Drogenhandel in Kreuzberg: Senator Geisel schickt mobile Wache zum Görli – aber die Polizei ist sauer
Bis 17. November sollen tagsüber zwei mobile Wachen im Görli stehen. Die Polizei ist nicht begeistert und beklagt die Einflussnahme von Innensenator Geisel.
Bis 17. November sollen von 7 bis 16.30 Uhr zwei mobile Wachen im Görli stehen. Die Polizei ist nicht begeistert und beklagt die Einflussnahme von Innensenator Geisel.
Am Görlitzer Park in Kreuzberg muss der örtliche Polizeiabschnitt 53 jetzt täglich von 7 bis 16.30 Uhr zwei mobile Wachen postieren. Vor einer Woche ging dazu nach Tagesspiegel-Informationen die Weisung „von oben“ ein - und sorgt beim Personal für Unmut. Bei einer Personalversammlung wurde kritisiert, dass die Polizei Vorgaben der Politik umsetzen soll, an deren Wirksamkeit ernsthafte fachliche Zweifel bestehen.
Zehn Einsatzkräfte pro Woche an den Park gebunden
Mindestens drei Beamte sind pro mobiler Wache nötig. Die Fahrzeuge sollen an wechselnden Orten im Park von Sonnenaufgang bis es dunkel wird an sieben Tagen die Woche stehen. Damit sind pro Woche zehn Einsatzkräfte gebunden und können nicht auf Streife gehen. Neben der bereits vorhandenen mobilen Wache in der Direktion 5 ist ein weiteres Fahrzeug von der Direktion 1 im Norden nach Kreuzberg beordert worden. Doch zusätzliches Personal bekommt der Abschnitt nicht, um die Wachen zu betreuen
Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte vor einer eineinhalb Wochen mehr Polizeipräsenz im Kampf gegen Drogenkriminalität und Gewalt im Görlitzer Park angekündigt. Wörtlich hatte er erklärt, „dass wir dauerhaft präsent sind, auch mit mobilen Fahrzeugen, ist eine Antwort auf die Situation“.
Es gehe darum, Begleiterscheinungen des Drogenhandels wie Beschaffungstaten und Gewalt zu bekämpfen und für die Anwohner das Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Nun ist der örtliche Abschnitt dazu verpflichtet worden, die Vorgabe umzusetzen.
Auch andere Brennpunkte müssen betreut werden
Dabei hatte es die örtliche Direktion 5 bereits im Vorfeld abgelehnt, am Görlitzer Park eine mobile Wache dauerhaft zu installieren. Fachleute vor Ort setzen eher auf ein Einsatzfahrzeug, mit dem flexibel reagiert werden kann und in dem auch erkennungsdienstliche Maßnahmen möglich sind.
Denn neben dem Görli muss die Direktion auch die anderen Brennpunkte wie Warschauer Straße, Hermannplatz und Kottbusser Tor betreuen, demnächst kommt durch die Strukturreform auch der Alexanderplatz hinzu. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte erklärt, man habe Geisel sehr deutlich gemacht, dass eine dauerhafte Präsenz durch mobile Wachen im Görli „weder personell umsetzbar noch polizeilich sinnvoll ist“.
Lassen sich die Dealer von mobilen Wachen beeindrucken?
Intern heißt es, die mobilen Wachen würden nur etwas bringen, wenn zusätzlich eine Hundertschaft bereitstünde. Denn die mobilen Wachen haben sich in der Praxis eher zu einer Bürgerbüro entwickelt, wo sich Bürger informieren und ihre Sorgen loswerden können. Im Ernstfall könnten die Beamten der mobile Wachen auch nur Unterstützung rufen, dürften die Wache einem Brennpunkt wie dem Görli auch nicht allein zurücklassen, um Dealer zu verfolgen.
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Hinzu kommt: Es ist fraglich, ob sich die Dealer von den mobilen Wachen beeindrucken lassen. Und wenn es dunkel und wirklich brenzlich wird im Park, sind die Wachen wieder abgezogen.
Doch die internen Bedenken wurden offenbar nicht ernst genommen, Innensenator Geisel will punkten. Bislang gilt die Weisung bis zum 17. November, bis dahin ist der Dienstplan vom Personalrat genehmigt. Nun muss der Abschnitt die mobilen Wachen mit dem vorhandenen Personal besetzen.
GdP kritisiert den Einsatz als Irsinn
Spannend wird es nach dem 17. November: Weil die vorhandene Belegschaft nicht reicht, müssten für Beamte, die frei haben, zusätzlich Dienst angeordnet werden. Doch da will der Personalrat nicht mitspielen und nur eine Genehmigung erteilen, wenn ausreichend Einsatzkräfte im regulieren Dienst verfügbar sind.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert den Einsatz der mobilen Wachen im Görli nun - wörtlich - als Irrsinn. „Wir sehen anhand dieser Weisung, welchen massiven Einfluss die Politik auf die tägliche Polizeiarbeit in dieser Stadt ausübt. Es geht allein um Außenwirkung und nicht um effektive Prävention und Kriminalitätsbekämpfung“, sagte der Sprecher der Berliner GdP dem Tagesspiegel.
Der örtliche Abschnitt habe wichtigere Aufgaben als bei Tageslicht Infomobile im Park zu betreuen. „Mit dem benötigten Personalansatz würde man auch zwei Funkwagen auf die Straße bekommen.“