Regierungsbildung in Brandenburg: „Vernunft vor Ideologie“
Die Regierungsbildung in Brandenburg könnte schwierig werden. Im Interview erklärt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), wie er eine Koalition schmieden will.
Brandenburgs neue Regierung muss in drei Monaten stehen, sonst gibt es Neuwahlen. Wie wollen Sie das schaffen, Herr Woidke?
Ich lade alle Fraktionen – außer der AfD – zu Sondierungsgesprächen ab Donnerstag ein. Dann will ich zügig, aber auch mit der dringend notwendigen Sorgfalt, vorankommen. Entscheidend ist, dass Brandenburg eine stabile und gute Regierung bekommt. Dabei geht es nicht nur um Inhalte, sondern dass man auch menschlich gut miteinander kann und man sich vertrauen kann. Das hat in der letzten Regierung meist gut geklappt. Dafür habe ich Christian Görke ausdrücklich gedankt.
Sie wollen eine Koalition der Vernunft?
Na klar. Alles andere wäre ja wohl widersinnig. Oder andersrum: Bei mir kommt Vernunft vor Ideologie. Handeln vor Quatschen.
Kenia mit CDU und Grünen hätte eine solide Mehrheit. Doch in der CDU rumort es bereits, gerät Parteichef Ingo Senftleben unter Druck. Wie sehen Sie das?
Ich habe bereits vor Schließung der Wahllokale am Sonntag mit ihm telefoniert, als das Ergebnis absehbar war. Die Demokratie und Brandenburg haben nichts davon, wenn sich ein potenzieller Koalitionspartner selbst zerfleddert. Eine CDU-Schlachteplatte wie in früheren Zeiten wäre kein schönes Bild. Aber das muss die Partei klären.
Ist Rot-Rot-Grün mit nur einer Stimme Mehrheit überhaupt noch eine Option?
Alles, was gut ist für Brandenburg, ist eine Option. Und wie gesagt: Mit den Linken gab es eine gute Kooperation, abgesehen von einzelnen Hakeleien.
Sie werden mit den Grünen regieren müssen, trotz vieler Gegensätze. Können Sie über Ihren Schatten springen, Herr Woidke?
Ich kenne die Protagonisten von Bündnis 90/Grüne sehr gut. Ich schätze sie als ernstzunehmende Gesprächspartner. Und ich weiß, was geht und was nicht. Im Vergleich zu den Umfragen noch vor Kurzem ist das tatsächliche Wahlergebnis sehr überschaubar.
Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus, dass die AfD zweitstärkste Kraft im Land ist, 15 Wahlkreise direkt gewann?
Die AfD ist dort am stärksten, wohin die meisten öffentlichen Mittel fließen werden: in die Lausitz. Die Region hat Chancen wie nie zuvor. Ich habe dafür mit guten Partnern hart und lange gekämpft. Mit der AfD würde dort inhaltlich gar nichts laufen – ganz im Gegenteil. Und ich muss gestehen: Ich bin da etwas ratlos, aber ich mache weiter für ein starkes Brandenburg und eine starke Lausitz, werde weiterhin durch das Land touren und mit den Menschen reden. Und ich bin sicher: Wenn sie erkennen, dass konkret etwas geschieht, wird sich das Blatt dann wieder wenden. Wichtig ist mir auch, dass nicht alle AfD-Wähler pauschal als Rechtsextremisten-Wähler abgestempelt werden. Aber es ist beängstigend, wie viele diesen Rabauken ihre Stimme geben.
Nicht wenige haben nur notgedrungen SPD gewählt, um einen AfD-Sieg abzuwenden. Was wollen Sie tun, damit Sie und die SPD diese Enttäuschten nicht endgültig verlieren?
Arbeiten für ein starkes Brandenburg. Und dafür, dass das, was erreicht wurde, bei den Menschen auch sichtbar ankommt. Von guten Kitas und Schulen über Gesundheitsversorgung im ganzen Land und ausgebauten Nahverkehr bis zu Mobilfunk und schnellem Internet.