Berliner Flughafendebatte: Taktische Einigkeit im Streit um TXL
Die Flughafen-Gesellschafter bekennen sich zum Konsens – und zu dessen Veränderbarkeit. Das muss nicht schlecht sein. Ein Kommentar.
Wer die Ergebnisse politischer Debatten nur nach den Kriterien von Sieg oder Niederlage bewertet, kommt zwar ohne große Anstrengung zu plakativen Äußerungen, wird aber nicht immer der Wahrheit gerecht. Das hat gerade die Versammlung der Flughafengesellschafter in Potsdam gezeigt, von der viele Beobachter vorher eine massive Konfrontation zwischen dem Bund auf der einen und Berlin und Brandenburg auf der anderen Seite erwartet hatten.
Im Gegensatz dazu stand die dreistündige Konferenz am späten Mittwochabend jedoch offenbar unter der gemeinsamen Zielvorstellungen, nicht mit einem neuerlichen Dissens auseinander gehen zu wollen. Für die Ernsthaftigkeit der Diskussion sprach nicht nur die Dauer, sondern vor allem das in drei knappen Punkten zusammengefasste Konferenzergebnis.
Eine Änderung des Konsensbeschlusses ist nicht vom Tisch
Wenn sich die drei Gesellschafter einig sind, dass sie den Konsensbeschluss zur Flughafenplanung von 1996 gemeinsam beschlossen haben und nur gemeinsam ändern können, heißt das im Klartext: Alle stehen zu der Abrede, dass Tegel sechs Monate nach der Eröffnung des BER geschlossen wird – aber keiner der drei schließt aus, dass man den Beschluss gemeinsam ändern kann.
Damit ist Alexander Dobrindt, als Verkehrsminister Sprecher des Bundes, zu seinem Votum für eine Offenhaltung von Tegel auf vorsichtige Distanz gegangen – seine Änderungsideen sind, das sagt er nun klar, unter dem Vorbehalt der rechtlichen Möglichkeiten zu sehen. Und Matthias Kollatz-Ahnen, als Finanzsenator der Vertreter Berlins, bestätigt jene grundsätzliche Gesprächsbereitschaft der Landesregierung, die sein Chef, Michael Müller, bereits in einem Interview mit dem Tagesspiegel angedeutet hatte: Natürlich muss man das Ergebnis des Volksentscheides am 24. September abwarten und beachten. Deshalb kommt das Thema ja auch wieder auf die Tagesordnung des Aufsichtsrates bei den nächsten Sitzungen im September und November.
Lütke Daldrup entkräftet den Vorwurf der Engpässe am BER
Zur Beruhigung hat nicht nur die Erkenntnis beigetragen, dass es bei einer Abstimmung zwischen drei Partnern selten klare Sieger oder Verlierer, aber meistens unversöhnliche Frontstellungen gibt – damit wäre aber niemand gedient. Druck aus dem Kessel hat offenbar vor allem Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup durch die ausführliche Präsentation seines so genannten Masterplans zum weiteren Ausbau des BER genommen. Die Kapazitätserweiterung, die er planerisch offenbar gut belegte, entkräftet Dobrindts Vorwurf, der Flughafen habe keine überzeugende Lösung zur Überwindung der absehbaren Engpässe am BER.
Als Meister taktischer Finessen hatte sich der CSU-Mann freilich schon lange vor der Sitzung erwiesen. Indem er das Thema Tegel öffentlich immer wieder anspielte, signalisierte er der Berliner CDU und der Berliner FDP, dass das Offenhalten dieses Flughafens durchaus die Sympathien der bayerischen Unionsschwester habe. Und da die Wahrscheinlichkeit nicht ganz gering ist, dass die CSU auch einer künftigen Bundesregierung angehören könnte, ist das, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, für die Berliner Parteifreunde willkommene verbale Munition im Wahlkampf.
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