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Bett an Bett. In den Hangars des Flughafens haben die Flüchtlinge kaum Privatsphäre. Insgesamt sollen auf dem Gelände 7000 Menschen untergebracht werden.
© Tobias Schwarz/ AFP

Unterkünfte für Asylbewerber in Berlin: Senat verständigt sich auf Masterplan für Flüchtlinge

Tempelhof wird als Flüchtlingsdorf ausgebaut und das Gesetz auf den Weg gebracht: Der Senat einigt sich auf einen Masterplan für Integration und Sicherheit.

Rund 80 000 Flüchtlinge hat Berlin im Vorjahr aufgenommen, davon leben rund 42 000 in Flüchtlingsunterkünften. Der Senat rechnet auch in diesem Jahr mit etwa 80 000 Menschen, die in der Stadt Schutz suchen. Hinzu kommen wie berichtet 200 000 Neu-Berliner bis 2020. In einem „Masterplan Integration und Sicherheit“, der Anfang März verabschiedet werden soll, setzt der Senat Schwerpunkte. Auch kurzfristige Maßnahmen will der Senat umsetzen, wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstag nach der Senatsklausur vorstellte. „Die Situation am Lageso wollen wir weiter verbessern“, sagte Müller. Auf Vorschlag des Sozialsenators Mario Czaja (CDU) werde es eine „neue Ämterstruktur“ geben.

LAGESO

Mit Sebastian Muschter wird die Leitung kommissarisch besetzt. Das Lageso erhält vier zusätzliche Leitungsstellen für Personal, Organisation, Haushalt und Leistungsbereich. Im landesweiten Koordinierungsstab Flüchtlingsmanagement wird Wolf Plesmann Stellvertreter von Staatssekretär Dieter Glietsch und den „Aufbau des neuen Lageso“, so Müller, „mitleiten“. Plesmann und Claudia Langeheine, Direktorin des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, sollen bis Ende Februar ein Konzept für das neue Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten erarbeiten. Die Senatsgesundheits-, -finanz- und -stadtentwicklungsverwaltung wurden aufgefordert, bis Ende Januar alle Meldungen von Mitarbeitern, die freiwillig im Lageso arbeiten wollen, abzuarbeiten. Mindestens 50 Pensionäre sollen zusätzlich bis Ende des Monats eingesetzt werden. Das Ziel ist, mindestens 1000 Flüchtlinge pro Tag zu registrieren. Die Zahl der in Berlin neu ankommenden Flüchtlinge schwankt laut Müller zwischen 200 und 250.

TURNHALLEN

Müller und Sport- und Innensenator Frank Henkel (CDU) betonten, dass man künftig auf die Belegung von Sport- und Turnhallen für die Flüchtlingsunterbringung verzichte. 49 Hallen sind derzeit mit 10 000 Menschen belegt. Müller hatte vergangene Woche ein Budget in Höhe von 1,5 Millionen Euro für den Schulsport angekündigt, damit Schülern Alternativen angeboten werden können. Auch der Vereinssport soll kurzfristig einen Fonds von einer Million Euro zur Verfügung haben, damit Ersatzräume gemietet werden können. Im Gegenzug erwartet der Senat von den begünstigten Vereinen Sportangebote oder -aktivitäten für Flüchtlinge.

TEMPELHOFER FELD

Das „Großobjekt“, in dem bis zu 7000 Flüchtlinge untergebracht werden sollen, ist „keine Situation, die wir so wollten“, sagte Müller. Aber andere Unterkünfte würden nicht von heute auf morgen zur Verfügung stehen. Und auch Betreiber, die inzwischen bis zu 15 Einrichtungen betreuen würden, kämen an ihre Grenzen. Deshalb habe man sich zum Aufbau einer „Großeinrichtung“ entschlossen. Ein externer Dienstleister solle Tempelhof als Integrationsort ausbauen und die Tagesbetreuung der Flüchtlinge mit den Trägern organisieren. Die Bildungsverwaltung ist laut Müller verantwortlich für Schul- und Kitaangebote, die Arbeitsverwaltung soll dort ein „Willkommen-in-Arbeit-Büro“ einrichten, das Angebote zur Ausbildung und Arbeit vermitteln soll. Die Bildungsverwaltung und die Senatskanzlei sollen für kulturelle Angebote verantwortlich sein. Diese werden gemacht, „damit es dort soweit wie möglich keine sozialen Spannungen gibt“, sagte Müller. Die Änderung des Tempelhof-Gesetzes für die Unterbringung von Flüchtlingen auf dem ehemaligen Flughafen soll laut Müller nach Absprache mit den Fraktionschefs Raed Saleh (SPD) und Florian Graf (CDU) am 28. Januar im Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Am 21. Januar findet eine Bürgerversammlung in der Haupthalle statt (Beginn: 19 Uhr).

ARBEIT FÜR FLÜCHTLINGE

Flüchtlinge sollen künftig schon vor dem Abschluss ihrer Verfahren für gemeinnützige Tätigkeiten eingesetzt werden oder Tätigkeiten in ihren Unterkünften übernehmen, etwa in der Essensversorgung, für Reinigungs- oder Reparaturarbeiten oder Übersetzungen. Gemeinnützige Tätigkeiten sind auch in den Berliner Forsten oder bei der Beräumung des Spreeparks vorgesehen. „Die Tätigkeiten dürfen keine Konkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt sein“, sagte Müller.

WOHNSITZPRINZIP STÄRKEN

Der Regierende Bürgermeister plädiert für eine Wohnsitzauflage für Flüchtlinge. „Nur an dem Ort, wo sie registriert sind, erhalten sie Leistungen“, sagte Müller. Diese Regelung könne auch nur für einen Übergangszeitraum gelten. SPD-Chef Sigmar Gabriel habe sich „zu Recht“ für diese Wohnsitzauflage ausgesprochen. Henkel sagte, es freue ihn, dass die „SPD umgeschwenkt ist“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädierte bereits dafür, diese Auflage zu prüfen. Wenn notwendig wird sich der Senat an einer Bundesratsinitiative beteiligen oder „auch selbst initiieren“, sagte Henkel.

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