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Die Zahl der registrierten Straftaten in Deutschland ist 2017 weiter gesunken.
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Kriminalitätsstatistik: 10 Prozent weniger Straftaten

Die Polizei registriert deutschlandweit weniger Kriminalität. Was sagen die Statistiken über Berlin und die anderen Großstädte?

In Deutschland sind 2017 fast zehn Prozent weniger Straftaten erfasst worden als im Vorjahr. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ und beruft sich auf die noch unveröffentlichte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Einen derart starken Rückgang bei der Kriminalität habe es seit fast 25 Jahren nicht gegeben, heißt es. Die Statistik weist für das vergangene Jahr 5,76 Millionen Straftaten aus – das sind rund 611.000 Taten weniger, als es 2016 waren; eine Abnahme um 9,6 Prozent. Damit setzt sich ein langfristiger Trend fort. 2005 hatte es in Deutschland noch 6,5 Millionen Straftaten gegeben. Die Kriminalität an Schulen in Deutschland nimmt dagegen nach jahrelangem Rückgang wieder zu. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die PKS gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Holger Stahlknecht (CDU) aus Sachsen-Anhalt, am 8. Mai vorstellen.

Wie und wo ging Kriminalität zurück?

Vor allem durch weniger registrierte Eigentumsdelikte. Dazu zählen zum Beispiel Taschendiebstahl oder Wohnungseinbruch. Etwa ein Drittel aller Taten entfiel – wie in den Vorjahren – auf diese Diebstahlsdelikte: Es gab 2,09 Millionen Fälle, das ist ein Minus von 11,8 Prozent. So nahm der Ladendiebstahl um 6,6 Prozent auf 353.384 Fälle und der Taschendiebstahl um 22,7 Prozent auf 127.376 Fälle ab. Außerdem wurden laut dem Bericht der „Welt am Sonntag“ 2017 weniger Kraftfahrzeuge (33.263, minus 8,6 Prozent) und weniger Fahrräder (300.006, minus 9,8 Prozent) gestohlen.

Bereits bekannt war, dass die Zahl der registrierten Wohnungseinbrüche in Deutschland 2017 um 23 Prozent zurückgegangen war. Die Polizei erfasste für 2017 rund 117.000 versuchte und vollendete Wohnungseinbrüche, wie Berechnungen der Deutschen Presse-Agentur auf Grundlage der Kriminalstatistiken der Länder ergaben. In Berlin war die Zahl der Eigentumsdelikte 2017 noch deutlich stärker gesunken, nämlich um fast 16 Prozent, die Zahl der Einbrüche um sogar 25 Prozent. Über 40 Prozent der Einbrüche endeten im Versuchsstadium, das ist ein Erfolg immer besserer Sicherungen in den Haushalten.

Bei der bundesweit gemeldeten Gewaltkriminalität wurde laut „Welt am Sonntag“ ein Rückgang um 2,4 Prozent auf knapp 189.000 Fälle verzeichnet. Größten Anteil hatten mit gut 137.000 die Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung (minus 2,1 Prozent). Dagegen wurden bundesweit mehr Morde registriert – hier gab es ein Plus von 3,2 Prozent, insgesamt handelt es sich um 785 Fälle. In Berlin gab es 2017 genau 91 Tötungsverbrechen – eines weniger als 2016. Es war der niedrigste Wert im Zehnjahresvergleich.

Die Zahl der Tatverdächtigen sank laut der Statistik um 10,5 Prozent auf 2,11 Millionen. Davon waren 736.265 Personen, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen (minus 22,8 Prozent) – darunter befanden sich 300.680 Zuwanderer. Als Zuwanderer gelten in der PKS Asylbewerber, Kontingentflüchtlinge, Geduldete, Menschen mit „unerlaubtem Aufenthalt“, Schutz- und Asylberechtigte. Deren Zahl ging um 40,7 Prozent zurück.

Was sind die Gründe?

Als Grund nennt die „Welt am Sonntag“ unter anderem, dass angesichts der geringeren Zuwanderung weniger ausländerspezifische Vergehen wie illegale Einreise und unerlaubter Grenzübertritt registriert wurden. Dies mache fast die Hälfte des Rückgangs aus. Zudem habe die Polizei Erfolge bei Massendelikten wie Diebstahl verzeichnet, die ein Drittel aller Fälle ausmachen.

„Die Tendenz ist erfreulich“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Es handele sich aber noch um einen Entwurf der Polizeistatistik, der noch mit den Bundesländern abgestimmt werden müsse. Berlin hatte seine Statistik bereits Anfang März vorgestellt.

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, sagte, die Zahlen seien auch ein Beleg dafür, dass sich Ermittlungsdruck in bestimmten Kriminalitätsbereichen auswirke.

Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, sagte dem „Handelsblatt: „Wir leben in einem sehr sicheren Land. Aber wenn man aufhört, besser zu werden, hört man auf, gut zu sein.“ Objektive und subjektive Sicherheit würden sich unabhängig voneinander entwickeln, sagte der BKA-Chef weiter. „Wenn Sie persönlich die Entwicklung von Globalisierung, Terrorismus oder vielleicht auch Migration als bedrohlich einschätzen, dann lassen Sie sich auch von der Statistik nicht beruhigen, die belegt, dass Straftaten und auch Gewaltdelikte rückläufig sind.“

Wo steht Berlin im Städtevergleich?

2017 liegt Frankfurt am Main bei den erfassten Straftaten deutschlandweit wieder auf Platz 1. Auf den nächsten Plätzen folgen Hannover und Berlin. 2016 war Berlin das Bundesland mit den meisten Straftaten gewesen. Davor hatte meist Frankfurt am Main den (negativen) Spitzenplatz inne. In Berlin war 2017 die Zahl der erfassten Straftaten um 8,5 Prozent gesunken. Allerdings fehlt in der schon Anfang März vorgestellten Berliner PKS durch einen Computerfehler die letzte Dezemberwoche. Ohne diese Panne läge Berlin hinter Frankfurt auf Platz 2. Wie berichtet, soll die fehlende Woche in die PKS 2018 aufgenommen werden.

Sicherste deutsche Stadt ist München. Das BKA wertet die 39 Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern separat aus. Berechnet wird die Kriminalität so: Straftaten pro 100.000 Einwohner. In Frankfurt am Main lag dieser Wert bei 14864, Hannover kommt auf 14.616 Straftaten und Berlin auf 14.558. Ohne den Computerfehler läge Berlin bei etwa 14.650 Taten pro 100.000 Einwohner. In Berlin liegt die Aufklärungsquote deutlich niedriger als im Schnitt: bei 44 Prozent, nach sogar nur 42 Prozent im Jahr 2016.

Was lässt sich über die Polizeiarbeit sagen?

Gewalt gegen Sicherheitskräfte nahm um 5,4 Prozent zu. Von allen erfassten Straftaten wurden 57,1 Prozent aufgeklärt – eine weitere Verbesserung zu 2016. In den vergangenen zehn Jahren hatte die Quote in der Regel bei 55 Prozent gelegen.

Polizisten erschossen im vergangenen Jahr 15 Menschen bei Einsätzen in Deutschland, geht aus einer Umfrage unter den Innenministerien und Polizeibehörden der Bundesländer hervor, über die die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet. 40 weitere Menschen seien verletzt worden. Diese Zahlen lagen höher als 2016, als Polizisten elf Menschen erschossen und 28 verletzten. In Berlin wurde 2017 kein Mensch durch einen Polizisten erschossen, sagte eine Polizeisprecherin dem Tagesspiegel. 99 von 123 Schussabgaben galten Tieren, die von ihrem Leid erlöst werden sollten. Sechs Schussabgaben waren versehentlich. (mit HB/rtr)

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