Wohnungsmangel in Berlin: Senatorin unter Druck: Zahl der Baugenehmigungen bricht ein
Ein herber Rückschlag für den Berliner Senat: Im ersten Quartal 2018 gab es knapp ein Viertel weniger Baugenehmigungen. Die Opposition fordert Lompschers Entlassung.
Krasser Rückschlag für die Baupolitik des Senats: Im ersten Quartal dieses Jahres ist die Zahl der neu genehmigten Wohnungen um fast ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. Wie das Amt für Statistik mitteilt, erteilten die Bauämter der Bezirke Genehmigungen für den Bau von rund 4325 Wohnungen, ein Minus von mehr als 18 Prozent.
Noch kräftiger ging die Zahl der Genehmigungen von Ein- und Zweifamilienhäusern zurück: um mehr als 36 Prozent. Auch durch den Ausbau von Dachgeschossen sowie andere Umbauten an bestehenden Häusern entstehen immer weniger Wohnungen: 396 Genehmigungen gab es dafür im ersten Quartal, ein Fünftel weniger als im Vorjahreszeitraum.
CDU fordert den Rücktritt Lompschers
Der Generalsekretär der CDU, Stefan Evers, forderte die Entlassung von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke): „Die neuesten Zahlen müssen für Michael Müller ein Alarmsignal sein: Scheitert seine Bausenatorin, dann scheitert er selbst.“ Lompscher habe sich mit „ihrer Bauverhinderungsagenda zur Mietpreistreiberin ersten Ranges entwickelt“.
Das Bündnis für Wohnungsneubau, das von Müller in seiner Zeit als Stadtentwicklungssenator zur Ankurbelung des Neubaus mit den Wohnungsunternehmen geschlossen worden war, „liegt in Trümmern“, sagte Evers. Die Übertragung von Grundstücken an Genossenschaften werde „blockiert“. Wichtige Bauvorhaben würden verzögert oder ganz verhindert.
Wohnungsverbände erheben Vorwürfe
Kurz vor der Veröffentlichung der Baugenehmigungen hatten beide großen Wohnungsverbände der Stadt, diese vertreten private Unternehmen sowie landeseigene Firmen, heftige Vorwürfe gegen die Stadtentwicklungspolitik der Linken-Politikerin erhoben.
Im Tagesspiegel warfen sie Lompscher vor, nicht auf den drastischen Rückgang im Handel mit Bauland reagiert zu haben und durch die nicht abgestimmte Änderung des Berliner Modells privaten Wohnungsbau in den großen Entwicklungsgebieten unwirtschaftlich zu machen. Als Konsequenz würden viele Unternehmen nur noch im Umland oder in anderen Regionen bauen.
Je weniger die Ämter genehmigen, desto weniger wird gebaut
Die Zahl der Genehmigungen ist ein Frühwarnsystem für die Fertigstellung von Wohnungen: Je weniger die Ämter genehmigen, desto weniger wird gebaut, was sich wiederum in der Zahl der Fertigstellungen niederschlägt, allerdings mit einem Verzug von knapp zwei Jahren.
Deshalb gelten Genehmigungszahlen auch als Ausdruck für Investitionsklima und -bereitschaft der Wohnungsunternehmen. In der Amtszeit der Stadtentwicklungssenatoren Michael Müller (heute Regierender Bürgermeister) und seines Nachfolgers Andreas Geisel (heute Innensenator) waren sowohl mehr Wohnungen genehmigt als auch gebaut worden. Im Jahr 2016 war der Neubau sogar um fast ein Drittel um 13.000 Wohnungen auf ein langjähriges Hoch gestiegen. Nun sagen Experten einen Rückgang voraus.
Anstieg der Mieten um zwölf Prozent
Die Nachricht ist auch deshalb alarmierend, weil der wichtigste Bericht über den Wohnungsmarkt von der landeseigenen Investitionsbank in dieser Woche einen kräftigen Anstieg der Mieten um rund 12 Prozent auf durchschnittlich mehr als zehn Euro im Stadtgebiet festgestellt hat. Auch die Kaufpreise von Wohnungen und Eigenheime stiegen demnach erneut sprunghaft an.
Schuld daran ist der Mangel an Wohnraum, der sich infolge des Bevölkerungswachstums in Berlin zusätzlich verschärft. Allein in den Jahren 2013 bis 2016 wurden nach Senatsangaben insgesamt rund 70.000 Wohnungen zu wenig gebaut, um die Nachfrage durch das Wachstum auszugleichen.
Mieterverein fordert Verschärfung der Mietpreisbremse
Der Chef des Berliner Mietervereins forderte erneut eine Verschärfung der Mietpreisbremse: „Wird nicht endlich eingegriffen, ist auch die vielbeschworene Mischung Makulatur“, so Reiner Wild.
Zugleich erteilte er aber der Hoffnung eine Absage, allein der Neubau im Speckgürtel könne die Wohnungsnot in Berlin lindern: Das „Schielen auf die Brandenburger Wiesen und Äcker muss ein Ende haben – damit sind die Berliner Neubauprobleme nicht zu lösen“. Zumal der „Boden- und Immobilienspekulation auf hohe Renditen“ nicht mit neuer Zersiedlung und Flächenfraß im Außenbereich begegnet werden dürfe. Denn dies sei außerdem mit höheren Mobilitätskosten und -zeiten für Fortziehende verbunden und belaste die Umwelt durch zusätzlichen Verkehr.
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