich über die Möglichkeit, sich gelegentlich um ein Tier zu kümmern – „Hotel Oma“ für vier Pfoten. Auch Zöller genießt den Kontakt mit den Menschen bei der Vermittlung: „Das sind immer sehr nette Gespräche. Die Leute erzählen von sich und von ihren Erfahrungen mit eigenen Tieren.“
Egal ob Hund, Katze, Hamster oder Chamäleon: Für Haustiere eine private oder kommerzielle Urlaubsunterkunft zu finden, ist nicht nur schwer, sondern oft auch teuer. Zöller erhebt zehn Euro als Vermittlungsgebühr, stellt ihren Quartieren aber frei, ob sie neben den Futterkosten eine Gebühr verlangen. „Wenn ein Halter das nicht bezahlen kann oder will, suche ich ihm eine andere“, sagt sie.
Gegen Tierpensionen habe sie nichts einzuwenden, doch eine Familie oder eine Einzelperson könne Haustiere individueller betreuen. Hundehaltern empfiehlt sie, die Haushalte vorher kennenzulernen – so können Hund und Betreuer feststellen, ob sie auch zusammenpassen.
Problemtiere machen Zöller keine Probleme
Selbst die „schwierigen Fälle“, die schwer unterzubringen sind, machen Zöller nichts aus: „Ich sollte einmal drei Bologneser-Hündchen vermitteln. Der eine Hund war bissig, der andere unrein. Trotzdem fand sich eine ältere Dame mit Reihenhaus und Garten, die die drei nehmen wollte.“
Meerschweinchen und Hamster seien am leichtesten unterzubringen – aber auch am seltensten nachgefragt, da die Besitzer sie häufig im Bekanntenkreis unterbringen. Schlechte Erfahrungen mit Unterkünften habe sie noch keine gemacht. Trotzdem erklärt Zöller wie selbstverständlich: „Wenn es einmal Schwierigkeiten geben sollte, dann nehme ich das Tier eben bei mir auf.“
Karin Zöller ist von 19 bis 21 Uhr unter 703 70 770 zu erreichen. Außerhalb hat sie einen Anrufbeantworter geschaltet.
Was Sie bei der Wahl Ihrer Tierpension beachten sollten, erklärt das Tierheim Berlin online. Dort finden Sie auch eine Tiersitterdatenbank.
Eine kleine Auswahl an Quartieren:
Hunde-, Katzen- und Kleintierbetreuung der Tierarztpraxis Gerriets in Lichterfelde, Tel. 772 40 27 (Preise pro Tag: Katzen ca. zwölf Euro, Hunde 18 bis 30 Euro, Kleintiere acht Euro).
Josis Katzen- und Kleintierpension in Wartenberg, Tel. 924 92 90 (Preise pro Tag: Katzen 9,50 Euro, Kaninchen, Meerschweinchen und Landschildkröten 4,50 Euro, Degus drei Euro, Hamster, Mäuse, Kanaren und Wellensittiche zwei Euro).
Katzenpension der Berliner Tierarztpraxis in Wilmersdorf, Tel. 873 57 80 (Preise pro Tag: eine Katze zwölf Euro, zwei Katzen 23 Euro, drei Katzen 33 Euro, Einzelzimmer ab 17 Euro).
Die angegebenen Preise können je nach Pflegeintensität abweichen.
Sophie Krause