Bildung in Berlin: Schulsanierung: Viel versprochen, oft gebrochen
Zum Beginn des Wahlkampfs haben die Parteien die Sanierung maroder Schulen wieder entdeckt - nicht zum ersten Mal. Eine echte Veränderung würde Milliarden kosten. Ein Kommentar.
Die Regierungsparteien SPD und CDU wissen schon, was ihnen droht, wenn die Berliner Eltern am 10. September ihre Kinder einschulen und dabei so schlechte Laune kriegen, dass ihnen eine Woche später die Kreuzchen auf dem Wahlzettel verrutschen. Ganz zu schweigen von den Müttern und Vätern, die schon seit Jahren genervt sind – auch angesichts des baulichen Zustands der Schulen, in dem ihre Sprösslinge einen großen Teil des noch jungen Lebens verbringen müssen.
Es gibt auch schöne Schulen in Berlin, zweifellos. Aber die Lage ist insgesamt so ernst, dass auf einmal viele Parteien darüber grübeln, wie sich die Gabriel’schen Kathedralen der Bildung in einen menschenwürdigen Zustand versetzen lassen. Große Programme zur Schulsanierung haben jetzt wieder Konjunktur, auch die Grünen und Linken wollen damit ihre Regierungsfähigkeit beweisen. Das Problem ist nur: Der rot-schwarze Senat und die Bezirksverwaltungen sind bisher nicht gerüstet für ein solches Megaprojekt – weder organisatorisch noch finanziell. Es wurde zu lange weggeschaut, wie bei vielen anderen Dingen auch, die jeden Berliner gelegentlich in den Wahnsinn treiben.
Hamburg hat schon 2010 eigens einen Landesbetrieb für Schulsanierungen gegründet
Das Problem zerbröselnder Schulgebäude ist seit den neunziger Jahren bekannt – den Schülern und Eltern, aber auch dem Senat, dem Abgeordnetenhaus und den Bezirken. Schon vor zehn Jahren wurde der Sanierungsbedarf auf 900 Millionen Euro geschätzt. Inzwischen sind daraus 2,5 Milliarden Euro geworden, und auch das ist eine Zahl, die mit Blick auf andere Großstädte mit Vorsicht zu genießen ist. In München beispielsweise wird der Sanierungsstau auf 9 Milliarden Euro beziffert und auch in Hamburg ist die Not so groß, dass schon 2010 ein Landesbetrieb für die beschleunigte Sanierung der Schulen gegründet wurde.
Das Hamburger Modell hätte für Berlin durchaus ein Vorbild sein können. Stattdessen teilte die sozialdemokratisch geführte Bildungsverwaltung noch vor eineinhalb Jahren auf die Anfrage eines SPD-Abgeordneten mit, dass der Senat keine Notwendigkeit einer grundlegenden institutionellen Reorganisation sehe. Und so verquast wie diese Formulierung ist auch die Schulsanierungspolitik. Mit einem Durcheinander aus Landes- und Bezirksprogrammen, gelegentlich auch mithilfe von Bundesmitteln wurde und wird an den öffentlichen Schulen herumgebastelt. Erst jetzt, drei Monate vor der Berliner Wahl, dämmert es den politisch Verantwortlichen, dass man so nicht vor die Wähler treten kann.
CDU und SPD versprechen, dass jetzt ganz schnell geht, was seit Jahrzehnten nicht gelöst ist
Also werden schnell Wahlversprechen formuliert, an die aber keiner glauben mag, der die Berliner Verhältnisse näher kennt. Die CDU propagiert das Hamburger Modell, doch lässt sich ein Landesbetrieb für die Schulsanierung nicht mal eben aus dem Boden stampfen. Bis das funktioniert, wird noch so manche Schule geschlossen oder durch mobile Unterrichtscontainer ersetzt werden müssen. Die SPD wiederum will das Verwaltungschaos, das sie selbst in 27-jähriger Regierungsverantwortung angerichtet hat, in einem Handstreich beseitigen.
Allen voran marschiert der Regierende Bürgermeister Michael Müller. Aber die SPD, die seit 20 Jahren den Bildungs- und fast genauso lang den Finanzsenator stellt, kann sich jetzt nicht mit ein paar hübschen Ideen für Modellprojekte und Beschleunigungsprogramme aus der Affäre ziehen. Denn Politik ist, wie vieles im Leben, Vertrauenssache. Und es sind nicht nur die Schulen – fast die gesamte öffentliche Infrastruktur der Hauptstadt ist in einem erbarmungswürdigen Zustand. Ganz zu schweigen von der Landesverwaltung. Die Beseitigung des Sanierungsstaus, falls dies wenigstens in den Grundzügen gelingen sollte, wird zweistellige Milliardensummen verschlingen.
Das ist eine Aufgabe, die jetzt begonnen werden muss, aber erst von der nächsten und übernächsten Generation gelöst werden kann. Wer mehr verspricht, will die Wähler betrügen.
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