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Empört. Die steigenden Lebenskosten beschäftigen immer mehr Berliner. Bei der „Mietenwahnsinn“-Demo am 14. April gingen um die 20.000 Menschen auf die Straße.
© imago/STPP

Debatte um Berliner Wohnungspolitik: „Entlassen Sie Frau Lompscher“

In Sachen Mieten und Bauen verweist die rot-rot-grüne Koalition im Abgeordnetenhaus auf den Bund. Der Senat selbst könne wenig tun. Die Kritik der Opposition ist heftig – inklusive Rücktrittsforderung.

Bezahlbare Mieten für Berlin – das ist ein Wunsch, der am 14. April um die 20.000 Menschen auf die Straße brachte. Zwei Wochen nach der großen Demonstration gegen den „Mietenwahnsinn“ in der Hauptstadt debattierte das Abgeordnetenhaus in einer Aktuellen Stunde über das Thema. Auf Antrag der Linksfraktion, deren Bausenatorin Katrin Lompscher mit sich selbst offenbar im Reinen ist. „Was wir tun können, tun wir“, sagte sie im Parlament. „Der Bund muss sich bewegen.“ Politisch und rechtlich würden dort die Weichen gestellt.

Der Senat hingegen, so ihre These, gehe mit den Herausforderungen des Bevölkerungswachstums verantwortlich um. „Es wird in dieser Stadt so unglaublich viel gebaut.“ Lompschers Vision: „Gutes, sicheres und preiswertes Wohnen in attraktiven Stadtquartieren.“ Weil es in Berlin aber großenteils noch anders aussieht, ging die Opposition die rot-rot-grüne Koalition am Donnerstag scharf an. „Entlassen Sie Frau Lompscher“, rief der CDU-Bauexperte Christian Gräff in den Plenarsaal und prophezeite, dass am Ende der Wahlperiode im Herbst 2021 in Berlin 200.000 bis 300.000 Wohnungen fehlen würden. Er lobte, um die Sozialdemokraten ein wenig zu ärgern, die Wohnungspolitik in Hamburg. Der Berliner Senat begnüge sich mit Bundesratsinitiativen zur Wohnungs- und Mietenpolitik, die in der Länderkammer nicht mehrheitsfähig seien.

„Wir haben echt geackert und schon viel erreicht“

Auch der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja griff zu drastischer Rhetorik. „Wohnen ist in Berlin unter einer Senatorin der Linken zu einem Gerechtigkeitsproblem geworden“, sagte er. Das Credo „bauen, bauen, bauen“, das die Koalition inzwischen übernommen habe, funktioniere leider nicht. Genehmigungsprozesse dauerten zu lange, die Bauordnung müsse entrümpelt werden, forderte der FDP-Mann und spottete: „Von der tollen Idee zur Überbauung von Supermärkten ist nur eine Broschüre übriggeblieben.“

Für den AfD-Abgeordneten Harald Laatsch ist klar, dass die Bausenatorin ihre „sozialistischen Fantasien durchsetzen“ wolle. Der Senat solle sich schämen, was er mit seiner Bau- und Wohnungspolitik der „hart arbeitenden Bevölkerung“ antue. Wobei Laatsch wohl nur das Leid der vermeintlich urdeutschen Bevölkerung meinte. Er warf Rot-Rot-Grün vor, „bezahlbaren Wohnraum für 42 000 abgelehnte Asylbewerber“ zu schaffen, aber für „die Berliner“ nicht zu sorgen.

Nicht nur diesen speziellen Wortbeitrag wollten SPD, Grüne und Linke nicht unkommentiert lassen. „Wir haben echt geackert und schon viel erreicht“, verteidigte die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger die Mietenpolitik der eigenen Regierung. Sie machte, ähnlich wie Lompscher, den Bund, aber auch Immobilienspekulanten verantwortlich für die Berliner Probleme. „Der Ausverkauf Berlins ist zu einem Geschäftsmodell geworden.“ Der Senat könne leider wenig tun, denn 80 Prozent der Mieten- und Wohnungsgesetzgebung seien Bundesrecht.

„Das ist alles nur Show!“

Auch die wohnungsbaupolitische Sprecherin der SPD, Iris Spranger, verwies auf die Verantwortung der neuen Großen Koalition. „Vieles ist nur durch Änderungen von Bundesgesetzen durchsetzbar.“ Den Christdemokraten im Bund traut Spranger dabei allerdings nicht: „Sie verhöhnen die Mieter.“ Die Kritik der drei Oppositionsfraktionen an der Wohnungs- und Mietenstrategie des Senats wollte die Sozialdemokratin nicht gelten lassen. „Das ist alles nur Show!“

Die Strategie, mit einer Beschleunigung des Wohnungsneubaus die starke Nachfrage und das knappe Angebot wieder in Einklang zu bringen, ist in der rot-rot-grünen Regierung offenbar immer noch strittig. Während SPD und Grüne betonten, wie wichtig der Neubau sei, sprach der Linken-Abgeordnete Michail Nelken von „Phrasen“. Seiner Einschätzung nach steigen die Mietpreise in Berlin, wenn mehr Wohnungen gebaut werden. Nelken berief sich mit seiner These auf eine Studie in einer „wirtschaftsnahen Zeitung“. Der Markt versage. Dem könne die Politik nur mit öffentlicher Regulierung begegnen.

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