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An der Maria-Montessori-Grundschule werden Notebooks und das Internet in den Unterricht integriert.
© Thilo Rückeis

Online-Kompetenz an Schulen: Sicher surfen

An Berliner Schulen gibt es rund 50.000 Computer – doch neben Schülern müssen auch viele Lehrer lernen, damit umzugehen.

Deutschstunde in der sechsten Klasse der Maria-Montessori-Grundschule in Tempelhof, der „Pantherklasse“. Lehrer Thomas Seidel verteilt die Aufgaben. Einige Schüler beschäftigen sich mit einem Arbeitsblatt zum Thema Fabel, andere vertiefen sich in eine Lernsoftware an den Laptops. Neslihan und Berfin wollen etwas für das Internettagebuch der Klasse schreiben, den Pantherblog.

Die beiden Mädchen setzen sich an den Computer und tippen los. Das Thema ist schnell gefunden: „Die Zeitung kommt“, denn schließlich sind eine Journalistin und ein Fotograf im Unterricht zu Besuch. Zwischendurch stürzt der Rechner ab, doch am Ende der Stunde ist der Eintrag fertig.

Die Maria-Montessori-Grundschule ist Modellschule im Rahmen des E-Education Masterplans, mit dem die Bildungsverwaltung seit 2005 den Einsatz digitaler Technologien und neuer Unterrichtsformen an Schulen fördert. An der Schule gibt es in jeder Klasse mindestens einen Computer, jede Woche findet Unterricht im Computerraum statt. Vor zwei Jahren hat Lehrer Thomas Seidel außerdem den Klassenblog eingerichtet. So könne den Schülern auf praktische Art und Weise Medienkompetenz vermittelt werden, sagt Seidel.

Internet und neue Medien sind aus dem Leben von Schülern nicht mehr wegzudenken: Sie sind in sozialen Netzwerken aktiv, schauen Videos auf Youtube und nutzen Google und Wikipedia zur Unterrichtsvorbereitung. Wie dringend Schüler jedoch über die Nutzung des Internets aufgeklärt werden müssen, hat im Frühjahr etwa der Skandal um die mittlerweile aus dem Netz genommene Seite „Isharegossip“ gezeigt, auf der Jugendliche virtuell gemobbt wurden.

In den Rahmenlehrplänen der Berliner Schulen jedoch ist Aufklärung über die Gefahren des Internets nur in den Fächern Informationstechnischer Grundkurs (ITG) in den Jahrgängen sieben und acht sowie im Wahlpflichtfach Informatik in den Jahrgängen neun und zehn vorgesehen. Zu wenig, findet etwa Landesschülersprecher Jonas Botta. Der Schüler der 13. Klasse des Zehlendorfer Werner-von-Siemens-Gymnasiums fordert Medienscouts für Berliner Schulen – einzelne Schüler, die dazu ausgebildet werden, ihre Mitschüler über die sichere Nutzung des Internets aufzuklären.

Jenseits des Rahmenlehrplans helfen immerhin einige Projekte dabei, sich schon als junger Mensch sicher in der virtuellen Welt zu bewegen: So nutzen etwa die Zweitklässler der Neuköllner Konrad-Agahd-Schule ein Kinderschutzprogramm für das Internet. Frei von Gefahren können sie das Programm als soziales Netzwerk nutzen, dort Fotos hochladen und mit Freunden kommunizieren. Außerdem wird ihnen eine Auswahl von rund 850 altersgerechten Seiten vorgeschlagen. Erst ab Klasse vier werden sich die Kinder tatsächlich im Netz bewegen.

Weiter auf der nächsten Seite: Grundschüler machen das Internet-Seepferdchen

Bei der Roberta-AG konstruieren Mädchen Roboter.
Bei der Roberta-AG konstruieren Mädchen Roboter.
© Thilo Rückeis

Seit diesem Jahr gibt es außerdem das Internet-Seepferdchen für Grundschüler. Dabei werden Grundregeln für das Verhalten im Netz erklärt. Die Adresse, lernen die Schüler, sollten sie online etwa nie preisgeben. Treffen mit Internetbekanntschaften können gefährlich sein – und wenn einem etwas komisch vorkommt, ist es besser, die Eltern zu informieren.

Inhalte wie diese werden im Unterricht vermittelt, in welchem Fach, bleibt der Schule überlassen. Am Ende steht ein Onlinetest, der mit Quizfragen das Wissen der Schüler überprüft. Mehr als 4000 Schüler an über sechzig Grundschulen erhielten im vergangenen Schuljahr ihre Urkunde mit dem Seepferdchen. Nun ist eine solche Internetschulung auch für die Oberstufe geplant.

Um mit den Schülern zu üben, wie man sich im Internet bewegt, benötigen die Schulen jedoch zunächst die technische Ausstattung – und die ist teuer. Für die Umsetzung des E-Education-Masterplans stehen laut Senatsbildungsverwaltung jährlich 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Mit europäischen Fördermitteln und Geldern der Lottostiftung wurde das jährliche Budget bis 2014 auf 5,5 Millionen Euro aufgestockt.

Mittlerweile gibt es an rund 900 Berliner Schulen rund 50 000 Computer, dazu ersetzen zunehmend Beamer und elektronische Tafeln, sogenannte White- oder Smartboards, die herkömmlichen Kreidetafeln. Auf Whiteboards wird mit Spezialstiften geschrieben, das fertige Talfebild kann gespeichert und per Mail verschickt, auch im Netz kann gesurft werden. Dass diese Möglichkeiten bestehen, heißt jedoch nicht, dass sie auch angewandt werden: „In diesem Schuljahr hat erst eine einzige Lehrerin die Internetfunktion des Whiteboards bei uns genutzt“, sagt Schülersprecher Botta.

Die Teilnahme am Masterplan ist für Schulen ohnehin freiwillig. Für die jüngste Ausschreibung haben sich rund 250 Berliner Schulen beworben, deren Lehrer können künftig an Fortbildungen in Medienkompetenz teilnehmen. Tausende Lehrkräfte haben bereits daran teilgenommen – doch das reicht nicht aus, findet der grüne Bildungsexperte Özcan Mutlu.

Er fordert, dass bereits im Studium eine solche Schulung vorgeschrieben wird. Mit dem Masterplan sei zwar ein richtiger Weg eingeschlagen worden. Dennoch müsse darüber nachgedacht werden, die Lehrer zur Internetfortbildung zu verpflichten. Schließlich sollen die Kinder und Jugendlichen auch etwas von der Technik an ihren Schulen haben.

An der Montessori-Schule ist das der Fall: Ein weiteres Projekt an der Schule ist die Roberta-AG, in der Mädchen unter Anleitung der Diplom-Ingenieurin Sonja Pleuger Roboter bauen und diese am Laptop programmieren. Da werden die Lego-Geschöpfe dann zum Tanzen und Laufen gebracht. „Mädchen können das genauso gut wie Jungen – sie trauen es sich nur manchmal nicht zu und brauchen ein bisschen mehr Ermunterung“, sagt Pleuger. Die zehnjährige Esma prüft währenddessen den Bewegungssensor des gerade selbst konstruierten Roboters.

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