Steglitz-Zehlendorf: Berliner Schüler demonstrieren gegen kaputte Schulen
Rund 1000 Berliner Schüler sind vom Rathaus Zehlendorf zum Rathaus Steglitz gezogen. Sie forderten mehr Geld für die Sanierung ihrer Schulgebäude. Währenddessen weiß der zuständige Stadtrat nicht einmal, wie viel das überhaupt kosten würde
Am Lilienthal-Gymnasium, der Schule von Bezirksschülersprecher Juri Strauss in Lichterfelde, sieht es zum Beispiel so aus: Der Haupteingang seit mehreren Wochen gesperrt, die Turnhalle teilweise einsturzgefährdet, eine Umkleidekabine verschimmelt, Deckenplatten aus künstlichen Mineralfasern (sogenannte KMF-Platten) mit Schadstoffen belastet und in den Wasserleitungen der Turnhalle Legionellen.
Kein Einzelfall, sagt der 15-jährige Juri, an vielen anderen Schulen im Bezirk sehe es nicht viel besser aus. Gerade erst machte das Fichtenberg-Gymnasium wieder Schlagzeilen: Die Sanierung des Gebäudes wird deutlich teurer als gedacht, die Schule wird auf mehrere Jahre zur Baustelle.
Weil die Schüler den Sanierungsstau und die Zustände an ihren Schulen unhaltbar finden, haben Juri Strauss und seine Mitstreiter vom Bezirksschülerausschuss eine Demo organisiert. "Schulstreik" nennen sie die Aktion. Rund 1000 Schüler seien bei der Demonstration dabei, schätzt Bezirkselternsprecherin Birgitt Unteutsch, die ebenfalls vor Ort war. Mit Schildern, auf denen beispielsweise "Hier wird protestiert, weil niemand investiert!“ stand, zogen die Schüler vom Rathaus Zehlendorf über Unter den Eichen bis zum Rathaus Steglitz, dem Amtssitz der Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU).
Noch immer sind im Hochbauamt des Bezirks Stellen nicht besetzt. Diese Tatsache hatte gerade erst den Bezirkselternausschuss zu einem offenen Brief veranlasst, in dem die Eltern Immobilienstadtrat Michael Karnetzki (SPD) zum Handeln auffordern. Karnetzki verwies am Dienstag auf einer Podiumsdiskussion im Rathaus Zehlendorf darauf, dass das Besetzungsverfahren wegen komplizierter Vorgaben langwierig sei. „Ich kann leider keinen Gesetzesvorschlag einbringen, wie Personal eingestellt werden soll“, sagte Karnetzki. Unter Umständen könne das Verfahren vereinfacht werden. Dann bestünde aber die Gefahr, dass Entscheidungen vor Gericht angefochten würden. Darüber hinaus machte er deutlich, dass das Bezirksamt für viele Bauingenieure kein attraktiver Arbeitgeber sei, es sich deshalb oft schwierig gestalte, geeignete Bewerber zu finden.
Und dann sagt Karnetzki noch etwas Erstaunliches: "Wie hoch der Sanierungsstau an den Schulen in Steglitz-Zehlendorf wirklich ist, weiß im Grunde niemand.“ Die rund 400 Millionen Euro, von denen immer wieder gesprochen werde, seien eine Schätzung, eine rein rechnerische Zahl. Ob es nicht sinnvoll wäre, den Sanierungsbedarf zunächst einmal genau zu ermitteln, um dann Prioritäten setzen zu können, fragte ein Gast aus dem Publikum. Darauf Karnetzki: „Eine Bestandsaufnahme würde mindestens eine Million Euro kosten - Geld, das ich dann nicht hätte, um den Sanierungsstau abzuarbeiten.“
Weitere Informationen zu Berlins maroden Schulen finden Sie unter www.tagesspiegel.de/schule