Kontroverse um Beraterverträge: Senat verteidigt Vertrag mit Rechtsanwalt Schertz
In der Affäre um die Beraterfirma McKinsey kritisiert die Opposition, dass Senatskanzleichef Böhning die Vereinbarung mit dem Anwalt im Hauptausschuss nicht explizit erwähnte.
In der Debatte über umstrittene Verträge der Berliner Senatskanzlei mit externen Beratern gibt es neue Kritik an Senatskanzleichef Björn Böhning (SPD). Anlass ist eine Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt Christian Schertz, der die Senatskanzlei vor allem in medienrechtlichen Fragen vertritt. Über diese Vereinbarung berichtete die “B.Z.” am Donnerstag.
Die Berliner Grünen werfen Böhning vor, diese nach Auskunft der Senatskanzlei schon seit Jahren existierende Vereinbarung am Mittwoch im Hauptausschuss des Parlaments nicht explizit erwähnt zu haben, als es bei einer viereinhalbstündigen Anhörung Böhnings durch die Parlamentarier um das Thema Beraterverträge ging.
Besonders interessant ist der Vorgang im Kontext der aktuell diskutierten Vorgänge um einen Vertrag zwischen der Senatskanzlei und dem Beratungsunternehmen McKinsey zur Ausarbeitung eines Masterplans Integration. Denn der Anwalt Christian Schertz, dessen Vertrag mit der Senatskanzlei jetzt diskutiert wird, bemüht sich derzeit, im Auftrag der Senatskanzlei Druck auf die Presseberichterstattung in der Affäre um einen kontrovers diskutierten Vertrag für McKinsey auszuüben.
Bei diesem Vorgang ist politisch umstritten, ob es überhaupt notwendig gewesen ist, dass die Senatsverwaltung die Firma McKinsey beauftragt hat, oder ob das nicht die Verwaltung selbst hinbekommen hätte. Auch wird kritisiert, dass die Vergabe an McKinsey ohne Ausschreibung erfolgt war. Zum anderen steht die Frage im Raum, inwieweit der Ex-SPD-Staatssekretär Lutz Diwell von dem Vertrag profitiert hat.
„Kommunikativ sehr ungeschickt“
Nach Darstellung der Senatskanzlei ist der jetzt öffentlich diskutierte Vertrag mit Schertz’ Kanzlei „Schertz Bergmann“ allerdings weder bislang geheimgehalten worden, noch habe Björn Böhning ihn in der Ausschuss-Sitzung verheimlicht.
„Der Chef der Senatskanzlei hat auf diese und weitere Rechtvertretungen, die die Senatskanzlei unterhält, in der Ausschusssitzung Bezug genommen“, teilte das Presse- und Informationsamt des Landes Berlin am Donnerstag auf Anfrage des Tagesspiegels mit. „Der Vorwurf, das Parlament wurde belogen ist schlicht falsch.“ Im Hauptausschuss haben Böhning wörtlich gesagt: „Es gibt aktuell Rechtsberatungen zu weiteren Themen.“
Allerdings wurde der Vertrag mit Medienanwalt Schertz explizit in der Ausschusssitzung tatsächlich nicht erwähnt. Stattdessen nannte Böhning dem von der Senatskanzlei zitierten Wortlautprotokoll zufolge als ein Beispiel für externe Rechtsberatungen die Hauptstadt-Internetadresse „dot.berlin“ als „so ein Thema, was wir hier haben“. Direkt danach sagte er: „Es gibt sonst aktuell keine weiteren Beraterverträge, erst recht nicht im Bereich Flüchtlinge und Integration, seitens der Senatskanzlei.“
An diesem Punkt setzt die Kritik der Grünen an. „Nach dem Kommunikationsdesaster der vergangenen Wochen ist nicht zu verstehen, warum Herr Böhning diese anscheinend schon Jahre existierende Vereinbarung gestern nicht erwähnt hat, wo doch mehrfach nach weiteren Verträgen gefragt wurde“, sagte die Grünen-Haushaltspolitikerin Nicole Ludwig am Donnerstag auf Anfrage. „Zumindest kommunikativ zeigte er sich hier erneut sehr ungeschickt.“ Inwieweit in der Sache dieser Rahmenvertrag für juristische Beratung zu kritisieren ist, „wäre gegebenenfalls noch an anderer Stelle zu hinterfragen“.
Die Senatskanzlei hingegen sieht keinen Grund für eine Kritik an ihrem Vorgehen. “Es gibt seit vielen Jahren eine regelmäßige und konstante Zusammenarbeit und Vertretung für die Senatskanzlei zu medienrechtlichen Fragen durch die Kanzlei Schertz-Bergmann“, heißt es in der offiziellen Erklärung des Presse- und Informationsamtes. „Diese Zusammenarbeit wurde mit dem Wechsel an der Hausspitze beibehalten.“ Eine rechtsanwaltliche Vertretung liege “im geschützten Vertrauensbereich” einer jeden Behörde. „Im Sinne des Steuerzahlers wurde eine übliche anwaltliche Honorarvereinbarung getroffen, die die Möglichkeit einer medienrechtliche Vertretung und Interessenwahrnehmung in Verbindung mit einem günstigeren Stundensatz bei bis zu 15 Stunden schafft.“ Der vereinbarte Tarif belaufe sich auf etwa bei 3500 Euro monatlich, bestätigte Senatssprecherin Daniela Augenstein entsprechende Angaben der „B.Z.“.
Eine ausführliche Chronik zu den aktuellen Vorgängen um McKinsey, Björn Böhning und Lutz Diwell lesen Sie hier.
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