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Vertagte Träume. Modedesignerin Evelin Brandt hatte ihren Laden im BER 2012 schon eingerichtet und Personal eingestellt.
© Mike Wolff

Geschäfte auf dem BER: Sieben Jahre Warteschleife und die Pleite immer im Nacken

Sieben Jahre Warteschleife: Am 8. Mai 2012 platzte die BER-Eröffnung. Wie geht es heute Unternehmern, die damals alles auf den Flughafen gesetzt haben?

Sieben Jahre sind vergangen. Am 8. Mai 2012 wurde die Eröffnung des Flughafens BER abgesagt. Manche Spuren haben sich bis heute verloren – wie die vieler junger Flugbegleiter, die 2012 extra von Spanien nach Berlin umgesiedelt waren. Oder die jener Frau, der die vertraglich garantierte Festeinstellung am neuen Großflughafen BER den Mut gab, mit zwei Kindern ein neues Leben in Berlin zu beginnen. Einige Firmen oder Restaurants gibt es inzwischen gar nicht mehr – aber noch immer ist der BER nicht eröffnet.

Und der Glaube daran ist nicht größer geworden. Das liegt weniger an dem sprichwörtlichen verflixten siebten Jahr, meint Bruno Pellegrini: „Es ist vielmehr einfach kaum zu fassen, dass der Flughafen auch 2019 noch nicht fertig sein wird.“ Der Berliner Gastronom hatte das Schild für sein auf 250 Quadratmetern geplantes Flughafenrestaurant schon bestellt. „Pellegrini, Gusto Italiano“ sollte da stehen.

Am Eröffnungstag wollte er für alle Gäste ein Gläschen Franciacorta ausgegeben, einen Spumante aus der Weinbauregion in der Provinz Brescia. 16 neu eingestellte Mitarbeiter hätten Häppchen mit Lachs, Kaviar und Schinken gereicht, doch es ist nie dazu gekommen.

Im Gegenteil: Pellegrini hat sein beliebtes Restaurant „Ana e Bruno“ in Charlottenburg aufgeben müssen. „Natürlich hat das auch etwas mit meinen Verlusten im Zusammenhang mit der geplatzten BER-Eröffnung zu tun“, sagt er. „Ich habe ja trotz aller Versprechen der Politiker nie eine Entschädigung erhalten.“

40 Quadratmeter in Tegel als Ausgleich

So hat Pellegrini alle technischen Geräte, die er bereits angeschafft hatte, verkaufen müssen, weil sie nur ein Jahr Garantie hatten. Die war aber schon abgelaufen, als er nach zähen Verhandlungen mit der Flughafengesellschaft endlich zum Ausgleich ein 40-Quadratmeter-Bistro am Flughafen Tegel einrichten durfte. Inzwischen sind es zwei kleine Gaststätten.

Und obwohl es dort – jedenfalls nach Pellegrinis Meinung – den besten Espresso überhaupt gibt, ließen sich die finanziellen Verluste auf Dauer nicht kompensieren. „Ich habe, um alles einzurichten und in Erwartung der Einnahmen am Großflughafen, natürlich Kredite aufgenommen“, sagt er: „Die mussten bedient werden, die Banken interessierte wenig, wer am BER-Desaster schuld war. Irgendwann habe ich mich entschieden, das Restaurant in Charlottenburg aufzugeben und mich auf den Flughafen zu konzentrieren.“ Auf Tegel wohlgemerkt.

"Haru-Reisen" gibt es nicht mehr

Auch Beatrice Posch, die am neuen Flughafen ihr Spielzeuggeschäft „Die kleine Gesellschaft“ betreiben wollte, hatte eine Ladenfläche in Tegel erhalten. Das sei zwar kein Ersatz für den zu bedienenden Kredit und die mehr als 6000 Euro gewesen, die sie allein für die Abbestellung von Waren bezahlt habe, sagt sie: „Aber wenigstens konnte ich die Verkäuferinnen, denen ich einen Vertrag versprochen hatte, doch noch für Tegel einstellen.“ Im Gegensatz zu Bruno Pellegrini musste sie ihre beiden anderen Verkaufsstellen in der Stadt nicht schließen.

Die Firma „Haru-Reisen“, die ab dem 3. Juni 2012 eine Schnellbuslinie von Steglitz zum BER eröffnen wollte, gibt es hingegen gar nicht mehr. Das habe aber nichts mit der geplatzten BER-Eröffnung zu tun, sagt Hans-Jörg Schulze, der ehemalige geschäftsführende Gesellschafter des Spandauer Busunternehmens. Zwar habe die Firma damals 800.000 Euro für drei spezielle Busse bezahlt und neue Mitarbeiter eingestellt, aber das konnte man irgendwie kompensieren.

Das Ende des Unternehmens erfolgte allerdings aus familiären Gründen. Für den erlittenen Schaden in Höhe von mindestens einer Viertelmillion Euro durch die geplatzte BER-Eröffnung habe man nie eine Entschädigung erhalten. „Wir hatten da schlechte Karten“, sagt Schulze: „Im Gegensatz zu den Händlern und Gastronomen besaßen wir ja keinen direkten Vertrag mit der Flughafengesellschaft.“

Ein Schaden von 400.000 Euro

Evelin Brandt besaß einen solchen Vertrag. Sie wollte im neuen Flughafen einen Laden auf knapp 70 Quadratmetern Verkaufsfläche eröffnen. Sie hatte ihn bereits fast komplett eingerichtet, Personal eingestellt, Waren produziert. Durch die kurzfristige Absage der Eröffnung waren ihr etwa 400.000 Euro Schaden entstanden. Trotzdem hatte Brandt lange gezögert, ob sie klagen sollte.

Erst als ihr klar wurde, dass es entgegen aller Versprechen auch vonseiten der Politik keinerlei Angebote zur Kompensation geben würde, ging sie vor Gericht. „Es hat eine Weile gedauert“, sagt sie: „Die ersten Angebote waren geradezu lächerlich. Aber im vergangenen Jahr habe ich dann einem Vergleich zugestimmt, der einigermaßen in Ordnung war.“

Vertreten wurde sie vom Karlsruher Anwalt Oliver Klein. „Frau Brandt ist nicht die einzige, die einen Vergleich erstritten hat“, sagt er. In einem Fall habe das Cottbuser Landgericht die Flughafengesellschaft zu Schadenersatz verurteilt, diese sei aber in Berufung gegangen, Nun entscheide das Oberlandesgericht.

Manche Unternehmer hätten mit einer Klage gezögert, weil sie befürchteten, dass sich das negativ auf ihre Verträge auswirken würde. „Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, sagt Klein. „Auch Evelin Brandt wird selbstverständlich ihren Laden bekommen, wenn der BER irgendwann eröffnet wird.“

Zu spät sei es noch nicht für eine Klage, sagt Klein. Die Verjährungsfrist habe nicht 2012, sondern erst 2016 mit Vorlage des Untersuchungsberichts zum BER begonnen. „Erst da wurde ja klar, dass die nicht erfolgte Eröffnung auf grobes Verschulden der Flughafengesellschaft zurückzuführen war.“

Ob die Gerichte das auch so sehen, bleibe abzuwarten, sagt der Anwalt. Für Menschen, die im Mai 2012 einen sicher geglaubten Arbeitsplatz verloren hätten wie die spanischen Flugbegleiter oder die Verkäuferin, könne man nichts tun. Anspruch auf Entschädigung hätten nur die Mieter. Zumindest Bruno Pellegrini überlegt ernsthaft, ob er nicht doch noch vor Gericht zieht – nach dem verflixten siebten Jahr.

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