Personalnot und knappe Schulplätze: Eltern warten vergeblich auf Grundschulbescheide
Neukölln verschiebt Fristen. In anderen Bezirken laufen schon Klagen. Tempelhof-Schöneberg will Einzugsgebiete optimieren. Kein Anschluss in Mitte.
Der Schülerzuwachs bringt Bezirke und Eltern zunehmend in Bedrängnis: Einerseits steigt die Zahl der Klagen und Widersprüche weiterhin, andererseits gibt es Bezirke wie Neukölln, in denen Familien noch immer auf Bescheide warten.
„Ursprünglich sollten Ende März die Bescheide für die künftige Grundschulzuteilung für die neue Saison verschickt werden. Auf Nachfragen beim Schulamt wurde daraus Ende Mai und Mitte Juni. Mittlerweile wurde die Frist ein weiteres Mal verschoben“, berichtet eine Mutter, die ihr Kind an der Peter-Petersen-Schule einschulen wollte.
Neukölln will zusätzliche Klassen aufmachen
Bildungsstadtrat Jan-Christopher Rämer (SPD) begründet die Verzögerung mit einer „akuten personellen Notlage“, sagte aber am Montag, dass die Bescheide für die Peter-Petersen-Schule noch „diese Woche“ verschickt würden. Bis Ende Juni würden dann die übrigen noch fehlenden Schulen folgen. Erschwerend kommt in Neukölln hinzu, dass zunächst etwa 100 Schulplätze fehlten. Inzwischen wurde beschlossen, dass an der Storm-, Boddin-, Rixdorfer und eventuell an der Silberstein-Schule eine zusätzliche Klasse aufgemacht wird, wie Rämer ankündigte.
Personalnot in Neukölln und Mitte
Neukölln ist nicht der einzige Bezirk mit akuten Personalproblemen: Am Mittwoch teilte der Bildungsstadtrat von Mitte, Carsten Spallek (CDU) mit, dass es "wegen der angespannten Personalsituation im Schulamt ... derzeit zu Engpässen in der Bearbeitung. kommt". Eine telefonische Erreichbarkeit könne daher "nicht gewährleistet werden". Betroffen ist ausgerechnet der Fachbereich Schulorganisation/Schulplatzzuweisung für Grundschulen und Oberschulen - also für Eltern eine eminent wichtige Anlaufstelle. "Ich hoffe, dass sich die personelle Situation zu Beginn des nächsten Monats entspannt hat und hoffe auf Verständnis", schrieb Spallek.
Überraschendes aus Steglitz-Zehlendorf
In den Bezirken ist die Lage sehr unterschiedlich. So hört man aktuell keine Beschwerden über einen Personalnotstand im Schulamt Steglitz-Zehlendorf; dafür gehört der Bezirk zu den Regionen, in denen Eltern viele Widersprüche gegen die Schulplatzzuweisung einlaufen - was angesichts der vergleichsweise wenigen Kinder im Bezirk relativ erstaunlich ist. Zuletzt waren bereits über 130 Widersprüche eingegangen, obwohl noch bis zum 7. Juli die Widerspruchsfrist läuft.
200 Widersprüche in Pankow
Im geburtenreichen Pankow gibt es sogar 200 Widersprüche, von denen aber 52 durch „Bewegung“ an den Grundschulen mittlerweile abgeholfen werden konnte, so Bildungsstadtrat Torsten Kühne (CDU). 148 Widersprüche seien noch in Bearbeitung, fünf Verfahren beim Verwaltungsgericht anhängig.
In Spandau mussten an sieben Grundschulen wegen Übernachfrage Auswahlverfahren stattfinden – bedingt durch Wechselwünsche. Die Einzugskinder konnten aber offenbar alle bedacht werden. Am Montag lagen laut Schulamt 15 Widersprüche vor. Auch in Lichtenberg gibt es neue Zahlen: Hier sind 66 Widersprüche eingegangen sowie eine Einstweilige Verfügung. In 15 Fällen konnte laut Schulamt abgeholfen werden.
Nur ein Bruchteil der Widersprüche führt jedoch zu Klagen: Meist lösen sich die Probleme von selbst, indem Eltern andere Lösungen finden. Aktuell sind am Verwaltungsgericht 32 Klagen und 24 Eilverfahren anhängig, die insgesamt 20 Schulen betreffen, teilte ein Gerichtssprecher auf Anfrage mit.
Einzugsgebiete sollen mit neuer Software optimiert werden
Etliche Bezirke, darunter Neukölln, wollen ihre Einzugsbereiche neu fassen, um auf die regional veränderte oder verstärkte Nachfrage zu reagieren. Einen innovativen Weg beschreitet Tempelhof-Schöneberg, wo ab 2018/19 neue Bereiche gelten sollen: Mit der Technologiestiftung Berlin und der Idalab GmbH hat der Bezirk eine Software entwickelt, mit der auf Grundlage bezirklicher Daten die neuen Bezirksschulbereiche „optimiert“ wurden.
In einem Modellverfahren wurden zwei Monate lang drei verschiedene Varianten erarbeitet und den Bezirksgremien vorgestellt. Zuvor waren schon die Schulkonferenzen aller Grundschulen angehört worden. Bildungsstadtrat Oliver Schworck (SPD) und Abteilungsleiter Steffen Künzel betonen, dass man mit diesem Vorgehen möglichst viel Transparenz – auch in Bezug auf die Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Schulklassen – erreichen wolle.
Weiche und harte Faktoren
Dennoch gibt es Kritik. So bemängeln Eltern der Teltow-Grundschule in einer Online-Petition, dass sich durch die Neufassung die soziale Mischung an der Schule verändern werde. Künzel bedauert, dass nicht jeder Wunsch der Schulen berücksichtigt werden könne. „Oft wollen zwei nebeneinander liegende Schulen auf den gleichen Einzugsbereich zugreifen.“ Dann müsse man abwägen, wie die Kapazitäten der jeweiligen Schulen sind und auf die „schulorganisatorischen Erfordernisse“ eingehen.
„Die harten Fakten Schulkapazität, Auslastung des Einzugsgebietes und der Schulweg der Kinder kommen an erster Stelle,“ erklärt Künzel. „Weiche“ Faktoren, wie die soziale Zusammensetzung oder Ganztagsbetreuung würden danach berücksichtigt. Hierfür reiche die neue Software nicht allein, sondern es brauche auch die Kenntnis und Erfahrung der Menschen im Bezirksamt.