Wölfe in Brandenburg: Streit um den Umgang mit den Wölfen
Landwirte und Schäfer klagen über gerissene Tiere und demonstrieren. Naturschutzverbände fordern weniger Bürokratie.
Im Brandenburgischen geht der Wolf um. Seit Jahren schon. Sogar vor den Toren Berlins wurde er schon gesichtet. Nun eskaliert der Streit, wie mit dem Tier umzugehen ist, wie wild die Mark sein soll. Landwirte und Schäfer klagen über gerissene Tiere. Gregor Beyer, Geschäftsführer beim „Forum Natur“, einem Lobbyverband von Bauern und Jägern, bekommt jeden Tag mindestens einen Anruf aus den Weiten des Landes – wieder ein Tier vom Wolf getötet. Zum Jahreswechsel streifte ein Wolf durch das havelländische Rathonow, durch Vorgärten in der Nähe einer Grundschule. Im Wildpark Johannesmühle in Baruth (Teltow-Fläming) holten sich die Wölfe einen Damhirsch. Und nicht nur dort. Und dann gibt es diese Fotos: nur paar Knochen und Fellfetzen, oder ausgeweidete Lämmer.
Reinhard Jung vom Bauernbund Brandenburg warnt vor einem „absehbaren ökonomischen Niedergang der Weidetierhaltung in Brandenburg“. Schuld tragen für ihn diejenigen, „die mit blindem Eifer die Ausbreitung eines gefährlichen Raubtiers in unserer Kulturlandschaft betreiben“. Tatsächlich ist die Zahl der Wölfe binnen zehn Jahren rasant gestiegen.
Seit zehn Jahren wieder Wölfe
Erstmals seit der Ausrottung im 19. Jahrhundert siedelte sich ein Wolfspaar 2007 im Südosten das Landes an. 2009 wuchsen hier erstmals seit mehr als einem Jahrhundert wieder Wolfswelpen in Brandenburg auf. Inzwischen gibt es im Land 21 Rudel mit etwa 200 Tieren. Das ist fast die Hälfte des gesamten Bestandes deutschlandweit.
Den Landwirten wird das zu viel. Am Freitagabend wurde auf neun Höfen Wolfswache gehalten. Mit der Fackel in der Hand wollte er in der Nacht über um die Koppel ziehen, sagte Lobbyist Beyer am Freitag. Wobei es mehr Demonstration als Wache ist. Die Verbandschefs der Schäfer, Bauern und Jäger kommen, Umwelt- und Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat sich angekündigt. Er beklagt, „dass noch nicht bei allen angekommen ist, dass sich die Situation immer weiter zuspitzt und die Kosten für Prävention und Entschädigung aus dem Ruder zu laufen drohen“. Der Minister will nun den Schutzstatus für den Wolf aufweichen. Bislang ist das Tier nach EU-Recht streng geschützt, allerdings unter der Annahme, dass ihre Zahl nicht ausreichend für den Erhalt ist.
Die Naturschutzverbände Nabu und Bund protestierten dagegen vor dem Landtag in Potsdam. Sie werfen Vogelsänger vor, dass die Förderprogramme für Schutzzäune und Herdenschutzhunde sowie die Entschädigungsverfahren zu langwierig sind. Und für Problemwölfe hätte längst eine Abschussverordnung erlassen werden können. Ohnehin sei die Zahl gerissener Tiere im Vergleich zu natürlich sterbenden Weidetieren verschwindend gering. Gregor Beyer hält dagegen: „Wir leben in einer Kulturlandschaft, nicht in der Wildnis.“ In Finnland, elfmal größer als die Mark, lebten ebenfalls 200 Wölfe. „Doch dort gibt es ein Management. 2016 wurde die Tötung von 37 Wölfen erlaubt.“