Berliner Flughafen-Debatte: Tegel-Eigner schließen Burgfrieden - bis nach der Wahl
Berlin, Brandenburg und der Bund vertagen den Streit um die Offenhaltung des alten Flughafens. Auffällig ist, was Alexander Dobrindt nicht mehr sagt.
Erst kurz nach Mitternacht traten die Herren in Potsdam vor die Presse, Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD): Über drei Stunden hatte der nächtliche Tegel-Krisengipfel der BER-Eigner Berlin, Brandenburg und Bundes gedauert, der wegen der umstrittenen Forderungen Dobrindts nach einem dauerhaften Weiterbetrieb des Flughafens Tegel parallel zum BER von Berlin und Brandenburg einberufen worden war.
Das Ergebnis? Gesichtswahrende Eintracht nach außen. Die drei Eigentümer der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) zeigen sich einig darin, dass sie 1996 gemeinsam beschlossen haben, den Luftverkehr der Hauptstadtregion am neuen Airport in Schönefeld zu konzentrieren.
Und sie sind sich einig, die von Dobrindt befeuerte Tegel-Debatte bis zur Novembersitzung des Flughafenaufsichtsrates zu vertagen – und damit nach den aussichtsreichen Berliner Volksentscheid für einen Fortbestand des Berliner City-Airports. Das ist in der Erklärung diplomatisch formuliert: „Im Rahmen der Aufsichtsratssitzung im November 2017 werden die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Diskussion um den Flughafen Tegel beraten.“ Das wäre eine Premiere im Aufsichtsrat.
Auch Dobrindt bekennt sich zu Konsensbeschluss von 1996
Auffällig war, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der mitternächtlichen Pressekonferenz im Foyer des Potsdamer Finanzministeriums erstmals sein Plädoyer für zwei Flughäfen in der Hauptstadtregion zunächst nicht mehr wiederholte. Und genauso auffällig war, dass weder Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), noch Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen den Bundesverkehrsminister für seinen Vorstoß kritisierten.
Dabei hatte Dobrindt noch unmittelbar vorher vor Journalisten seine Position bekräftigt, dass man angesichts des rasanten Passagierwachstums der Berliner Flughäfen und der Kapazitätsprobleme am BER neu nachdenken müsse, und Tegel als Option zu einer umfassenden Prüfung gehöre. Allerdings hatte Dobrindt schon da etwas eingelenkt. Er betonte, dass auch der Bund zum gemeinsam getroffenen Konsensbeschluss der drei Eigner von 1996 stehe, der nur gemeinsam geändert werden könne.
Und genauso lautet auch der erste Punkt der abgestimmten, salomonischen Erklärung der drei Flughafen-Gesellschafter, die FBB-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider nach der Sitzung verlas: „Die Gesellschafter Brandenburg, Berlin und der Bund sind sich einig, dass sie den Konsensbeschluss von 1996 gemeinsam getroffen haben und nur gemeinsam ändern können.“ Es ist eine Formulierung, mit der auch Dobrindt leben kann. Ein kategorisches Nein, dass dieser Beschluss auf keinen Fall geändert wird, hätte anders formuliert werden können. Dobrindt selbst sprach von einem „guten Termin“, und er sprach sich sogar für eine Wiederholung von Gesellschaftertreffen in diesem Rahmen aus, ehe er nach Berlin zurückrauschte.
Eigentümer erwarten offenbar erfolgreichen Volksentscheid
In der Sitzung der BER-Eigner hatte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup die bisherigen, ersten Eckpunkte des Masterplans der Flughafengesellschaft vorgestellt, wie der Flughafen (ausschließlich) in Schönefeld erweitert werden soll, um bis 2040 dort 55 Millionen Passagiere abfertigen zu können. Bislang können im alten Schönefelder Terminal rund zwölf Millionen Fluggäste pro Jahr abgefertigt werden, am künftigen BER nach Angaben der Flughafengesellschaft 22 Millionen Passagiere, kaum mehr als jetzt in Tegel.
Der Druck wächst also, denn schon 2017 werden in Tegel und Schönfeld/Alt rund 35 Millionen Passagiere starten und landen, und jedes Jahr kann die Hauptstadt weitere Zuwächse erwarten. Lütke Daldrup setzt allein auf Schönefeld, wie er vor Journalisten bekräftigte. Er erklärte, dass die Flughafengesellschaft aus „wirtschaftlichen und juristischen Gründen zum Konzept des Single-Airports steht, wie es die Gesellschafter vor zwanzig Jahren beschlossen haben.“
Und trotzdem steht Tegel zur Wiedervorlage. Offensichtlich gehen alle Beteiligten davon aus, dass der Berliner Volksentscheid erfolgreich sein wird. Zitat der Erklärung: „Im Rahmen der Aufsichtsratssitzung im November 2017 werden die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Diskussion um den Flughafen Tegel beraten.“ Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) legte allerdings Wert auf den Hinweis: Das Land Berlin habe die Bereitschaft erklärt, die rechtlichen Prüfungen, die man ja wegen des Volksbegehrens ohnehin mache, allen zur Verfügung zu stellen.
Einberufen hatte nicht er die Krisensitzung, sondern Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), obwohl Tegel in Berliner Hoheitsgebiet fällt. Görke zeigte sich jedenfalls zufrieden mit dem Ergebnis und „überrascht“ über das „einvernehmliche Atmosphäre“, wie er sagte: „Wir haben Egoismen zurückgestellt.“
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