Staatliche Internationale Schule Berlin: Staatssekretär Rackles verliert den Überblick
Berlins neue Internationale Schule soll ins frühere Kleist-Gymnasium ziehen. Dort leben noch immer über 200 Flüchtlinge. Das ist der Schulbehörde offenbar entgangen: Sie verweist auf das zuständige Landesamt.
Es reicht, bei Tempo 30 am ehemaligen Heinrich-von-Kleist-Gymnasium in Moabit vorbeizufahren, um eines deutlich zu sehen: Unter dem alten Schriftzug des Schulnamens hängt ein großes Banner der Johanniter. Man könnte aber auch die Sicherheitsleute am Eingang fragen; oder direkt bei der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. anrufen; oder die Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) kontaktieren. Das Ergebnis wäre immer dasselbe: Ja, es wohnen noch über 200 Asylbewerber im leergezogenen Schulhaus. Genau wie in den vergangenen Jahren. Und die Johanniter sind die Betreiber der Notunterkunft.
Was so einfach klingt, stellt für die Senatsverwaltung für Bildung offenbar eine übergroße Hürde dar. Jedenfalls lässt sich das vermuten, wenn man die jüngste Antwort auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Claudio Jupe liest.
Planungs-Chaos von Anfang an
In dieser noch nicht veröffentlichten, doch dem Tagesspiegel vorliegenden Antwort schreibt Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) auf Jupes Frage, ob seine Behörde bei der Suche nach einem Standort für die geplante 2. Staatliche Internationale Schule Berlin (SISB) vorangekommen ist, dass die Schule im ehemaligen Kleist-Gymnasium einziehen soll, wo "die Zwischennutzung als Flüchlingsunterkunft mittlerweile beendet ist". Mehr noch: „Die Einpassungsplanung konnte abgeschlossen werden; für den Aus- und Umbau des Gebäudes wurden im Rahmen des anhängigen Planaufstellungsverfahrens bereits Mittel eingestellt“, heißt es weiter in der Antwort des Staatssekretärs.
Die im Hinblick auf die Flüchtlingsbelegung eindeutig falsche Auskunft des Staatssekretärs wirft ein bezeichnendes Licht auf die gesamte Planung der von vielen Eltern erhofften neuen Schule: Obwohl die Gründung schon im Jahr 2013 beschlossen worden war, wurde sie erst im Herbst 2016 offiziell vollzogen, und erst in diesem Sommer soll eine erste Klasse mit 22 Schülern eröffnet werden.
Rackles: Die Fehler haben andere gemacht.
Rackles sieht die Verantwortung für die „Verzögerung durch die Zwischennutzung als Notunterkunft“ allerdings nicht bei seiner Behörde, sondern beim ehemaligen Sozialsenator Mario Czaja (CDU), wie er im März in der Antwort auf eine andere Anfrage Jupes schrieb. Wobei Rackles offenbar nicht gelten ließ, dass die Flüchtlingswelle dazwischenkam, die kaum Spielräume für das Freiziehen von Notunterkünften eröffnete. Aber auch Rackles fand offenbar keinen anderen geeigneten Schulstandort angesichts des allgemeinen Schulraummangels.
Die Bildungsverwaltung versuchte in der Zwischenzeit dennoch einen bescheidenen Anfang, zunächst unter dem Mantel der Staatlichen Internationalen Nelson-Mandela-Schule, in Wilmersdorf Klassen einzurichten – in der Babelsberger Straße, nicht weit von der Mandela-Schule. Inzwischen steht fest, dass die dort bereits eingerichteten Klassen bei der Mandela-Schule bleiben und nicht der Neugründung zugeschlagen werden. Erst die im September 2017 startende Klasse soll irgendwann in die Levetzowstraße nach Moabit umziehen und bleibt bis dahin in der Babelsberger Straße. Die Johanniter rechnen damit, dass die Notunterkunft vor Jahresende aufgegeben wird. Dann könnte saniert werden.
Antworten gibt es trotzdem nicht
Die Frage, wann die in der Babelsberger Straße startenden künftigen Schüler nach Moabit umziehen, kann die Bildungsbehörde bislang ebenso wenig beantworten wie die Frage nach den Kosten des Umbaus: "Bezüglich Dauer und Kosten des Umbaus und ab wann die Nutzung als neue SISB stattfinden kann" wurde auf die BIM verwiesen, die dazu aber ebenfalls noch "keine Angaben" machen kann.
Und die Bildungsverwaltung blieb die Erklärung dafür schuldig, warum die Behörde ihrem Staatssekretär die falsche Angabe über den angeblich bereits erfolgten Auszug der Asylbewerber in die Antwort auf Jupes Anfrage schrieb. Stattdessen verwies Sprecherin Beate Stoffers im Hinblick auf die Flüchtlingsbelegung auf das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheit, denn die Bildungsverwaltung habe mit dem Gebäude "derzeit noch nichts zu tun".
Fest steht nur eines: Der Schulbetrieb des Kleist-Gymnasiums am Standort Levetzowstraße endete im Sommer 2012, als die Schule mit dem Menzel-Gymnasium zum „Gymnasium Tiergarten“ fusionierte. Noch erinnert vieles an das Schulleben des 1918 gegründeten Kleist-Gymnasiums: Selbst das Schwarze Brett hängt noch – mit Tipps und Terminen für die Flüchtlinge.
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