Pandabären im Berliner Zoo: Warum Meng Meng rückwärts läuft
Berlins Panda-Dame wurde für den Bären-Oscar nominiert - süß ist sie, auch im exklusiven Video. Zooexperten und Tierrechtler streiten über ihr auffälliges Verhalten.
Vorwärts immer, rückwärts schlimmer: Das empfinden manche Besucher, wenn das Berliner Pandaweibchen manchmal rückwärts durchs Gehege stapft. Bei Meng Meng ist das aber keine Berliner Verhaltensbesonderheit, die Bärin hat schon in ihrem Heimatland China öfter den Rückwärtsgang eingelegt – ihrer Beliebtheit tat das keinen Abbruch.
Inzwischen kommen Berlins Zootierpfleger dem vierjährigen Weibchen auf die Schliche, warum sie sich immer wieder – wie sonst eher Tintenfische, Kolibris oder Insekten – rückwärts wegbewegt.
Aufmerksamkeitsheischend und sensibel
Manchmal wolle sie die Aufmerksamkeit der Pfleger auf sich ziehen oder Blickkontakt halten, heißt es beim Zoologischen Garten. „Mitunter reagiert Meng Meng auch so, wenn sie sich erschrocken hat, etwa, wenn die Besucher gegen die Scheibe klopfen, damit sie für ein Foto in ihre Richtung schaut“, sagt Zoo-Sprecherin Christiane Reiss.
Als am Dach Arbeiten stattfanden, war sie wegen der Geräusche auch verunsichert und lief so. Die Pandabärin sei ein Sensibelchen, eine kleine Prinzessin – und eine liebenswerte Tierpersönlichkeit. Meng Meng sei im Babyalter immer mal von der Mutter in Chengdu weggenommen worden, damit die anderen Bärchen aus einer Art Panda-Kindergarten auch trinken konnten, berichtet Reiss.
So habe sie sich früh an Menschen gewöhnt und wolle, „salopp gesagt, am liebsten auch bei Markus Röbke auf den Schoß“. Das ist einer der vier Pfleger, die neben Thomas Dörflein mit dem handaufgezogenen Eisbären Knut spielten.
Der Zoo befragt zu allen Themen rund um die Pandas auch externe Fachleute.
„Markus Röbke kann besonders gut mit Bären“, sagt Christiane Reiss. Er trainiere regelmäßig Meng Meng, wendet Clickertraining an, das positives Verhalten bestärkt. Röbke kraule sie durchs Gitter, gewöhnt sie an seine Nähe - wie hier im Video zu sehen. Da ruht sie erst, ist dann neugierig, macht es sich bequem, und schließlich rollt sie sich genüsslich herum und scheint das Kopfkraulen sehr zu genießen. Das medizinische Training gibt es auch, weil alle hoffen, dass das jetzt geschlechtsreif werdende Tier im Frühjahr mit Artgenosse Jiao Qing kopuliert. Später kommen die Fachleute dann im besten Fall mit dem Ultraschallgerät an Meng Meng heran, die menschliche Nähe ja auch aus ihrer Aufzuchstation in China schon kennt.
Die Panda-Oscars
Tierschutzorganisationen kritisieren, die Pandabärin zeige durch die enge Zoohaltung ausgelöstes Verhalten. Der Zoologische Garten hält dagegen, dass die Bärin ordentlich fresse und so neugierig und aufgeweckt sei, dass sie ständig beschäftigt werden wolle. „Sie verlangt ständig nach neuem Spielzeug, zeigt, dass sie viel Freude dabei hat.“ Meng Meng klettere herum – auch ein Zeichen dafür, dass es ihr gut gehe. Als Feinschmeckerin nehme sie heute mal diesen, morgen mal jenen Bambus gern an.
Und Meng Meng sei sogar vom internationalen Panda-Botschafter Jeroen Jacobs für den Oscar des Pandabärentum vorgeschlagen, sozusagen als Miss Pandabär, in der Kategorie „Beliebtester Panda außerhalb Chinas“.
Zudem sind Zoodirektor Andres Knieriem als „Panda-Persönlichkeit des Jahres“, der „Panda Garden“ im Berliner Zoo in der Kategorie „Schönstes Panda-Gehege in einem Zoo“, die RBB-Dokumentation „Das Pandawunder von Berlin“ in der Kategorie „Panda Publikation des Jahres“ und die Eröffnung des Pandageheges durch Xi Jinping und Angela Merkel gar als „Der Panda-Moment des Jahres“ nominiert. Die Ehrung der gekürten Gewinner ist am 8. Februar 2018 im Zoo Berlin.
Wie sagte kürzlich Senatssprecherin Claudia Sünder über Meng Meng: „Wer rückwärts läuft, hat mehr Welt vor sich.“ So kann man es auch sehen. Dennoch ist das Pandagehege jetzt leicht umgebaut worden. Mit Ruheabstand vom Gast fürs Tier, damit die Menschen nicht mehr ständig bei Meng Meng für Fotos anklopfen können.
Beim Zoo hieß es, man werde weiter alles prüfen, Meng Meng sei möglicherweise recht stark auf den Menschen geprägt.
Tierrechtler in Sorge
Unterdessen hält Tierrechtler Frank Albrecht von der Vereinigung "EndZoo" Meng Mengs Verhalten nicht für eine "Marotte", sondern für eine „Lauf-Kopf-Wipp-Stereotypie“, wie sie auch Knuts Muttertier Tosca gezeigte habe. "Sie läuft stereotyp, also in immer wiederkehrenden, in fast gleich langen aber nur kurzen Bahnen, rückwärts. Sie läuft aber nur so lange rückwärts, bis sie auf einen Widerstand (meist eine Glasscheibe oder einen Pfeiler) stößt. Dann läuft sie vorwärts, und fast ganz genau, bis zum ursprünglichen Ausgangspunkt und beginnt wieder mit ihrem Rückwärtsgang." Während sie rückwärts läuft, wippe sie "mit ihrem Kopf auf und ab."
Dieses laut dem Tierechtler "Zwangs- und Fehlverhalten" dauere oft minutenlang. "Bei unserem Besuch wurde die fortlaufende Verhaltensstörung dann durch die Wärter unterbrochen." Sie versteckten Futter, um das Tier abzulenken, berichtet Albrecht von seinen am 10. November aufgezeichneten Beobachtungen, die sich auf Facebook wiederfänden. Albrecht kritisiert eine Fehlprägung von Pandas in China auf den Menschen infolge der Zufütterung, "da man das Überleben jeder Geburt weitestgehend sichern möchte. Immerhin haben die Miet-Pandas ja einen unschätzbaren Geldwert", so wiederum sieht das "EndZoo".
Alles zur Panda-Abstimmung im Internet, sie läuft bis 21. Januar 2018: giantpandaglobal.com