Elektronisches Klassenbuch in Berlin: Doch keine SMS gegen das Schwänzen
Die Senatsbildungsverwaltung nimmt Abstand vom elektronischen Klassenbuch, mit dem Eltern von Schwänzern automatisch per SMS informiert werden sollten. Die FDP kritisiert das.
Mit welchen Maßnahmen kann man die Zahl der Schulschwänzer reduzieren? Vor fünf Jahren ruhten einige Hoffnungen auf der Einführung des sogenannten „elektronischen Klassenbuchs“: An Eltern von schwänzenden Schülern sollte automatisch eine SMS geschickt werden. Damit sollten die Lehrer entlastet werden, die den Eltern sonst hinterher telefonieren müssten. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) kündigte 2012 an, dass das elektronische Klassenbuch an zehn Pilotschulen erprobt werden solle. Doch jetzt steht das Projekt offenbar vor dem Aus. Denn anscheinend wurde es nur an zwei Pilotschulen getestet. Das geht aus der Antwort von Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Sebastian Czaja hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Rackles: "Kein Wundermittel"
„Das Projekt elektronisches Klassenbuch ist vorerst zurückgestellt“, schreibt Rackles. Bei einer Evaluation sei festgestellt worden, dass es „isoliert betrachtet kein Wundermittel zur Verringerung der Schuldistanz ist“. Zur Reduzierung von unentschuldigten Fehlzeiten sei vielmehr ein schulspezifisches Konzept mit einer „Reihe von geeigneten Maßnahmen“ nötig. Das elektronische Klassenbuch könne diese Maßnahmen ergänzen.
Bis 2015 wurde das elektronische Klassenbuch nur am Oberstufenzentrum (OSZ) Kraftfahrzeugtechnik in Charlottenburg erprobt. 2015 sei eine Grundschule hinzugekommen, so Rackles. Eine weitere Schule sei 2014 für den Pilotbetrieb ausgewählt worden – ob das Klassenbuch dort auch tatsächlich eingesetzt wurde, ließ er offen – und schreibt später lediglich von zwei Pilotschulen. An anderen Schulen gab es offenbar zu große Bedenken wegen der IT-Sicherheit, wie Rackles bereits 2015 mitteilte.
Allein der Einsatz am OSZ Kraftfahrzeugtechnik hat nach Angaben des Staatssekretärs über 140 000 Euro gekostet, wobei Rackles einräumt, dass die "Gemeinkosten für den Betrieb (technischer und fachlicher Support, Energiekosten vor Ort etc.) nicht separat erfasst wurden".
Erst soll die Schuldatenbank anlaufen
Die Senatsverwaltung will sich nun zunächst auf die Einführung der Berliner Lehrer- und Schülerdatenbank (LUSD) konzentrieren. Die Schülerdatei ist zwar auch schon seit 2008 im Gespräch. Im Juni dieses Jahres wurde aber, wie berichtet, von Staatssekretär Rackles ein Neustart verkündet. Bis 2019 sollen 1000 Schulen mit dieser Datenbank verbunden sein. Jeder Schüler soll dann eine Identifikationsnummer bekommen, und die relevanten Daten wie Name, Geburtsdatum, Notfallnummern, Familiensprache, Nationalität sollen auf einheitliche Weise gespeichert werden. Erst wenn die Einführung der Datenbank erfolgreich angelaufen sei, sei eine Wiederaufnahme des Projekts elektronisches Klassenbuch geplant, teilt Rackles mit.
FDP-Politiker Sebastian Czaja wirft Senatorin Sandra Scheeres „Technologiefeindlichkeit“ vor und kritisiert, dass das Projekt „auf Eis gelegt“ wurde, obwohl es von Lehrern ausdrücklich gelobt worden sei und andere Länder damit gute Erfahrungen gemacht hätten.