Wohnungspolitik in Berlin: Was der Mietenvolksentscheid kostet
Vertreter des Mietenvolksentscheids und der Bau- und Mietenbeauftragte des Senats waren heute im Finanzausschuss. Zwei Zahlen für die soziale Wende in der Wohnungspolitik standen im Raum: Rund eine Milliarde veranschlagt die Initiative, rund drei Milliarden der Senat.
Und wieder haben sie ums Geld gestritten, aber dieses Mal im Parlament: Auf Antrag der Linken waren Vertreter des Mietenvolksentscheids und des Bau- und Mietenbeauftragten der Senatsverwaltung im Finanzausschuss. Einigkeit war mal wieder nicht zu erzielen. Wenig verwunderlich, hatte der Senat doch die Kosten für die vom Volksentscheid zur Wahl gestellten soziale Wende in der Wohnungspolitik des Landes mit zwei Milliarden Euro mehr veranschlagt als die Initiative.
Als "hochgradig erklärungsbedürftig" bezeichnete Torsten Schneider, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, die zwei im Raum stehenden Zahlen: Von der Initiative für den Volksentscheid stehen Kosten von 1,1496 Milliarden Euro für 5 Jahre der Schätzung des Senats gegenüber, der mit 3,28 Milliarden Euro rechnet. Und "nur eine Zahl kann richtig sein".
Jan Kuhnert, Berater des Mietenvolksentscheids und selbst früher Chef einer Wohnungsbaugesellschaft, erklärte den Unterschied mit Missverständnissen. Diese würden durch Präzisierungen des Gesetzes ausgeräumt. Außerdem habe der Senat "Doppelberechnungen" vorgenommen. So seien Kosten von 520 Millionen Euro zur Finanzierung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften angesetzt worden, damit diese zusätzliche Wohnhäuser kaufen können. Die Iniative dagegen gehe dagegen davon aus, dass dies durch die geplante "Eigenkapitalerhöhung" der Gesellschaften finanzierbar sei.
Förderbedarf von 126 Euro pro Wohnung und Monat
Baustaatssekretär Lütke Daldrup räumte ein, dass es "konstruktive" Änderungen der Mieteninitiative beim Gesetz gebe, die dessen Kosten deutlich mindern würden. So müsste der Senat die eigene Kostenschätzung um rund 520 Millionen Euro mindern, wenn die Korrektur der Initiative umgesetzt wird, dass das Land Sozialwohnungen "höchstens zum Verkehrswert" zurückkaufen wird.
Anders stehe es um die geplante Mietensubvention, so der Staatssekretär weiter. Weil der Senat hier auf Zahlen aus einer Mieterbefragungen und Daten der Landeseigene Förderbank IBB zurückgreifen könne, seien die Zahlen der Initiative korrekter. Hier sieht der Senat einen Förderbedarf von 126 Euro pro Wohnung und Monat, etwa ein Viertel mehr als die Initiative angesetzt hat (94 Euro).
Dennoch bliebe ein Unterschied von mehr als einer Milliarde Euro zwischen den beiden Schätzungen - und keiner der Abgeordneten oder Experten konnte diesen Widerspruch genau auflösen. Allenfalls Grünen-Haushaltsexperte Jochen Esser bemühte sich umAnnäherung und wollte einen "gemeinsamen Nenner" bei 2,2 Milliarden Euro erkannt haben. Allerdings könnte sich dieser Streit auch in Luft auflösen - falls die Politik den ganzen Volksentscheid politisch verwirft. Das deutete der Vertraute von SPD-Fraktionschef Raed Saleh an.
Der Volkentscheid wäre tot
Torsten Schneider sagte mit den für ihn typischen Zuspitzung: "Ein politisches Grundproblem" sehe er in den vorgeschlagenen Änderungen am Gesetz durch die Initiative. Diese seien bei Kosteneinsparungen von 500 Millionen Euro schon lange keine "Korrektur von semantischen Problemen" mehr.
Das "staatspolitische Problem" sei, ob sich der Senat nicht "verfassungswidrig" zu verhalten drohe durch die Annahme der Korrekturen.
Die Initiative will das um jeden Preis verhindern: "Wir werden keine Änderungen vornehmen, wenn das unser Gesetzes-Verfahren gefährdet", sagte Rouzbeh Taheri von der Initiative.
Ein "Korridor von 1,2 bis 2,2 Milliarden Euro finde er vernünftig, angesichts der Schwierigkeit der Datenlage. Im übrigen interessiere "99 Prozent der Bürger auf der Straße" die Frage der Kosten nicht und wie viele Milliarden es brauche - was auf empörte Zwischenruf der Haushälter verschiedener Fraktionen stieß. Lütke Daldrup schließlich urteilte, dass das Gesetz eine "ganze Menge Nebenwirkungen hat, die einen besorgt stimmen", dabei begünstige es "nur vier Prozent der Mieter" von Sozialwohnungen.