Kriminalstatistik Berlin: Weniger Taschendiebe, mehr Kokain, Gewalt weiter hoch
Wie sicher ist Berlin? Die ersten Zahlen liegen vor - von Brandstiftung bis Straftaten gegen das Asylgesetz. Aus Autos werden vor allem Airbags gestohlen.
Wie sicher ist Berlin? Bei welchen Delikten gibt es eine Zunahme? Auf welche Deliktfelder muss die Polizei mehr achten? Wo gab es Erfolge? Am heutigen Mittwochvormittag haben Innensenator Andreas Geisel, SPD, und Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik die Kriminalitätsstatistik für Berlin vorgestellt. Hier sind die ersten Fakten - unser Kollege Alexander Fröhlich twittert.
Die Sicherheitslage: Beginnen wir mit den ersten Kernfakten: Es gab im Jahr 2018 etwas mehr als 510.000 Straftaten. Das ist ein Rückgang um 1,7 Prozent oder 8760 Fälle. Die Aufklärungsquote liegt bei 44,4 Prozent - bedeutet: ein leichter Anstieg um 0,2 Prozent.
Das sagt der Innensenator: Wie bewertet der Innensenator die Sicherheitslage? Andreas Geisel, SPD, meint: "Berlin ist wieder ein Stück sicherer geworden - obwohl Berlin wächst." Es werde eben nicht alles schlimmer. Die Zahlen zeigten das Gegenteil.
Die Anstiege: Die Zahl der Kellereinbrüche in Berlin ist wieder gestiegen - um 11,4 Prozent. Auch Rauschgiftdelikte (+7,4 %) und Waren- und Warenkreditbetrüge (+6,3 %) nahmen zu. Am massivsten war der Zuwachs bei Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asyl- und das Freizügigkeitsgesetz. Dort stieg die Zahl um über 1100 Fälle (+24,7 %).
Die Rückgänge: Auffällig sind vor allem die Erfolge beim Kampf gegen Taschendiebstahl - offenbar wurden Banden erwischt oder abgeschreckt. Denn die Zahlen sanken 2018 um mehr als 7000 Fälle (- 26,2%). Besonders krass sind die Zahlen im Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen - im Vergleich zum Vorjahr gab es fast 3000 Fälle weniger, das sind 97 Prozent Rückgang. Ebenfalls weiter gesunken ist die Zahl der Wohnraumeinbrüche (-11,7%), der Diebstahl an oder aus Autos (-11,2 %) sowie der Kfz-Diebstahl selbst (-14,5 %).
Politisch motivierte Kriminalität: das Kürzel: PMK. Die Zahlen: leicht rückläufig - allerdings ist die Zahl bei Gewaltdelikten von 486 auf 578 gestiegen. Einen Rückgang gibt es bei rechtsextremen Straftaten - weniger Propagandadelikte, aber mehr Gewalt. Leicht ist der Anstieg hingegen bei der politisch motivierten Kriminalität Linksextremer - vorwiegend durch Taten bei Demo.
Tötungsdelikte: Berlin ist blutig - die Zahl der Tötungsdelikte ist leicht von 91 auf 94 gestiegen. Aber: Diese Zahlen sind deutlich niedriger als noch vor Jahren. Ein Beispiel: 2014 waren es 131, in den 90er Jahren gar 200 pro Jahr.
Sexualdelikte: Die Zahlen nehmen weiter zu - aber das liegt auch an einer Gesetzesverschärfung in 2016. Bei 4181 Fällen wurden 2410 Tatverdächtige ermittelt. 96 Prozent von ihnen sind Männer - und 37 Prozent ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Rohheitsdelikte wie Körperverletzung, Raub und Bedrohung: Die Zahl stagniert auf hohem Niveau. 79 Prozent der Tatverdächtigen sind Männer - und 38 Prozent haben keine deutsche Staatsangehörigkeit.
Partyhauptstadt: In Berlin gab es 2018 mehr Drogendelikte - der Stand ist der höchste seit zehn Jahren. Was registriert wurde? Mehr Verstöße bei Cannabis, weniger Handel und Schmuggel. Vor allem aber: 17 Prozent mehr Handel mit und Besitz von Kokain.
Brandanschläge: Nehmen wir die Brandanschläge auf Fahrzeuge - davon wurden 273 gemeldet. Aber: Nur 27 waren politisch motiviert. Der überwiegende Anteil waren Versicherungsbetrug, Vandalismus - oder Nachbarschaftsstreit.
Internet: Vorsicht - Bildschirm! Fast 31.000 Fälle von Internetkriminalität und Cybercrime registrierte die Berliner Polizei. Heißt: Anstieg um 15 Prozent - das ist der höchste Stand seit zehn Jahren. Aufklärungsquote liegt bei diesem Delikt bei nur bei 32 Prozent. Vor allem geht es um Betrug - also Waren, Kreditkarten, Leistungen, Daten - , Datenklau und Kinderpornos.
Diebstahl aus Fahrzeugen: Niedrigster Stand seit 2010. Mehr als 56 Prozent der Verdächtigen waren Nichtdeutsche - 33 Prozent "reisende Täter". Kleiner Tipp für alle Autobesitzer: Navis sind out, gefragt sind Airbags.
Straftaten im Nahverkehr: Keine Angst in U- und S-Bahn? Gewalttaten wie Nötigung, Freiheitsberaubung und Bedrohung sind seltener geworden. Aber: Es wurden etwas mehr Körperverletzung und deutlich mehr Sexualdelikte registriert. Die anderen Deliktfelder auf den Bahnhöfen: weniger Diebstähle, mehr Beleidigung und Sachbeschädigung. Mehr Verspätungen? Anderes Thema.
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