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Die meisten Schüler und Schülerinnen sind online und in sozialen Netzwerken aktiv. Ausgrenzung ist dort eine Form des Mobbings.
© Mike Wolff

Cyber-Mobbing: Berliner Schüler mobben weiter im Netz

Das Mobbing im Internet macht den Berliner Schulen weiter Probleme. Zunehmend sind bereits Fünft- und Sechstklässler betroffen. Eltern, Lehrer und Psychologen suchen mittlerweile häufiger Hilfe und bilden sich fort.

Mobbing im Internet macht den Berliner Schulen weiterhin Probleme. Auch nach dem Verbot der Internetplattform Isharegossip.de gebe es immer noch „Hilferufe von Schulen“, die Unterstützung bei der Fortbildung von Lehrern und Eltern suchen, heißt es aus dem Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (Lisum). Michael Retzlaff, der zuständige Referatsleiter Medienbildung, spricht von einem „Dauerthema, von dem zunehmend auch Fünft- und Sechstklässler betroffen sind“ – nur dass an die Stelle von Isharegossip soziale Netzwerke wie etwa Facebook getreten seien.

„Mobbing gab es zu allen Zeiten, und heute läuft es eben über das Internet“, sagt Klaus Seifried vom schulpsychologischen Dienst Tempelhof-Schöneberg. Er geht zwar davon aus, „dass die große Welle abgeebbt ist“, die es 2011 durch Isharegossip gab. Aber Schulen müssten sich dem Problem dennoch stellen, zumal die Jugendlichen „permanent online sind“. Er und Retzlaff verweisen auf eine Menge guter Materialien zu dem Thema, die den Lehrern helfen könnten.

Immer mehr Schulen reagieren auf die Problematik. So hat das Tegeler Humboldt-Gymnasium die Frage „Wie schütze ich mich im Internet?“ auf Bitten der Eltern in sein Fach „Medien und Methoden“ aufgenommen hat. Das Steglitzer Fichtenberg-Gymnasium organisiert für alle Siebtklässler einen Workshop, bei dem es auch um Fragen wie Cybermobbing und Datenschutz in sozialen Netzwerken geht. Eine Spandauer Schule berichtet, sie habe wegen eines Falls von Internetmobbing gerade erst einen schriftlichen Verweis und eine weitere Strafe verhängen müssen.

Referatsleiter Retzlaff verweist darauf, dass inzwischen nicht nur Lehrer und Eltern, sondern auch Schulleiter und Schulpsychologen zunehmend nach Fortbildungen fragen. „Die Generation Plattenspieler weiß ja ohne Fortbildung und regelmäßigen kollegialen Austausch gar nicht, worum es geht“, sagt er in Anspielung auf das altersbedingte Defizit beim Umgang mit den digitalen Netzwerken.

Zahlen zum Cybermobbing im aktuellen Schuljahr gibt es noch nicht, aber der Gewaltbericht für 2010/11 belegt das Ausmaß das Problems. Allein 21 Amokdrohungen wurden im Zusammenhang mit der Isharegossip-Welle aktenkundig. Selbst gutbürgerliche Bezirke schnellten in der Gewaltstatistik nach oben, weil das Mobbing als Form der Gewalt gilt.

Wie berichtet, gab es im vergangenen Schuljahr 1468 Gewaltvorfälle und Notfälle, was einem Rückgang um 108 Fälle entspricht. Rund 38 Prozent der Schulen meldeten mindestens einen Vorfall. Im Bezirksvergleich vorn liegt – wie im Vorjahr – Mitte mit knapp 17 Prozent aller Meldungen, gefolgt von Neukölln (13 Prozent). Die wenigsten Vorfälle gab es in Pankow (4 Prozent). Am häufigsten ging es um körperliche Gewalt, Drohungen oder Beleidigungen. Auffällig ist, dass im Vergleich zu 2009/10 die Zahl der körperlichen Attacken abgenommen hat und die Beleidigungen zugenommen haben, was offenbar am Cybermobbing liegt. Machten 2009/10 die Gewaltvorfälle 41 Prozent der Meldungen aus, waren es 2010/11 nur noch 28 Prozent. Dafür stieg die Zahl der Beleidigungen und leichteren Tätlichkeiten auf 42 Prozent.

Bei einem Fünftel der Meldungen waren Lehrer oder Erzieher Opfer, in sieben Fällen wurde Schulpersonal als Täter genannt. Am stärksten betroffen sind die 8- bis 13-Jährigen, diese Altersgruppe stellt 51 Prozent der Täter und 35 Prozent der Opfer, am unauffälligsten sind die 18- bis 20-Jährigen.

Mehr zum Thema: www.klicksafe.de, http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/cyber-mobbing.html

Susanne Vieth-Entus, Sylvia Vogt

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