Berliner Schuljahr 2017/18: Genug Lehrer, aber nicht die richtigen
Der Gesamtpersonalrat der Berliner Schulen rechnet mit noch höheren Quereinsteigerquoten bei Lehrern. Und sagt: „Die Bewerber werden schlechter.“
Entwarnung klingt anders: „Quantitativ wird es klappen, aber die Zahl der Quereinsteiger an den Grundschulen ist zu hoch und kaum noch akzeptabel,“ lautet die Einschätzung von Dieter Haase im Hinblick auf das kommende Schuljahr.
Falls der Vize-Vorsitzende des Gesamtpersonalrats recht behält, könnte es der Bildungsverwaltung also gelingen, abermals die hohe Zahl von rund 1300 offenen Stellen zu besetzen. Allerdings wird erfahrungsgemäß nur mit rund 900 ausgebildeten Bewerbern gerechnet, die die angebotene Stelle auch tatsächlich annehmen. Dies bedeutet, dass Berlin abermals in großem Umfang auf Quereinsteiger angewiesen ist – zum vierten Mal in Folge. Dadurch dürfte sich besonders die Zahl der nicht für das Lehramt ausgebildeten Grundschulkräfte deutlich erhöhen, denn bei den Kleinen ist der Bedarf am größten – vor allem in den sozialen Brennpunkten. Haase findet aber nicht nur die steigende Quote an sich bedenklich, sondern auch die Tatsache, „dass die Bewerber schlechter werden“.
Nun auch noch Bewerber mit schwachen Deutschkenntnissen
Das kann verschiedene Gründe haben. Dazu gehört, dass die besonders geeigneten Quereinsteiger bereits in den Vorjahren eingestellt wurde. Inzwischen aber kommen auch jene Bewerber zum Zuge, die bisher lieber nicht genommen wurden, lautet die Beobachtung von Schulleitern und Personalräten. Es ist sogar von Bewerbern aus der Europäischen Union zu hören, die ein Angebot bekommen, obwohl sie fehlerhaft Deutsch sprechen: „Die formale sprachliche Qualifikation können sie vorweisen, aber das reicht nicht, um in der Grundschule Deutsch und Mathematik zu unterrichten“, gibt ein Personalrat zu bedenken.
Das Problem wird nicht kleiner angesichts des neuen Verfahrens zur Lehrerzumessung: Wie berichtet, werden die Kräfte nicht mehr pro Klasse zugeteilt, sondern pro Schüler. Dadurch bekommen große Klassen zwar automatisch mehr Personal für Teilungs- oder Förderstunden, aber die meiste Zeit ist ein Lehrer dann doch mit seinen bis zu 28 Kindern allein in einer Klasse. Quereinsteiger wird dies eher überfordern als Lehrer, die ein vollwertiges Lehrerstudium und Referendariat absolviert haben. Erst recht, wenn sie nicht perfekt Deutsch sprechen.
Berlin lockt mit Pfannkuchen und 5100 Euro
Dieses Jahr wurden im Bundesgebiet sogar Pfannkuchen verteilt, um potentielle Kandidaten mit Hinweis auf die verbesserten Einstellungsbedingungen nach Berlin zu locken: Ab Sommer bekommen frisch ausgebildete Grundschullehrer 5100 Euro – so viel wie andernorts nur Oberschullehrer.
Dass Berlin dringend Zuzug aus anderen Bundesländern braucht, liegt auch daran, dass viele Lehramtsabsolventen Berlin nach dem Studium den Rücken kehren: Zuletzt verzichtete fast die Hälfte von ihnen darauf, hier ein Referendariat zu beginnen. Jahr für Jahr ersinnt die Senatsverwaltung für Bildung neue Auswege, um die offenen Stellen zu besetzen: Zunächst wurden Studienräte aus Bayern an Grundschulen geholt, obwohl sie für Gymnasien ausgebildet sind, dann ging es mehr und mehr um Quereinsteiger, parallel wurden auch ehemalige "Lehrer unterer Klassen" aus der DDR-Schule eingestellt, die 25 Jahre lang überwiegend im Hort gearbeitet hatten und dann gab es noch eine Werbekampagne in Österreich. All das reicht in diesem Jahr aber nicht mehr, um die Stellen zu besetzen.