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Die Regel und die Ausnahme. Ein gut ausgeleuchteter Park? Da muss man in Berlin lange suchen.
©  Doris Spiekermann-Klaas

Tipps von der Polizei: So schützt man sich in den dunklen Nächten

Die langen Nächte haben Folgen für die Kriminalstatistik. Man kann sich schützen. Die Polizei gibt Tipps.

Es ist zwar kaum kälter als im Sommer, aber die Tage sind nicht mal halb so lang: Keine acht Stunden liegen zwischen Auf- und Untergang der Sonne. Wenig Zeit für jene, die Dunkelheit scheuen. Gerade in wenig belebten Gegenden fühlen sich viele unsicher: Senioren, Frauen, Partygänger. Für Letztere gründeten zwei junge Frauen vor zwei Jahren das „Heimwegtelefon“: Freitags und samstags von 22 bis 2 Uhr sollten ehrenamtliche Helfer erreichbar sein – damit man nicht allein unterwegs sein muss, sondern jemandem laufend seinen Standort nennen kann. Außerdem, so die Idee: Wer telefoniert, ist kein attraktives Ziel für Angreifer, weil er den potenziellen Zeugen schon vor der Tat am Ohr hat.

Das BVG-Kundenmagazin (Auflage: 300.000 Exemplare) berichtete über das Projekt, die Initiative „Start Social“ beriet die Macherinnen. Aber am vergangenen Wochenende ging niemand ans Telefon, und mehrere Anfragen des Tagesspiegels blieben unbeantwortet.

Das Ende einer guten Idee? Und schützt Telefonieren überhaupt davor, belästigt oder gar beraubt zu werden? Passiert in der dunklen Jahreszeit überhaupt mehr als im Sommer? Christian Zorn ist der Richtige für solche Fragen. Der Hauptkommissar von der Zentralstelle für Prävention beim Landeskriminalamt wird erst mal grundsätzlich: Polizeistatistik und reale Kriminalität seien nicht dasselbe. Und nicht jede Straftat sei die, als die sie angezeigt werde.

Dunkle Monate sind gefährlicher

So erweise sich mancher Raub später als Erpressung, als Diebstahl in Tateinheit mit Körperverletzung – oder als Versicherungsbetrug. Außerdem müsse man sich vom Stereotyp lösen, dass ein Unbekannter einer wehrlosen Oma brutal die Handtasche entreißt. Solche Taten würden, weil besonders niederträchtig, zwar prominent. Aber oft spiele sich Raub zwischen Jugendlichen ab, in vielen Fällen sei Alkohol im Spiel.

Den Zahlen nach sind die dunklen Monate etwas gefährlicher: Im Sommer würden reichlich 400 Fälle pro Monat angezeigt, im Winter knapp 500, sagt Zorn. Demnach sei Raub kein so ausgeprägtes Saisondelikt wie Fahrraddiebstahl: Während im Sommer 3000 Räder pro Monat als verschwunden gemeldet würden, sinke die Zahl ab Oktober deutlich, erreiche im Januar mit etwa 1200 den Tiefpunkt und steige nach Ostern wieder kräftig.

Relativ sicher in Berlin

Bei Laubeneinbrüchen sei der Zyklus umgekehrt, sagt Zorn: Im Sommer schütze die soziale Kontrolle, im Winter locke die Einsamkeit in den Kleingartenkolonien. Und dann gebe es noch den Taschendiebstahl: 2000 Anzeigen im Monat seien normal, im Advent steige die Zahl um bis zu 20 Prozent. Die einfache Erklärung: Gedränge – in Geschäften, auf Weihnachtsmärkten, in Bahnen und Bussen.

Im Verhältnis zur Größe der Stadt zeigen die bis zu 500 angezeigten Raubtaten pro Monat für Zorn, dass man in Berlin relativ sicher unterwegs sei. Auch deshalb sei ein Hilfsangebot wie das „Heimwegtelefon“ problematisch: Es suggeriere eine Gefahr und schaffe neue Risiken.

Denn zum Telefonieren müsse man das Telefon herausholen, was einen „Tatanreiz“ biete und einen Anknüpfungspunkt, indem ein Täter beispielsweise fragt, ob er mal telefonieren dürfe. Wer einem – realen oder fiktiven – Gesprächspartner durchs Telefon Sätze sage wie: „Der soll sich nicht einbilden, dass er damit durchkommt“, signalisiere Entschlossenheit. Und die Frage: „Kommste gleich runter und bringst Bello mit?“ könne von potenziellen Räubern als Warnung aufgefasst werden, dass gleich ein Zeuge naht.

Lieber abhauen

Beides sei gut, aber Wachsamkeit und Körperspannung seien oft besser, sagt der Kriminalist. Also lieber dem Trupp im Park rechtzeitig ausweichen, als telefonierend hineinzulaufen. Und einen Punkt am Horizont fixieren, um Körperspannung herzustellen. Das sei für die Antennen des Räubers wichtig, denn es signalisiere Wehrhaftigkeit.

Wenn man doch angemacht werde, dann solle man klar sagen, dass man in Ruhe gelassen werden wolle, und die Kommunikation abbrechen: „Dem Räuber dumm zu kommen, ist ganz schlecht.“ Besser sei, abzuhauen, so lange es noch gehe, also bevor man das Messer oder die Faust vor sich habe.

Und wer zum Selbstschutz in unheimlichen Situationen doch telefonieren will, soll aus Zorns Sicht entweder einen Bekannten anrufen oder die Polizei – übers Bürgertelefon (4664 4664) oder über den Notruf, und „lieber einmal mehr als einmal zu wenig“. Im Ernstfall sollte man mit Profis zu tun haben, sagt der Profi.

Die Polizei veranstaltet Seminare zum Selbstschutz. Nächster Termin: 17. März, 18 Uhr. Anmeldung unter 4664 979 219.

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