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Blick vom Funkturm. Das alte Bahngelände mit viel Grün und Kleingärten beginnt neben der Stadtautobahn am ICC. Rechts am Bildrand: der S-Bahnhof Westkreuz.
© Imago

Neue Perspektiven für altes Bahngelände: Westkreuz soll grüne City-Oase werden

Für die versteckten, aber riesigen Grünflächen am Westkreuz gibt es große Pläne. Ein Park soll entstehen, um Wohnungsbau wird gestritten. Los geht’s erst mal am S-Bahnhof.

Östlich des S-Bahnhofs Westkreuz gibt es so viel Grün, nur weiß das kaum jemand. Ein verwildertes altes Bahngelände ist lediglich über einen kleinen Weg erreichbar. Auch die Eingänge zu mehreren Kleingartenkolonien mit insgesamt 285 Parzellen sind schwer zu finden. Doch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat große Pläne: Ein „Westkreuzpark“ soll zur City-Oase zwischen dem Bahnhof, der Rönnestraße nahe dem Lietzensee und der Heilbronner Straße in Halensee werden.

Bis dahin dauert es noch eine Weile. „Die Perspektive ist das Jahr 2030“, sagt Harald Fugmann vom Landschaftsplanungsbüro Fugmann Janotta und Partner, das eine Machbarkeitsstudie erstellt hat, beim Auftakt eines Workshopverfahrens vor mehr als 200 Bürgern. Entwürfe gibt es noch nicht, sondern nur fünf Größenvarianten. In einer davon müssten alle Kleingärten weichen. Entsprechend groß waren die Sorgen der Pächter bei der Versammlung in der evangelischen Kirchengemeinde am Lietzensee. Die Kleingärtner argumentierten nicht mit persönlichen Interessen, sondern sahen das „Biotop“ bedroht und bezweifelten, dass überhaupt ein Bedarf an dem Park bestehe.

„Es geht nicht darum, alle Kleingärten abzuräumen“, beruhigte Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). Auch die Kreisvorsitzende der Grünen, Franziska Eichstädt-Bohlig, betonte: „Wir wollen so viele Kleingärten wie möglich erhalten.“ Nur an den geplanten Zugängen müssten ein paar Gärten weichen.

Die Bahn versucht, ihre Brache so teuer wie möglich verkaufen

Mit einer Änderung des Flächennutzungsplans wolle das Bezirksamt „zunächst verhindern, dass es ein Baugebiet wird“, sagte Schruoffeneger. Denn die Bahn möchte ihre Brache – und auch die Kleingärten auf einem alten Grundstück der „Eisenbahn-Landwirtschaft“ – so teuer wie möglich verkaufen. Verkaufshandlungen mit Investoren laufen seit einigen Monaten. Bahnsprecher äußern sich dazu aber nicht.

Wie es scheint, ist Immobilienunternehmer Christian Gérôme, der selbst in der Nähe wohnt, der chancenreichste private Kaufinteressent. Er plant eine Randbebauung mit 900 Wohnungen, darunter 220 Sozialwohnungen. Architektenentwürfe des Büros Patzschke + Partner zeigen achtstöckige Häuser, zwei 20-stöckige Kopfbauten und drei Gebäude mit 16 Etagen. Bereits im November hatte Gérôme im Gespräch mit dem Tagesspiegel angekündigt, fast allen Kleingärtnern einen 20-jährigen Bestandsschutz gewähren zu wollen. Nur vier Lauben stünden seinem Projekt im Weg. Außerdem plane auch er eine öffentlich zugängliche Grünanlage. Berlin brauche neue Wohnungen in guten Lagen und könne mindestens 25 Millionen Euro sparen, wenn es den Park nicht selbst anlege. Bei der Versammlung schwieg Gérôme jedoch und schüttelte nur oft den Kopf.

Joachim Neu von der Bürgerinitiative Stuttgarter Platz wünschte sich eine weitgehend naturbelassene „Stadtwildnis“. Dagegen fordert die bezirkliche FDP-Fraktion, wegen des Wohnraummangels in Berlin auch Wohnungsbau zu ermöglichen. Das Workshopverfahren sei „unseriös“ und „voreilig“, solange das Gelände nicht der Stadt gehöre, schrieben FDP-Fraktionschef Johannes Heyne und der Vizevorsitzende Felix Recke in einer Erklärung.

Der S-Bahnhof bekommt einen zweiten Eingang

Schneller als der Park soll der zweite Eingang für den S-Bahnhof Westkreuz kommen. Bisher ist dieser nur aus westlicher Richtung über die Halenseestraße zwischen dem ICC, dem Kurfürstendamm und der Stadtautobahn erreichbar. Künftig soll man aus den Wohngegenden am Lietzensee und in Halensee über neue Wege zu einem Eingang an der östlichen Seite des Bahnhofs gelangen.

2018 will der Bezirk mit Bauarbeiten dafür beginnen. Bisher gibt es allerdings nur ein Konzept für die Durchwegung zur Rönnestraße im Norden. Über die Route im Süden müsse dagegen noch beraten werden, sagte Stadtrat Schruoffeneger. Sie könne nur „stark verwinkelt“ durch die Kleingartenanlagen führen, falls man keine bessere Lösung finde.

Schruoffeneger widersprach dem Vorwurf mehrerer Bürger, sie würden zu wenig einbezogen. Aktuell gehe es darum, die Öffentlichkeit früh zu informieren und die wichtigsten Wünsche zu erkunden. Die offizielle Bürgerbeteiligung habe noch gar nicht begonnen, sondern folge nach dem im Frühsommer geplanten Start des Bebauungsplanverfahrens.

Dem Westkreuz und dessen Umgebung hat auch der Architekten- und Ingenieurverein (AIV) zu Berlin seinen jüngsten „Schinkel-Wettbewerb“ Stadtplaner gewidmet. Eine Verwirklichung dieser Ideen junger Stadtplaner ist allerdings nicht absehbar.

Für den 30. Mai ab 17 Uhr lädt das Bezirksamt zu m Spaziergang über das Westkreuz und einem Workshop ein. Eine Abschlussveranstaltung ist für den 4. Juli geplant. Treffpunkte stehen noch nicht fest.
Informationen des Umweltamts finden Sie unter diesem Link, Neuigkeiten und Kommentare von Joachim Neu unter westkreuzpark.de.

Blick auf den S-Bahnhof Westkreuz.
S-Bahnhof Westkreuz.
© Cay Dobberke

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