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Aktion bei der Übergabe der Unterschriften des Mietenvolksentscheids am 1.Juni.
© Bernd von Jutrczenka/dpa
Update

Mietenvolksentscheid in Berlin: Initiative will Gesetzesvorschlag verbessern

Das Mietenvolksentscheid-Bündnis möchte den vorgelegten Gesetzentwurf an einigen Stellen korrigieren. Aber nur, wenn dadurch das Volksentscheidsverfahren nicht gefährdert ist.

Hätte der Kotti im Osmanischen Reich gelegen, dann hätte dem Bretterverschlag an der Ecke zur Admiralsstraße höchstens von Berlins harschem kontinentalem Klima Ungemach gedroht. Ein „Gecekondus“ wie dieser, einmal erbaut, genießt auch heute noch in der Türkei Bestandsrecht.

Hierzulande müssten dagegen die Mietaktivisten von Kotti und Co durchaus mit Räumung und Abriss rechnen. Weil aber die Grünen das Kreuzberger Rathaus fest im Griff haben, steht das Häuschen nun schon seit über zwei Jahren auf öffentlichem Straßenland und leistet gute Dienste bei der Mieterberatung – oder jüngst als Location für eine Pressekonferenz zum Mietenvolksentscheid.

Dieser erfährt, wie berichtet, rasanten Zuspruch, sodass im Nu knapp 50 000 für das vorgeschlagene Gesetz unterschrieben. Dieser Erfolg zwingt den Senat wiederum zu einer Informationsoffensive: Kosten von mehr als drei Milliarden Euro fielen an, so heißt es, die landeseigenen Wohnungsunternehmen würden gelähmt und das alles nur für die Versorgung von ein paar wenigen Sozialmietern – so lautet, überspitzt, die Kritik.

„Untragbar ist, was da öffentlich gehandelt wird über den Gesetzesentwurf“, findet Jan Kuhnert. Der Endfünfziger kommt aus Hannover, war selbst mal Chef eines Wohnungsunternehmens und berät die Mieterinitiative „Kotti+Co“, aus der der Volksentscheid hervorging. Doch die Abwehr von Vorurteilen ist nur ein Nebenschauplatz, wichtiger ist der Initiative Folgendes: „Wenn es zum Vorteil des Gesetzes ist, dann korrigieren wir uns“, sagt Melanie Dyck, eine der fünf Vertrauensleute aus dem „Plenum“ des Mietenvolksentscheids – und das tun sie nun.

Sage also niemand, die Unbelehrbaren seien hier am Werke, lautet die Botschaft. Eine der wichtigsten Korrekturen, die sie am Mittwoch der Senatsverwaltung für Inneres vorlegten, geht sogar auf einen Hinweis des Senats zurück: Eine unklare Formulierung im Gesetz könnte dazu führen, dass das Land frühere Sozialbauten zurückkaufen muss zu deren ursprünglichen Baukosten. Viel zu teuer wäre das. Deshalb schränkt die Initiative die Rückkaufverpflichtung nun ein: „maximal zum Verkehrswert“.

Korrekturen ändern nichts Grundsätzliches

Eine zweite Korrektur betrifft die Förderung der Mieter von Sozialwohnungen, die keine Anschlussförderung bekommen. Können diese sich die dann erhöhte Miete nicht leisten und haben sie Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, bekommen sie die Differenz zur Durchschnittsmiete in Sozialbeständen (zurzeit 5,91 Euro je Quadratmeter und Monat) zehn Jahre lang vom Land. Dies gilt aber nur für diejenigen Mieter, die zwei Jahre vor Inkrafttreten des Gesetzes schon in solchen Häusern wohnten. Das soll Missbrauch vorbeugen.

Der Innensenator werde gebeten, diese und weitere kleine „redaktionelle“ Änderungen nur dann zu übernehmen, wenn dadurch nicht der Fortlauf des Volksentscheidsverfahrens gefährdet ist. Die Korrekturen änderten nichts Grundsätzliches am Gesetzesentwurf, sondern präzisierten diesen und beugten falschen Lesarten vor, versichern die Initiatoren.

Dass die CDU die Förderungen für den Neubau von Sozialwohnungen erhöhen will, verbucht die Initiative als Erfolg der wohnungspolitischen Debatte, die sie mit dem Mietenvolksentscheid ausgelöst habe. Dass der Senat vor dem zur Wahl stehenden Gesetz mit Horrorszenarien warnt, irritiert sie. Nicht drei Milliarden Euro koste der Gesetzesentwurf, sondern 270 Millionen Euro im Jahr fünf Jahre lang, so viel nehme der Senat aus Rückzahlungen von Sozialbaudarlehen ein.

Die landeseigenen Unternehmen würden durch ihre Umwandlung in Anstalten öffentlichen Rechts keineswegs handlungsunfähig. Sie bekämen nur eine neue Rechtsform, die „Mietermitbestimmung“ durch Beiräte ermögliche. Dies sei wohl unerwünscht, aber nötig, weil die „politische Kontrolle nicht greift“ und die Firmen ihren Auftrag nicht erfüllten, nämlich gering verdienende Berliner mit Wohnraum zu versorgen.

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