Stadtautobahn Berlin: Sozialdemokraten wollen Tempo 60 durchsetzen
Der Mobilitätsausschuss der SPD will Tempo 60 auf der Stadtautobahn durchsetzen. Das dürfte schwierig werden.
Um Tempo 100 auf der Avus gab es 1989 einen erbitterten Streit. Am Ende führte die damalige rot-grüne Koalition aus SPD und Alternativer Liste das Limit ein. Jetzt wollen die Sozialdemokraten noch einen Schritt weiter gehen: Zumindest abschnittsweise soll auf der Stadtautobahn die zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h reduziert werden. Dies hat jetzt der Fachausschuss Mobilität der SPD zur Aufnahme ins Wahlprogramm der Partei vorgeschlagen.
Das langsamere Fahren soll vor allem den Lärm verringern, der bei höherem Tempo entsteht. Tempo 60 soll deshalb dort gelten, wo Anwohner besonders betroffen sind. Bisher setzt der Senat auf Lärmschutzwände; für mehrere Abschnitte der Stadtautobahn gibt es dazu ein Programm. Dazu gehört auch der Einbau vom lärmmindernden Fenstern. Diese Maßnahmen sind jedoch teuer. Durch ein Verringern der Geschwindigkeit könne ein vergleichbarer Effekt ohne Kosten erreicht werden, argumentiert der Fachausschuss.
Tempo 60 müsse dabei nicht zwangsläufig dazu führen, dass sich die Fahrtzeit beim Autoverkehr verlängere, heißt es in dem Programm für eine „sozialdemokratische Mobilitätspolitik“ weiter. Die reduzierte Geschwindigkeit führe vielmehr zu einem gleichmäßigeren Fahren, was Staus vermeide. Zudem steige durch das langsamere Fahren die Sicherheit und man könne den Schadstoffausstoß vermindern. Zusätzliche Maßnahmen zum Lärmschutz solle es aber trotzdem geben.
Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) wollte sich zu den Ideen seiner Genossen nicht äußern, auch bei der Klausurtagung am Sonntag war das zumindest offiziell kein Thema. Sein Sprecher Martin Pallgen sagte, die Verwaltung mische sich in innerparteiliche Diskussionen nicht ein. Sie führe aus, was das Abgeordnetenhaus beschließe. Und mit Tempo 60 auf der Autobahn haben sich die Abgeordneten noch gar nicht beschäftigt.
Weiterbau der A 100
Ein Limit von 60 km/h auf der Stadtautobahn, angeordnet zum Lärmschutz, ist allerdings auch juristisch schon einmal gescheitert. Nach Klagen musste es vor Jahren auf der Avus im Bereich Nikolassee wieder aufgehoben werden.
Spannend wird es auch beim Weiterbau der A 100. Kurz nach seiner Nominierung zum Senator hatte Geisel Ende 2014 erklärt, der besonders umstrittene 17. Abschnitt der Stadtautobahn vom Treptower Park zur Frankfurter Allee werde gebaut. Im Vorschlag des Fachausschusses heißt es dagegen: „Den 17. Bauabschnitt der A100 lehnen wir ebenso ab wie den Ringschluss“, den Geisel zumindest zu Beginn seiner Amtszeit noch vorantreiben wollte. Allerdings hat sich die Fraktion – gemeinsam mit dem Koalitionspartner CDU – bereits für den Weiterbau ausgesprochen. Am Schluss legt aber wieder ein Landesparteitag den Kurs fest.
Und bereits der 16. Abschnitt vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park, der derzeit in Bau ist, ließ sich in der Partei nur mühsam durchsetzen. Erst im zweiten Anlauf hatte der Landesparteitag – mit knapper Mehrheit – dem Bau auf Druck des damaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit zugestimmt.
Die Genossen im Fachausschuss erinnern jetzt daran, dass die Zustimmung zum Weiterbau der Autobahn mit Auflagen verbunden war: den Rückbau von Straßen, die als Verbindungsachsen fungieren, weiteren Parkraumbewirtschaftungszonen und einem Ausbau des Straßenbahn-Netzes vor allem im Westteil der Stadt. Umgesetzt ist davon bisher fast nichts – obwohl der Beschluss bereits im Sommer 2010 gefasst worden war.
Immerhin: Geisel hat angekündigt, die Straßenbahn weiter ausbauen zu wollen. Konkrete Planungen gibt es derzeit für das Fortführen der Gleise vom Hauptbahnhof zur Turmstraße und für das Verlegen der Gleise am Ostkreuz näher ran an den Bahnhof. Auch in Adlershof sind die Pläne weit fortgeschritten, um von dort die Lücke bis zum S-Bahnhof Schöneweide schließen zu können. So kann der Weiterbau der Stadtautobahn auch den Ausbau des Straßenbahn-Netzes voranbringen.