Dilek Kolat stellt Arbeitsinitiative vor: Senat will Flüchtlinge besser lotsen
Neue Mitarbeiter sollen Asylsuchenden bei der Integration helfen. Arbeitssenatorin Dilek Kolat zufolge will sich das Land um Deutschkurse und Ausbildungsplätze kümmern.
In Berlin leben zurzeit 42.000 Flüchtlinge mit unterschiedlichen Aufenthaltsstatus – davon fallen 25.000 unter das eigentliche Asylbewerberleistungsgesetz. Für 2015 rechnet die Verwaltung intern mit bis zu 25.000 neuen Flüchtlingen, was wohl bedeutet, dass nach Ausweisungen und Weiterreisen am Jahresende bis zu 10.000 Männer, Frauen und Kinder mehr in der Stadt bleiben werden. Viel zu tun für den Senat.
„Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Zahl auch in den nächsten Jahren zunehmen wird“, sagte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) am Dienstag. Um Flüchtlinge besser zu integrieren, nimmt der Senat insgesamt 820.000 Euro in Hand: 16 zusätzliche Integrationslotsen soll es zu den bisher elf in Flüchtlingsunterkünften eingesetzten Kräften bald geben. Dazu kommen zwölf Bildungsberater, die Flüchtlinge direkt in den Sprachkursen aufsuchen und diese über weitere Unterstützungsangebote informieren sollen. Die Arbeit dieser Berater soll in enger Abstimmung mit Jobcentern und Arbeitsagenturen erfolgen. Kolat hat zudem mit Firmen über Ausbildungsplätze gesprochen.
Flüchtlinge sollen Deutsch lernen
Ohne Deutschkenntnisse ist ein Zugang zum Arbeitsmarkt nahezu aussichtslos. Im vergangenen Jahr haben jedoch nur 800 Flüchtlinge in Berlin an Deutschkursen teilgenommen. Das liegt auch an den bundesgesetzlichen Regelungen. Das Recht und die Pflicht, einen Integrationskurs mit integriertem Deutschunterricht zu machen, haben nur Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis. Im Februar hatte der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, bei den gesetzlichen Regelungen nachzubessern. Senatorin Kolat forderte, diese Integrationskurse mehr zu öffnen.
Für diejenigen, die von den Integrationskursen ausgeschlossen sind, bietet der Senat einen Basis-Sprachkurs an den Volkshochschulen an. Dafür gibt das Land 2014 und 2015 rund 600.000 Euro aus. Rund 1.000 Sprachkurse können mit dem Geld finanziert werden. 100 zusätzliche Plätze sollen im Rahmen des Programms „Ausbildung in Sicht“ für 16- bis 25-jährige Flüchtlinge geschaffen werden. Und auch das Kreuzberger Projekt „Arrivo“, das Flüchtlinge an Handwerksbetriebe vermittelt, soll von 25 auf 100 Plätze ausgebaut werden. In einer Art Parcours durchlaufen Flüchtlinge diverse Handwerksberufe. Aber alle Teilnehmer bei „Arrivo“ besitzen eine Arbeitserlaubnis und haben einen Sprachkurs absolviert. Doch trotzdem gibt es, wie berichtet, immer wieder Probleme mit der Ausländerbehörde. Kolat forderte, dass eine „Ausbildung mit einem garantierten Bleiberecht“ einhergehen müsse. Das sei Beschlusslage der Integrationsministerkonferenz. „Ich hoffe, dass die Bundesregierung das berücksichtigt und Rahmenbedingungen ändert“, sagte Kolat. Senatssprecherin Daniela Augenstein zufolge habe die Ministerpräsidentenkonferenz dies ebenfalls gefordert.
Sozialsenator Mario Czaja: Initiative ist erster Schritt
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagte dem Tagesspiegel am Dienstag, er begrüße Kolats Initiative. Diese könne allerdings nur ein erster Schritt sein, allein in den Sammelunterkünften kämen wohl rund 8.000 Flüchtlinge für die Ideen der Initiative infrage: Nämlich diejenigen, deren Asylantrag bislang nicht abgelehnt worden ist und die außerdem schon lang genug in Berlin leben. „Arbeit ist die entscheidende Möglichkeit zur Integration“, sagte Czaja. „Sie dient nicht nur dem Lebensunterhalt, sondern kann sinnstiftend sein.“ Außerdem werden die Löhne, die Flüchtlinge bekommen, auf die Sozialleistungen der Ämter angerechnet. Asylbewerber, die erwerbstätig sind, kann man schlecht den Vorwurf machen, sie lägen alteingesessenen Berlinern auf der Tasche.
Der Vize-Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, Christian Wiesenhütter, lobte die Maßnahmen. Flüchtlinge sollten jedoch sofort an Integrations- und Sprachkursen teilnehmen können. Zudem sollte früh angeboten werden, eine Bewertung der im Ausland absolvierten Berufsabschlüsse von den zuständigen Stellen vornehmen zu lassen. Bisher wird nicht systematisch bei den Flüchtlingen abgefragt, welche Qualifikationen sie nachweisen können. Canan Bayram von den Grünen forderte vom Senat einen flüchtlingspolitischen Gipfel und kritisierte die Vorhaben als ein „ Maßnahmenbündelchen“. Von einem Flüchtlingskonzept sei man „weit entfernt“. Kolat kündigte ein solches Konzept 2016 an.