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Raus und gut? Kinder dürfen in den nächsten Wochen auch nicht mehr auf Spielplätzen spielen – und auch sie sollen soziale Kontakte meiden.
© Kitty Kleist-Heinrich

Kita zu, Spielplatz vor Sperrung: So schwierig ist Kinderbetreuung in Zeiten des Coronavirus

Am Dienstag beginnt der Notbetrieb der Kitas in Berlin. Die Stadt will außerdem die Spielplätze sperren. Für viele Eltern wird das zum Riesenproblem.

Heute beginnt der nächste große Umbruch, die Änderung des Alltags wird sich nochmal dramatisieren: Denn nicht bloß alle Schulen sind von diesem Dienstag an geschlossen, auch die Kitas schalten auf Notbetrieb.

Damit stellt sich für die Eltern von mehreren hunderttausend Kindern die Frage: Wie stelle ich die Betreuung meiner Töchter und Söhne sicher? Für einen Teil der Bevölkerung ist das Problem gelöst. Die Notbetreuung kann von Eltern in Anspruch genommen werden, die in systemrelevanten Berufen arbeiten und keine andere Möglichkeit einer Kinderbetreuung organisieren können.

Der Senat hat sich dabei unter anderem auf folgende anspruchsberechtigte Berufsgruppen verständigt: Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen, Justizvollzug, Krisenstabspersonal, Betriebsnotwendiges Personal von BVG, S-Bahn, BWB, BSR, weiterer Unternehmen des ÖPNV sowie der Ver- und Entsorgung, Energieversorgung, betriebsnotwendiges Personal im Gesundheitsbereich (insbesondere Ärzte, Pflegepersonal und medizinische Fachangestellte, Reinigungspersonal, sonstiges Personal in Krankenhäusern, Arztpraxen, Laboren, Beschaffung, Apotheken), betriebsnotwendiges Personal im Pflegebereich, betriebsnotwendiges Personal und Schlüsselfunktionsträger in öffentlichen Einrichtungen und Behörden von Bund und Ländern, Senatsverwaltungen, Bezirksämtern, Landesämtern und nachgeordneten Behörden, Jobcentern und öffentlichen Hilfsangeboten und Notdiensten sowie Personal, das die Notversorgung in Kita und Schule sichert – und auch Mitarbeiter von Supermärkten.

Wer darf noch mit wem spielen?

Damit werden rund 30.000 Kinder in den Kitas betreut. Was machen die anderen Eltern? Vor allem: Welche Kinder dürfen denn noch miteinander spielen? Christian Drosten, derzeit omnipräsenter Leiter des Instituts für Virologie an der Charité, hatte in einem Tweet gewarnt: „Kinder von kritischen Berufsgruppen in Notbetreuung nicht neu gruppieren. Hierdurch entstehen neue primäre und sekundäre Kontaktnetzwerke (Eltern). Die Infektion wird dadurch befeuert.“

[Was in Berlin zu und gesperrt ist, wie der Regierende die Stadt auf die kommenden Wochen einstimmt – und die aktuellsten Zahlen zu den Infizierten. Das lesen Sie hier im Coronavirus-Blog für Berlin]

Befeuert wird dadurch aber auch die Diskussion, was das denn in der Praxis für spielende Kinder bedeutet. Dass in einer Kita die Kinder nicht durcheinander gewürfelt werden sollen, ist einleuchtend und wird von der Senatsbildungsverwaltung auch so befolgt. Aber es gibt auch Kinder, die nicht zusammen in einer Kita sind, die aber außerhalb dieses Betreuungsraums normalerweise miteinander spielen. Oder es gibt die Mütter und Väter, die Kinder ihrer berufstätigen Freunde aufnehmen und diese damit entlastet. Dürfen diese Kinder noch miteinander spielen?

Mehr Informationen zu Corona in Berlin

Die Antwort ist im Grundsatz ebenso einfach wie für viele Eltern unbefriedigend und frustrierend. „Generell sollen soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkt werden“, sagt Hannes Rehfeldt, Sprecher von Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU). „Da wird nicht zwischen Jung und Alt unterschieden, das Virus kennt keine Altersgrenze.“

Rehfeldt bezieht sich dabei auf die Empfehlung der medizinischen Experten. „Bei Kindern ist vor allem das Problem, dass sie andere Menschen anstecken. Bisher sind eher wenige Kinder selber krank geworden.“ Sicherheit gebe es nur, wenn man einen Abstand von ein bis zwei Metern einhalte. „Das ist die Distanz, die das Virus nicht überwinden kann.“

Allerdings stellt Rehfeldt auch klar, dass man niemandem das gemeinsame Spiel verbieten könne. Es seien alles nur Empfehlungen, mehr nicht. „Letztlich liegt es in der Selbstverantwortung jedes Einzelnen“, sagt er.

Berlin sperrt seine Spielplätze

Als erstes Bundesland hat Bayern am Montag das Betreten von Spielplätzen verboten, als Reaktion auf die steigende Zahl von Infizierten. Kurz darauf haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, Spielplätze in der ganzen Republik zu schließen. Dazu, wann genau die Maßnahme in Kraft tritt, hat sich die Berliner Landespolitik noch nicht geäußert. Rehfeldt zweifelt an solchen Sperrungen. „Dann muss ich auch die Wiese absperren, die neben dem Spielplatz liegt, und auf der die Kinder ansonsten spielen.“

Iris Brennberger, die Sprecherin der Senatsbildungsverwaltung, verweist auf die Selbstverantwortung. „Eltern und Familien sollen sich selbstverständlich weiter an alle Empfehlungen zur Corona-Prävention halten, die von der Gesundheitsverwaltung, dem Bundesgesundheitsministerium und dem Robert-Koch-Institut kommen. Diese Maxime gilt auch für den Aufenthalt auf Spielplätzen.“

Mehr Hintergrund-Informationen zum Coronavirus:

Die Leiterin einer großen Kindertagesstätte in Tempelhof hat am Montag um 8.13 Uhr die neuesten Anweisungen für den Notbetrieb erhalten. Wie so vieles in den vergangenen Tagen, in denen sich alles ständig ändert, erfolgten die Informationen kurzfristig. Die Leiterin muss jetzt in kurzer Zeit organisatorische Dinge erledigen.

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„Es ist eine Herausforderung“, sagt sie. Vor allem muss sie erstmal herausfinden, welche ihrer Eltern überhaupt Anspruch auf eine Notbetreuung haben. Alle Eltern haben Informationszettel erhalten, auf denen sie ihre persönlichen Daten eintragen. „Ich habe ihnen Zeit bis Dienstag zehn Uhr gegeben“, sagt die Leiterin. Nach dem Bedarf richtet sich dann der Dienstplan, davon hängen aber auch die Bestellungen beim Caterer ab, außerdem müssen das Reinigungspersonal und die Wäscherei entsprechend beauftragt werden.

In ihrer Kita sieht die Leiterin noch ein besonderes Problem: „Wir haben viele Ärzte, Apotheker und Krankenschwestern unter unseren Eltern, also Menschen, die viel Kontakt mit Menschen haben, die möglicherweise infiziert sind. Gut möglich also, dass so über die Kinder das Virus zu uns kommt.“

Wenn sie einen Coronavirus-Fall in ihrer Kita hat, egal ob Kind oder ein Erwachsener, muss sie das Gesundheitsamt informieren. Sollte die Behörde die Kita schließen, stünde die Leiterin vor dem nächsten Problem: Was passiert mit den Kindern? Kommen die in Quarantäne? Oder in eine andere Kita? Eher nicht. „Dazu habe ich gar kein Recht.“ In so einem Fall, sagt Iris Brennberger, „wird das mit dem Träger in Rücksprache mit unserem Haus geklärt.“

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