Frank Steffel: Reinickendorfer CDU-Basis straft Ex-Bezirkschef ab
Bei der Delegiertenwahl für den CDU-Landesparteitag landet Steffel nur auf Rang 37. Die Veranstaltung wird aller Voraussicht nach ohne ihn stattfinden.
Als sich Frank Steffel den Mitgliedern seines Kreisverbands zum letzten Mal als Vorsitzender präsentiert, blickt er zurück. Zurück in jene Zeit, in der sich Reinickendorfer CDU als „tief zerstrittener, mit sich selbst beschäftigter Haufen“ darstellte, als „Beteiligte nicht miteinander, sondern schlecht übereinander sprachen“. „Streit lähmt, Streit langweilt, Streit nervt und schadet“, ergänzt Steffel und plötzlich ist unklar, ob seine Worte dem Jahr 1986 – damals wurde Steffel erstmals in den Kreisvorstand der Reinickendorfer CDU gewählt – oder den vergangenen Wochen gelten.
Streit hatte es in dem unter Steffel für seine Geschlossenheit bekannten Kreisverband zuletzt genug gegeben. Über den Führungskurs des scheidenden Vorsitzenden, dem Kritiker vorwarfen, den Verband nur noch aus dem Bundestagsbüro heraus geführt zu haben.
Über dessen designierten Nachfolger Frank Balzer, der Steffel zum Rückzug gedrängt haben soll. Und über die Zusammenstellung des neuen Kreisvorstandes, dessen Personaltableau erst am Morgen des Kreisparteitages am vergangenen Freitag die Zustimmung aller Ortsverbandsvorsitzenden gefunden hatte. „Viele Gespräche und viel guter Willen“ seien nötig gewesen, um dieses „Konstrukt“ zu bilden, räumte Balzer ein. Am Ende lief alles – trotz hektischer Gespräche hinter den Kulissen – wie geplant. Balzer, neuer Mann an der Spitze, hatte sich durchgesetzt.
Steffel landet bei Delegiertenwahl auf Rang 37
Was das für die Kräfteverhältnisse innerhalb des Kreisverbandes bedeutet, bekam Steffel noch am selben Abend zu spüren. Nachdem ihm der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal im Anschluss an seine Rede mit stehendem Applaus geschmeichelt hatte, erlebte er wenige Stunden später eine heftige Niederlage.
Bei der Wahl der Delegierten für den Landesparteitag der CDU landete Steffel nur auf Rang 37. Da der Kreisverband 30 Delegierte stellt, wird die Veranstaltung am 18. Mai aller Voraussicht nach ohne Steffel stattfinden.
Auch andere dem Steffel-Lager zugeordnete Vertreter landeten nicht unter den ersten 30 Plätzen, etwa die Abgeordneten Tim Zeelen und Jürn Jakob Schultze-Berndt oder Frank Steffels Bruder Dirk. Das lässt nur einen Schluss zu: Das Steffel-Lager wurde abgewählt, im wahrsten Sinne des Wortes.
"Für seine Verdienste hätte er auf einem der ersten Plätze landen müssen"
Die Reaktionen darauf fielen unterschiedlich aus. „Es ist kein gutes Benehmen, so zu handeln. Für seine Verdienste hätte er auf einem der ersten Plätze landen müssen“, sagt eine, die den Kreisverband mindestens so gut kennt wie Steffel selbst. Ein anderer wertet das Ergebnis als Indiz dafür, dass Balzer den Kreisverband „hinter sich geeint hat und der neue starke Mann in der CDU Reinickendorf ist“.
Wieder andere sprechen von einer „Wechselstimmung“, die sich auf diesem Wege Bahn gebrochen habe. „Ein erfolgreicher Abend. Ein Neuanfang“, schreibt einer, dessen Mitleid für Steffel sich in Grenzen hält. Mit dem eigenen Namen zu seiner Meinung stehen will er – wie alle anderen auch – besser nicht.
Steffel selbst, der seinen Abschied vom Kreisvorsitz mit der Doppelbelastung aus Bundestagsmandat und Handball-Ehrenamt begründet hatte, nahm es sportlich. „Ich bin Realist und habe Dankbarkeit in der Politik nicht erwartet, das ist einfach so. Es gibt in der Politik keine Dankbarkeit“, sagte er.
Auf die Machtverschiebung innerhalb des Kreisverbandes angesprochen, sagte Steffel: „Dieses ganze Lager-Denken ist mir fremd. Ich möchte, dass wir ein Lager sind und uns nicht mit uns selbst beschäftigen.“
Letzteres dürfte mit Blick auf 2021 und die Wahlen zum Abgeordnetenhaus sowie zum Bundestag nicht einfach werden. Spätestens dann geht es um begehrte Mandate, die Abstrafung der beiden Abgeordneten Zeelen und Schultze-Berndt kündigt Veränderungen an. Es ist fraglich, ob Steffel mit seiner Mahnung Gehör finden wird: „Wahlen können wir nur gewinnen, wenn der Gegner außerhalb der eigenen Reihen steht. Streit schreckt Menschen ab. Ich gehe davon aus, dass alle das wissen.“
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