Berliner Bäderbetriebe: Senat braucht länger für neues Bäderkonzept
Viele Experten, unterschiedliche Interessen – und alle reden aneinander vorbei: Warum Rot-Rot-Grün noch keinen schlüssigen Gesamtplan für Berlins Bäder hat.
Der Sommer kann kommen, über Ostern hatten bei strahlendem Sonnenschein die ersten Freibäder geöffnet. Die neue Saison verspricht relativ ungetrübte Badefreuden, denn die Berliner Bäderbetriebe bekommen mehr Geld und Personal. Trotzdem bleibt unklar, in welche Zukunft das öffentliche Unternehmen geführt wird.
Die Koalitionsfraktionen SPD, Linke und Grüne haben schon im Juni 2018 den Senat aufgefordert, ein neues Bäderkonzept zu erarbeiten. Im Februar sollte ein erster Bericht vorliegen, aber nun bittet Innen- und Sportsenator Andreas Geisel (SPD) um Aufschub bis Ende November.
„Die internen Abstimmungen zum Bäderkonzept dauern an“, schrieb Geisel ans Parlament. Das hat verschiedene Gründe. So ist es bisher nicht gelungen, die Nachfolge für den Bäderchef Andreas Scholz-Fleischmann zu regeln, der seit April im Ruhestand ist. Der Aufsichtsrat mit dem Sportsenator an der Spitze verschob jetzt die Entscheidung.
Dem Vernehmen nach war das Gremium nicht damit einverstanden, dass einige Bewerber mit sehr hohen Gehaltsvorstellungen im Vorfeld aussortiert wurden. Man will sich auch diese Kandidaten anschauen. Das kann allerdings noch dauern.
In der Stellenausschreibung wurde auch garantiert, dass der neue Vorstandschef in die „Überarbeitung und Umsetzung“ des Bäderkonzepts einbezogen wird. Also muss erst einmal das Führungsproblem geklärt werden. Zurzeit werden die Bäderbetriebe kommissarisch von der Finanzmanagerin des Unternehmens, Annette Siering, geführt. Ihre Leistung ist ebenfalls Teil der Debatte, koalitionsintern gibt es massive Zweifel an ihrer Kompetenz. Ob sie ihren Job behält, ist ungewiss.
Kooperation mit Europas größtem Bäderbetrieb
Dass der Senat frühestens Ende 2019 eine neue Konzeption für seine Bäderpolitik vorlegen wird, liegt aber auch daran, dass mit Europas größtem Bäderbetrieb endlich ein Unternehmensvertrag abgeschlossen werden soll. Die Berliner Verkehrsbetriebe, die Stadtreinigung und die Messe GmbH haben bereits solche Verträge. Darin werden die Leistungen, die das Land Berlin bestellt und bezahlt, im Detail geregelt.
Das gäbe den Bäderbetrieben, mit denen immer nur kurz- und mittelfristige Vereinbarungen getroffen werden, endlich Planungssicherheit. Doch im Vorfeld müssen beide Vertragspartner genau überlegen, wie der Dienst am badenden Kunden und die dabei entstehenden Kosten rechtssicher definiert werden können. Spontane politische Eingriffe in das öffentliche Unternehmen, bisher eine beliebte Übung, wären dann kaum noch möglich. Es würde gelten, was vertraglich vereinbart wurde.
Das bisherige Konzept hat der Senat vor vier Jahren beschlossen
Sport-Staatssekretär Aleksander Dzembritzki sagte noch im Februar, dass die Arbeit am Unternehmensvertrag „relativ weit fortgeschritten“ sei. Doch viele Beteiligte sind eher skeptisch, ob es gelingt, das komplizierte Vertragswerk bis Ende des Jahres unterschriftsreif vorzulegen. Vorsichtshalber wurde, so ist aus Regierungskreisen zu hören, das Beratungsunternehmen PWC einbezogen.
Das bisherige Bäderkonzept hatte der damalige rot-schwarze Senat vor vier Jahren beschlossen. Ein weiterer Grund, warum sich die geplante Reform so lange hinzieht: In Sachen Bäderbetriebe gibt es in der Landespolitik traditionell unterschiedlichste Meinungen und Interessen. Im Senat und in den Parlamentsfraktionen, in den Bezirksämtern und im Aufsichtsrat gibt es Dutzende Schwimmsport- und Spaßbadexperten, die sich alle einbringen wollen, aber schlecht miteinander kommunizieren.
Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit im Vordergrund
Das birgt jetzt die Gefahr, dass der Koalitionsbeschluss zur Überarbeitung des Bäderkonzepts zerredet wird, obwohl dort klare Ziele formuliert wurden: Verlässliche und transparente Öffnungszeiten, soziale Eintrittspreise und attraktive Arbeitsplätze im Betrieb. Außerdem eine bessere Vereinbarkeit von Schul- und Vereinssport einerseits und öffentlichem Badebetrieb andererseits, ein guter Kundenservice und „bedarfsgerechte Landeszuschüsse“.
Diese sollen für den Abbau des Sanierungsstaus von 230 Millionen Euro, aber auch für neue Schwimmbäder genutzt werden. Was davon letztlich übrigbleibt, wird man sehen. Einige Vertreter im Aufsichtsrat geben auch zu bedenken, dass trotz der immer noch guten Finanzlage Berlins die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Bäderbetriebe im Vordergrund stehen sollten. Eine Politik des „Wünsch-dir-was“, so hört man, sei noch kein gutes Konzept. Vielleicht einigt man sich bis zur Badesaison 2020.
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