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Der Technoclub Berghain am Ostbahnhof ist nun Kultur.
© Mike Wolff
Update

Technoclub am Berliner Ostbahnhof: Das Berghain ist nun offiziell Hochkultur

Ist ein DJ ein Musiker und ab wann ist Techno Kultur? Über diese grundlegenden Fragen wurden vor dem Finanzgericht Berlin philosophiert - geklagt und gewonnen hat das Berghain.

Sind DJs im Berghain mit Dirigenten in der Philharmonie gleichzusetzen? Sind dauerbeschallte Nächte im weltbekannten Technoclub am Ostbahnhof eigentlich Konzerte? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat jetzt entschieden: Die Veranstaltungen im Berghain gelten ab sofort als kulturelle Events. Und damit unterliegen sie nicht mehr der normalen Umsatzsteuer von 19 Prozent, sondern dem ermäßigten Satz von sieben Prozent, der auch für Theater, Museen und Konzerte gilt.

Das Finanzgericht folgte damit der Auffassung des Berghain und beurteilt die Auftritte während der Clubnächte als musikalische Darbietungen von  künstlerischer Bedeutung. Das Finanzamt als Gegenpartei hatte argumentiert, ein DJ-Auftritt sei kein Konzert, weil es beispielsweise keine Bühne gebe. Die Musik habe keinen Anfang und kein Ende, das Publikum klatsche nicht und man könne zuvor keine Eintrittskarten kaufen. Denn wer hineinwill, muss erst am berüchtigten Türsteher vorbei. Viele Leute würden quasi jedes Wochenende versuchen, in den Club zu kommen. Viele von ihnen wüssten nicht, wie es im Inneren aussehe und auch nicht, welche Veranstaltungen dort stattfinden. Zudem würden sie nur hineinwollen, um an Drogen zu kommen und diese konsumieren zu können.

„Legt einer nur Platten auf, das können Sie in jeder Dorfdisco erleben“

Berghain-Anwalt Peter Raue entgegnete, es mache keinen Unterschied, wer auf welche Weise in den Club gekommen sei und ob der DJ erhöht stehe oder nicht. Außerdem würde das Publikum im Berghain sehr wohl klatschen. Die Leute kämen wegen der Musik – und zwar aus aller Welt. „Legt einer nur Platten auf, das können Sie in jeder Dorfdisco erleben“, meint Raue. „Aber die DJs im Berghain kreieren neue Musik.“

Dass es nebenbei Darkrooms gebe und es zum Konsum von Drogen komme, sei egal. Entscheidend sei, dass ein Club mit seinen DJs werbe und die Leute wegen ebendiesen kommen würden – wie bei einem Konzert. Es gebe Leute, die nur wegen eines besonderen DJs oder einer speziellen Musikveranstaltung nach Berlin reisten. Sie wollten ihren Lieblings-DJ mit den Effekten eines einzigartigen Soundsystems erleben. Ein Club werbe mit seinen „Lineup-Künstlern“, in einer Disco lege ein „DJ“ schlicht Musik auf, ohne selbst künstlerisch aktiv zu werden.

„Elektronische Musik in Berlin hat Weltniveau"

Auch Lutz Leichsenring vom Verband der Berliner Clubveranstalter ist der Meinung, das Berghain habe seinen eigenen Sound geschaffen. „Gute DJs erzählen eine Geschichte. Ebenso, wie es ein guter Jazzmusiker tut. Und im Berghain legen die besten DJ-Musiker der Welt auf.“ Jedoch sei es nur einer von vielen Clubs, in denen der DJ eine „künstlerische Leistung“ erbringe. Daher könne er sich vorstellen, dass auch andere Clubs von dem Urteil profitieren könnten. „Elektronische Musik in Berlin hat Weltniveau – nicht nur im Berghain“, sagte Leichsenring. Es gebe 112 Clubs in Berlin – und ein Drittel davon lade ähnliche DJs von vergleichbarer künstlerischer Qualität ein wie das Berghain.

Eine Sprecherin des Finanzgerichtes sagte dagegen, es handele sich um eine „klare Einzelfallentscheidung“ – was auch der zuständige Richter deutlich gemacht hatte.

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