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Die Berliner Clubs glänzen durch ihr breites musikalisches und kreatives Angebot. Für jeden Geschmack ist was dabei - auch jenseits von Techno.
© Hannibal Hanschke/ Reuters

„Wir sind keine Sex-Kinos oder Spielhallen“: Warum Clubs Kulturstätten werden sollen

Viele Clubs sind von Verdrängung bedroht, nicht nur in Berlin. Der Bundestag hat nun darüber diskutiert, wie man sie besser schützen kann.

Über die Frage, was Kunst ist und was nicht, wird schon lange gestritten, spätestens seit der Avantgarde des 20. Jahrhunderts ist sie kaum noch zu beantworten. Im Bundestag wurde am Mittwoch trotzdem über dieses Thema diskutiert – beziehungsweise darüber, ob das, was in Clubs stattfindet, eigentlich Kunst ist, oder doch nur Unterhaltung.

Mit Blick auf ihre Verdrängung, die in den letzten Jahren in vielen Städten stattgefunden hat, fand im Bauausschuss nun ein öffentliches Fachgespräch mit Vertretern der Szene statt, darunter Pamela Schobeß, Vorsitzende der Clubcommission, die sich um die Belange der Berliner Clubbetreiber kümmert.

Gleichsetzung mit Bordellen und Spielhallen ist diskreditierend

Grund für das Gespräch waren Anträge, die Grüne, Linke und die FDP eingebracht hatten: Sie wollen erreichen, dass Clubs als Kulturorte anerkannt werden und damit den gleichen Status bekommen wie Theater oder Konzerthäuser. Aktuell gelten Clubs als Vergnügungsstätten und stehen damit auf gleicher Stufe mit Bordellen und Spielhallen.

Das ist aus Sicht der Antragsteller und Vertreter der Clubszene nicht nur inhaltlich diskreditierend, sondern hat auch baurechtliche Nachteile – und befeuere damit die Clubverdrängung oder sogar das Clubsterben in den Innenstädten. Eine Änderung der Baunutzungsverordnung, in der Clubs als „Anlagen für kulturelle und sportliche Zwecke“ neu eingeordnet werden, hätte zum Beispiel zur Folge, dass Clubs nicht mehr nur regulär in Misch- und Kerngebieten eröffnen dürften, also Gebieten, in denen ohnehin Gewerbe angesiedelt ist.

Steuerrechtliche Vorteile, mehr Anerkennung

Außerdem ergäben sich steuerrechtliche Vorteile – sieben statt 19 Prozent Umsatzsteuer. Die Clubszene erhofft sich durch den Status auch mehr Anerkennung von Investoren und Nachbarn. Das Wort „Vergnügungsstätte“ sei so negativ behaftet, dass man oft von vornherein keine Chance auf Verhandlungen habe.

Alle Verdrängungsprobleme würde aber auch der Status als Kulturort nicht lösen. Private Investoren könnten nach wie vor Mietverträge fristlos kündigen oder die Mieten verdoppeln, das erlaubt ihnen das Gewerbemietrecht. Auch der sehr prominente Fall des Neuköllner Technoclubs Griessmühle, die gerade wegen eines österreichischen Investors ausziehen musste, wäre wohl nicht anders verlaufen.

Clubs fördern Subkultur und dienen für viele als Schutzräume.
Clubs fördern Subkultur und dienen für viele als Schutzräume.
© imago/Christian Schroth

Die Grünen fordern deshalb eine Reform des Gewerbemietrechts. Und die Linke schlägt vor, Kulturschutzgebiete zu schaffen, „um bestehende Clubs vor Verdrängung zu schützen und die Ansiedlung neuer Clubs auch in Innenstädten zu ermöglichen“, wie es in dem Antrag heißt. Umsetzbar wäre das laut einem der geladenen Experten, dem Hamburger Rechtsanwalt Wolfgang Hopp: Man könne beispielsweise das Gesetz für Milieuschutzgebiete ausweiten.

Pamela Schobeß, Vorsitzende der Clubcommission und selbst Betreiberin des Kreuzberger Clubs Gretchen, unterstützt diesen Vorschlag. „Koexistenz von Kunst, Kultur und Wohnen ist möglich, man muss es nur städtebaulich mitdenken“, sagte sie im Ausschuss.

Schallschutzmaßnahmen sollen gefördert werden

Ein weiterer Punkt ist der Schallschutz: Gefordert wird eine bundesweite Unterstützung der Clubs wie beim Berliner Schallschutzfonds. Für den wurde vom Senat Ende 2018 erstmalig Geld zur Verfügung gestellt, für 2020 und 2021 ist eine Förderung von einer Million Euro eingeplant.

Eine weitere Möglichkeit wäre, das „Agent of Change“-Prinzip einzuführen, bei dem der Investor bereits beim Bau in der Nähe von schützenswerten Kultureinrichtungen für angemessenen Schallschutz sorgen muss.

Das Problem der Verdrängung von Clubs betrifft nicht nur, aber in besonderem Maße Berlin. Die Stadt lebt von ihrer breit aufgestellten Szene, auch jenseits von Technopartys finden in vielen Clubs täglich musikalische oder kulturelle Veranstaltungen statt: von Hip-Hop-Eventsbis Balkan-Beats.

Clubs sind Schutzräume

Dabei geht es natürlich auch um Unterhaltung, um Zerstreuung, die Möglichkeit, der Realität für ein paar Stunden oder auch ein ganzes Wochenende zu entfliehen. Letzteres gilt aber insbesondere für die weltberühmten Berliner Technoclubs, die alternative Kultur fördern und oft Schutzräume bieten für Menschen, die sich „draußen“ nicht akzeptiert fühlen.

Es ist also nicht erstaunlich, dass sich viele Clubbetreiber diskreditiert fühlen, wenn sie mit Betreibern von Sex-Kinos gleichgesetzt werden. Was letztendlich schwerer fallen dürfte – und auch am Mittwoch mehrfach thematisiert wurde – ist die Unterscheidung zwischen Clubs und Diskotheken. Für Clubbetreiberin Schobeß ist der riesig und liegt vor allem in der Kuratierung des Musikprogramms in Clubs.

Clubs fördern Subkultur, Diskotheken nicht

Während in Diskotheken einfach jemand engagiert werde, der jedes Wochenende die gleichen Songs nacheinander abspiele, treten in Clubs wie ihrem „richtige Künstler“ auf. Sie sei ununterbrochen damit beschäftigt, nach neuen Musikern zu suchen, diese zu buchen, nach Berlin zu bringen. Lichttechniker kümmerten sich darum, die Künstler auf der Bühne in Szene zu setzen. „Menschen haben unterschiedlich Musikgeschmäcker. Aber wir sind nicht weniger wertvoll als Theater oder Opernhäuser.“

Als Vorbild für das Vorhaben gilt das Berghain. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschied 2016, dass die Veranstaltungen des Technoclubs als kulturelle Events gelten – wie Konzerte in der Philharmonie.

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