Wölfe in Deutschland: Der "Problemwolf" Pumpak ist seit seiner Abschussgenehmigung verschwunden
Kaum war „Pumpak“ zum Abschuss freigegeben, ließ er sich in der Lausitz nicht mehr blicken. Die Behörden überlegen, den Schutzstatus der Tiere generell abzuschwächen.
Fast hunderttausend Menschen haben sich für ihn eingesetzt und die Online-Petition „Pumpak muss weiterleben“ unterschrieben. Ob Pumpak noch lebt, darüber wird gegenwärtig nicht nur in der Lausitz gerätselt.
Denn der aus Polen stammende Wolf wurde seit mehr als fünf Wochen nicht mehr gesehen. Zuvor war er seit Herbst 2016 fast täglich in Dörfern an der brandenburgisch-sächsischen Landesgrenze gesichtet worden. Der Rüde hatte sich Futter auf Komposthaufen gesucht und dabei nicht einmal Äpfel verschmäht. Sogar an einem frisch gebackenen Kuchen, den eine Frau zum Auskühlen vor ihre Terrassentür gestellt hatte, soll sich Pumpak, was auf Polnisch so viel wie „der Fette“ bedeutet, gütlich getan haben.
Pumpak, ein Problemwolf?
Da er so gar keine Scheu vor Menschen zeigte, wurde Pumpak als „untypisch“ oder gar als „Problemwolf“ eingestuft. Und Mitte Januar schließlich zum Abschuss freigegeben. Weil die erst seit wenigen Jahren wieder in Deutschland lebenden Wölfe als besonders schützenswerte Tiere gelten, bedarf es dazu einer Ausnahmegenehmigung, die das Landratsamt Görlitz als zuständige Untere Naturschutzbehörde in Abstimmung mit dem Sächsischen Umweltministerium erteilt hatte.
Als hätte er von der Abschussgenehmigung gewusst
Dessen Sprecher sagte dem Tagesspiegel, das Verhalten des Wolfs gegenüber Menschen sei unkalkulierbar und könnte beispielsweise für Kinder eine Gefahr darstellen. Deswegen sollte er von beauftragten Jagdberechtigten geschossen werden. Doch just von jenem Zeitpunkt an wurde Pumpak, der wahrscheinlich als Welpe von Menschen angefüttert wurde und deshalb seine Scheu verloren hat, nicht mehr gesehen.
Dabei hätten die Jäger im frischen Schnee keine Probleme gehabt, ihn ausfindig zu machen. Woche um Woche verging. Der Wolf kam nicht wieder, als ob er von der Abschussgenehmigung erfahren hätte. Eine sächsische Boulevardzeitung witzelte sogar: „Kann Pumpak etwa lesen?“
Ein ähnlicher Fall in Rathenow
Aber dann müsste der Wolf jetzt eigentlich wieder auftauchen, denn die zeitlich befristete Abschussgenehmigung ist inzwischen ausgelaufen. „Eine neue wurde nicht beantragt, da der Wolf ja nicht mehr in der Nähe von Menschen gesehen wurde“, sagte ein Sprecher des Sächsischen Landwirtschaftsministeriums am Mittwoch dem Tagesspiegel.
„Das Tier ist verschwunden, was verschiedene Ursachen haben kann. Vielleicht ist Pumpak nach Polen zurückgekehrt, vielleicht ist er überfahren oder illegal geschossen worden oder einfach nur im Wald tot umgefallen.“ Allerdings würde man das Tier, wenn man es fände, durchaus identifizieren können, da genetisches Material von ihm vorliegt, sagte der Sprecher.
Eine ähnliche Situation hatte es im Dezember vergangenen Jahres auch im westbrandenburgischen Rathenow gegeben. Auch hier hatte sich ein Wolf – manche sprechen von mehreren Tieren – in die Nähe von Häusern und Menschen gewagt. Als er sogar auf dem Gelände einer Kita (die Kinder waren im Gebäude) gesichtet wurde, erteilte das zuständige Umweltamt die Genehmigung zur „Entnahme“ des Wolfs. Das hätte in letzter Konsequenz auch seine Tötung bedeuten können, womit aus Sicherheitsgründen sogar der Naturschutzbund (Nabu) einverstanden war.
Mehr als 100 Wölfe in 22 Rudeln
Doch auch dieses Tier verschwand plötzlich und wurde bis heute nicht mehr gesehen, wie der Sprecher des brandenburgischen Umweltministeriums, Jens-Uwe Schade, dem Tagesspiegel bestätigte. Man habe allerdings aus dem Vorfall Konsequenzen gezogen. So soll auf den in den kommenden Wochen stattfindenden Konferenzen zur Weiterentwicklung des Wolfsmanagements im Land Brandenburg auch darüber debattiert werden, was ein „artuntypisches Verhalten“ von Wölfen ist und ob die Tiere weiterhin den höchsten Schutzstatus behalten sollen.
Als dieser festgelegt wurde, galten Wölfe in Deutschland praktisch als ausgestorben, sagte Schade: „Inzwischen leben allein in Brandenburg wohl mehr als 100 Tiere in etwa 22 Rudeln. Da muss einiges neu überdacht werden.“
Dazu gehören vor allem die Präventionsrichtlinien. Bislang können Tierhalter, die beispielsweise Zäune zum Schutz ihrer Herden vor Wölfen bauen oder spezielle Herdenschutzhunde anschaffen, entsprechende Zuschüsse nur einmal im Jahr beantragen. Das soll sich ändern.
Wölfe bedrohen die Viehwirtschaft
Zum Schutz von Weidetieren hat das Brandenburger Umweltministerium von 2008 bis Ende 2015 Maßnahmen wie den Bau von wolfssicheren Zäunen in Höhe von 597.275 Euro unterstützt. Für 2016 sind 15 Anträge in Höhe von 200.000 Euro bewilligt worden.
Schäden durch Wölfe bei Nutztieren wurden in den vergangenen zehn Jahren mit 126.097 Euro ausgeglichen. Aber durch die steigende Zahl der Wölfe erhöhen sich auch die Risse von Schafen oder Kälbern. Und Kritiker sind schon länger der Ansicht, dass man schließlich nicht jedes einzelne Freilandrind rund um die Uhr bewachen könne.
Polen gegen den Abschuss
Naturschützer weisen hingegen auf den großen ökologischen Nutzen durch die Wiederkehr der Wölfe hin. Das Thema wird jedenfalls sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen weiterhin kontrovers diskutiert werden. Im Fall Pumpak hatte es übrigens fast zu diplomatischen Verwicklungen geführt, weil polnische Wolfsforscher und auch die Landrätin der Grenzstadt Zgorcelec, Urszula Ciupak, die Abschussgenehmigung kritisierten.