Schießstand-Affäre in Berlin: Schießtrainer gestorben - Leichnam beschlagnahmt
Der Polizeibeamte arbeitete 20 Jahre an Berliner Schießständen. Nun starb er an Krebs, die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Am Dienstagabend ist Gerhard M. gestorben. Er war Beamter, arbeitete rund 20 Jahre als Schießtrainer bei der Berliner Polizei. Er erlag einer schweren Krebserkrankung. Ein Todesfall mitten in der immer wieder aufflammenden Debatte um die Schießstandaffäre bei der Polizei und um die Verantwortlichen in der Behörde und in der Politik. Und mitten in laufenden Ermittlungen gegen die frühere Polizeiführung wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt durch Unterlassen.
Todesursache in "unbekannt" geändert
Der Tod von Gerhard M. ist nun auch ein Fall für Polizei und Justiz: Der ursprünglich auf einen natürlichen Tod ausgestellte Totenschein ist vom zuständigen Arzt nachträglich geändert worden – auf unbekannte Todesursache. Der Mediziner hatte zwischenzeitlich vom möglichen Zusammenhang mit der Schießstandaffäre erfahren.
Das Landeskriminalamt soll die Witwe daraufhin um Freigabe der Leiche für eine Obduktion gebeten haben, was die Hinterbliebene abgelehnt hat. Die Staatsanwaltschaft leitete – wie bei unbekannten Todesursachen üblich – ein Todesermittlungsverfahren ein und ließ den Leichnam beschlagnahmen.
Ob Gerhard M. erkrankt ist, weil er in maroden Schießständen ohne ausreichende Lüftung giftige Dämpfe eingeatmet hat, ist nicht klar. Der Verein Biss (Berliner Interessengemeinschaft Solidarischer Staatsbedienstete) der von der Schießstandaffäre betroffene Beamte vertritt, vermutet einen Zusammenhang.
Die jahrelange Tätigkeit als Schießlehrer habe die Erkrankung zumindest erheblich begünstigt. Gerhard M. sei ein weiteres Opfer der Missstände in den Schießständen, „die durch eklatantes Missachten arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen entstanden sind“. Biss geht inzwischen von zwölf Todesfällen durch marode Schießstände aus.
Niemand übernimmt Verantwortung
Gerhard M. sollte den Angaben zufolge demnächst 50.000 Euro aus dem von Innensenator Andreas Geisel (SPD) durchgesetzten Entschädigungsfonds erhalten. Bis Anfang Juli hatten knapp 800 Beamte eine Zahlung beantragt. Darüber entscheidet eine Ende Mai von Geisel einberufene Kommission – zwei Ärzte und eine frühere Sozialrichterin. Vorgesehen sind Zahlungen in Höhe von 2000 bis 80.000 Euro, je nach Schwere von Erkrankungen und der Dauer, die die Beamten in den Schießständen tätig waren.
Damit erkennt der Senat keine Schuld für Erkrankungen an. Das müssen die Betroffenen vor Gericht klären. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warf dem Senat am Donnerstag vor, seit Bekanntwerden der Schießstandaffäre im Jahr 2015 auf Zeit gespielt zu haben: „Doch die Kollegen haben diese Zeit nicht.“
Der Todesfall und die Verantwortung für die Schießstandaffäre wird auf Antrag der FDP am Montag den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses beschäftigen. Der Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die frühere Polizeiführung um Klaus Kandt und Ex-Vizepräsidentin Margarete Koppers.
Der FDP-Abgeordnete Marcel Luthe hat gegen Innensenator Geisel Strafanzeige wegen Rechtsbeugung gestellt. Geisel soll trotz der Ermittlungen gegen Koppers kein Disziplinarverfahren eingeleitet und ihr damit eine Hürde für den Aufstieg zur Generalstaatsanwaltin aus dem Weg geräumt haben. Der Verein Biss beklagte: Für betroffene Beamte sei es schwer zu ertragen, das bisher noch niemand die Verantwortung für die jahrelangen Missstände übernommen habe.
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