Berlin: Senator Geisel will schneller günstig bauen
Flüchtlingswohnungen sollen „Keimzellen“ bei der Errichtung neuer Siedlungen für alle sein. 10 neue Siedlungen für 50.000 Menschen und schnellere Bauabläufe: So will Bausenator Geisel die Wohnungsnot in der Stadt bekämpfen.
Berlin will die bundeseinheitlichen Regelungen zur beschleunigten Errichtung von Flüchtlingsunterkünften auch für einen schnelleren Siedlungsbau in der Stadt einsetzen. Wie Berlins Bausenator Andreas Geisel (SPD) sagte, könnten die neuen Unterkünfte zu „Keimzellen für eine langfristige Entwicklung mit normalem Wohnungsbau“ werden, sodass „am Ende gewachsene Nachbarschaften und lebenswerte Wohnviertel entstehen“.
Die Voraussetzungen dafür hatte der Bund durch Einführung des Paragrafen 246 in das Baugesetzbuch geschaffen. Demnach können Flüchtlingsunterkünfte auch außerhalb von Wohngebieten errichtet werden und vor Baubeginn muss kein Bebauungsplanverfahren mit Bürgerbeteiligung durchgeführt werden. Auf dieser Grundlage schlägt Geisel nun den beschleunigten Bau von Flüchtlingswohnungen etwa in Gebieten wie der Elisabeth-Aue in Pankow vor. Die bisherige innerstädtische Grün- und Agrarfläche könnte so schneller in ein Wohngebiet umgewandelt werden.
Eine Aushebelung des Baurechtes und Einschränkungen der Bürgerbeteiligung will die Verwaltung darin nicht erkennen, weil für die anderen, Nicht-Flüchtlings-Bauten das übliche Verfahren greife. Mit den Flüchtlingswohnungen aber entstünden bereits Straßen, Leitungen und Sozialeinrichtungen, damit wären wichtige Voraussetzungen für die anderen bereits geschaffen. Auf der Elisabeth-Aue könnten erste Baumaßnahmen noch in diesem Jahr starten, während ein reguläres Bebauungsplanverfahren frühestens in drei Jahren durchlaufen wäre.
9-Punkte-Programm
Durch diesen „Pionier-Wohnungsbau“ will Geisel außerdem vermeiden, dass Flüchtlinge auf „isolierte Standorte“ abgeschoben werden und Ghettos entstehen. Auch bezweifelt der Bausenator, dass allein die geplante Errichtung von Modularbauten für 24000 Menschen an 60 Standorten in der Stadt ausreichen wird, um die Neuberliner unterzubringen. Bis zu 60000 Flüchtlinge warteten zurzeit in Turnhallen, Hangars des früheren Flughafen Tempelhof oder anderen Notunterkünften auf eine Wohnstatt in Berlin.
Mit einem „9-Punkte-Programm für Wohnungsneubau und soziale Mietenpolitik“ will Geisel außerdem die Wohnungsnot bekämpfen. Der Neubau von 20.000 Wohnungen jährlich sei möglich, 6000 davon zu günstigen Mieten durch die landeseigenen Unternehmen. Um das nötige Bauland bereitzustellen, will der Senator zehn neue Siedlungsgebiete ausweisen mit Platz für 50.000 Wohnungen.
Einige dieser Gebiete sind bekannt, darunter das Kurt-Schumacher-Quartier auf dem bisherigen Airport-Areal Tegel, die Elisabeth-Aue oder das Gebiet Lichterfelde-Süd, andere sollen noch vorgestellt werden. Durch Änderungen des Flächennutzungsplans seien bereits Potenziale für den Neubau von 13.500 Wohnungen entstanden. Allerdings wurden im vergangenen Jahr Geisel zufolge nur rund 12.000 Wohnungen neu gebaut, deutlich weniger als erforderlich angesichts des Zuzugs von Menschen in die Stadt sowie der rund 50.000 in Sporthallen oder Hangars in Tempelhof lebenden Flüchtlinge, die zum Teil noch untergebracht werden müssen.
Dunkelziffer bei Ferienwohnungen
Geisel sagte außerdem den Betreibern illegaler Ferienwohnungen sowie der Vermittlungsplattform Airbnb den Kampf an. Im Mai läuft die Übergangsfrist ab, spätestens dann müssen die bisherigen Ferienwohnungen wieder dem regulären Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt werden.
Dabei handelt es sich weit überwiegend um Wohnungen im Zentrum der Stadt, in den besten Quartieren innerhalb des S-Bahn-Ringes. Rund 6300 Wohnungen werden der Bauverwaltung zufolge zum Stichtag wieder legalisiert, noch einmal so groß sei aber die "Dunkelziffer" von bisher nicht gemeldeten Wohnungen.
Geisel kündigte deshalb an, eine "Truppe zum Aufspüren illegaler Ferienwohnungen" aufbauen zu wollen. Scharf kritisierte er außerdem die Vermittlungsplattform Airbnb, die "zum großen Teil rechtswidrig" Ferienwohnungen vermittle. Durch die Änderung des Zweckentfremdungsgesetzes habe der Senat aber nun erstmals eine Möglichkeit einzugreifen. Denn die Ferienwohnungsportale seien künftig verpflichtet, die Anbieter der Objekte zu benennen - und dies ermögliche der Verwaltung einzuschreiten.