Braunkohle aus Brandenburg: Regierungsfraktionen wollen sauberen Strom
Rot-Rot-Grün in der Hauptstadt will die Braunkohleförderung in Brandenburg stoppen. Die Landesregierung in Potsdam verweist darauf, dass Berlin den Strom aus Brandenburg braucht.
Der seit Jahren schwelende Streit zwischen Berlin und Brandenburg um eine länderübergreifende Energie- und Klimapolitik geht in die nächste Runde. In einem Antrag, der am 9. März im Abgeordnetenhaus eingebracht wird, fordern die Koalitionsfraktionen SPD, Linke und Grüne den Senat auf: „Im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg soll Berlin gegen den Aufschluss und die Erweiterung von Braunkohletagebauen eintreten“.
Außerdem müssten Konzepte erarbeitet werden, „um die Sulfatbelastung der Spree zu verringern und eine am Verursacherprinzip orientierte Kostenübernahme für die Folgen der hohen Belastung durchzusetzen“. Damit sind Brandenburg und Sachsen gemeint. Die Regierungsfraktionen in Berlin drängen auch darauf, für einen Ausstieg aus der Steinkohle bis spätestens 2030 alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Der Senat solle prüfen, ob und wie ein schnellerer Ausstieg möglich sei, und mit den Kraftwerksbetreibern Verhandlungen über den Kohleausstieg aufnehmen.
Im Winter steigt der Bedarf
Bei den „noch verbleibenden Kohle-Importen“ nach Berlin drängen SPD, Linke und Grüne auf „Transparenz bezüglich der Herkunft und Förderbedingungen“. Es sei sicherzustellen, dass die Kohle nicht unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen abgebaut werde. Denn zu den Staaten, die die meiste Steinkohle nach Deutschland liefern, gehören auch Kolumbien und Südafrika.
Im Konflikt mit Brandenburg geht es aber um die Braunkohle, deren Abbau in der Lausitz und um die Sulfatbelastung der Spree durch den Tagebau. Die rot-rote Landesregierung in Potsdam weist in diesem Zusammenhang gern daraufhin, dass Berlin auf die Stromzulieferung aus Brandenburg noch auf lange Sicht angewiesen sein wird. Das gilt vor allem für die Wintermonate, in denen die Ökostrom-Produktion bundesweit stark abfällt und etwa 90 Prozent des Stroms aus herkömmlichen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken geliefert wird. Fachleute sprechen von der „Dunkelflaute“.
50 Prozent Kohlestrom in Berlin
Entsprechend kühl, wenn auch mit märkischem Humor gewürzt, reagierte der brandenburgische Wirtschafts- und Energieminister Albrecht Gerber (SPD) am Dienstag auf die rot-rot-grüne Klimaoffensive: „Wir sind froh, dass wir in diesen Tagen, an denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, die Berliner verlässlich mit Strom versorgen können, sodass es auch dort nicht dunkel wird“. Im Jahresdurchschnitt importiert Berlin etwa ein Drittel seines Strombedarfs von den märkischen Nachbarn. Auch beim Klimaschutz lässt sich Potsdam von den Berlinern nichts vorschreiben. So erinnerte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Tagesspiegel-Interview daran, dass der Kohleanteil an Berlins Stromerzeugung bei mehr als 50 Prozent liege. In Brandenburg seien es nur noch 25 Prozent, der Rest komme aus erneuerbaren Energien.
Brandenburg hat es sich zum Ziel gesetzt, nicht nur das eigene Land, sondern auch Berlin bis 2030 zu hundert Prozent mit erneuerbarem Strom zu versorgen. Und es bahnt sich ein interessanter Wettlauf an. Während Berlin seine CO2-Emissionen bis 2030 um 60 Prozent reduzieren will, peilt Brandenburg 70 Prozent an. Welche Rolle die Braunkohleförderung dann noch spielt, ist offen. Im Entwurf des Landesentwicklungsplans für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, der von beiden Ländern abgesegnet werden muss, steht nur: „Für eine Übergangszeit hat die Nutzung von Braunkohle als fossiler Energieträger im Land Brandenburg nach wie vor Bedeutung.“ Diese Formel werden sich die Potsdamer von den Berlinern wohl nicht abhandeln lassen.