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Der kleine Eisbär Fritz hatte schon Anhänger unter den Berlinern, da war er noch nicht geboren. Die Trauer um ihn ist groß.
© AFP/Tierpark Berlin

Stars in Zoo und Tierpark: Die Tierliebe der Berliner – und ihre Trauer

Die Berliner haben eine besondere Beziehung zu ihren Zootieren. Über tierische Legenden und ihre Berliner Fans.

In der Großstadt, wo die Wildnis fern ist, ist die Sehnsucht nach Natur groß. Während der Blockade fütterten die West-Berliner sogar Flusspferd Knautschke mit vom Munde abgesparten Kohlköpfen durch. Und als der vom Team rund um Tierpfleger Thomas Dörflein liebevoll aufgezogene Eisbärliebling Knut starb, am 19. März 2011, legten die Berliner Blumen ab, beinahe wie die Briten beim Tode von Lady Di, so beschrieb es Zookenner Jan Mohnhaupt im aktuellen Ost-West-Buch „Der Zoo der Anderen“. Wo viele Menschen wie in der anonymen Großstadt allein leben, spenden Tiere bedingungslose Zuneigung, kommen Gassigeher dank ihrer Hunde ins Gespräch. So erfüllen selbst Tiere wie Eisbären die Sehnsucht nach Emotionen durch ihr Kindchenschema – analysierte einst der jahrzehntelange Zookenner des Tagesspiegel, Werner Philipp.

Berlins unsterbliche Tier-Ikonen: Nilpferd Knautschke.
Berlins unsterbliche Tier-Ikonen: Nilpferd Knautschke.
© picture-alliance/ dpa

Tierische Legenden

Auch Bobby ist so eine Legende – er war einst am 30. März 1928 als erster Gorilla in den Zoologischen Garten eingezogen und ist bis heute sein Wappentier. Nach dessen Tod 1935 schuf Bildhauer Fritz Behn eine Granitstatue, die noch im Zoo steht. Die Dermoplastik Bobbys steht wie die von Knut im Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin. Bobby inspirierte den Komponisten Walter Jurmann zum Chanson „Mein Gorilla hat 'ne Villa im Zoo“, im Jahr 1933 von Hans Albers gesungen. Vor allem Ost-Berliner trauerten, als Kosko 1994 starb. Die Elefantenkuh war am 29. April 1958 als zweijähriges Elefantenbaby aus Vietnam als Geschenk von Staatspräsident Ho Chi Minh nach Berlin gekommen. Kosko war im Tierpark oft frei herumgelaufen und hatte so Erwachsene wie Kinder erfreut.

Berlins unsterbliche Tier-Ikonen: Gorilla Bobby.
Berlins unsterbliche Tier-Ikonen: Gorilla Bobby.
© Thilo Rückeis

Die Ära Knut

Ein neues Kapitel in Sachen Tierliebe wurde in der Stadt nach der Geburt des – ebenfalls viel zu früh und überraschend verstorbenen Zoo-Eisbären Knut – aufgeschlagen. Nach seiner Geburt am 5. Dezember 2006 entstanden Familienfilme und Knut-Briefmarken. Sogar Couchgarnituren wurden nach ihm benannt. Knuts „Patenonkel“, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, besuchte ihn im Gehege. Knut wurde Umwelt-Symbol und Botschafter gegen den Klimawandel, bei der Berlinale und bei UN-Klimakonferenzen.

Laut Nürnbergs Tiergartenchef Dag Encke erkannte US-Präsident George W. Bush den vom Menschen gemachten Klimawandel erst im Zuge der vielen Medienberichte über die wegen der Erderwärmung vom Aussterben bedrohten Eisbären an. Für Knut hatte der Zoo Berlin an den Tierpark Neumünster, dem das Tier wegen Eigentumsrechten gehörte, 430 000 Euro Ablösesumme nach einem Streit um die Millionen-Marketingeinnahmen aus Lizenzgeschäften gezahlt. Neumünster gehört Knuts Vatertier Lars.

Knut ertrank am 19. März 2011 infolge einer Enzephalitis, einer Entzündung des Gehirns, die wohl durch eine Vireninfektion ausgelöst wurde. Dadurch erlitt er einen epileptischen Anfall, stürzte in den Wassergraben und ertrank. Das Tier litt an einer Autoimmunerkrankung des Gehirns, die erstmals im Tierreich diagnostiziert wurde. Knut-Fans aus aller Welt hatten zuvor an dem Tier über Monate verändertes Verhalten bedauert. Knut hatte Dauerstress, er zitterte und hielt sich in geduckter Haltung auf einem Felsvorsprung versteckt, als er mit den ausgewachsenen drei Eisbärenweibchen, inklusive seines Muttertiers, vergesellschaftet wurde.

Berlins unsterbliche Tier-Ikonen: Eisbär Knut.
Berlins unsterbliche Tier-Ikonen: Eisbär Knut.
© dpa

Liebling Eisbär

Anno 1996 hatte der Tagesspiegel noch kritisiert, dass der Tod des 25-jährigen Eisbären Willy an Altersschwäche „dem Zoo keine Meldung wert war“. Alles änderte sich durch Knut. 2016 meldeten Medien den Tod der mit 35 Jahren bis dato ältesten Eisbärin Aika im Tierpark. 2015 lag dort Troll mit 28 Jahren tot im Gehege. Zoo-Eisbärin Nancy, Knuts Ziehtante, verendete 2014 mit 24 Jahren. Knuts Muttertier Tosca wurde 2015 eingeschläfert. Zoo-Eisbären-Oma Katjuscha lebt noch. Ohne Knut hätte es jedenfalls sicher nicht solche Schlagzeilen wie nun aktuell bei Fritz zum Tode eines Eisbärenbabys gegeben.

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